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Freitag. 62 9. August 1861. Erscheint . Dienstags und WM pro Quartal HLWechevüz-Iertuug.LL Amts- vnd Mtigt-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthc zu Dippoldiswalde, Frauensteiv vnd Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. — (Landtag.) Der von der Negierung den Kammern vorgelegte neue Wahlgesetzentwurf enthält im Wesentlichen folgende Bestimmungen: Die erste Kammer wird um drei Mitglieder vermehrt, die auf Lebenszeit zu wählen sind, und in der zweiten Kammer sollen zu den bisherigen fünf Vertretern des Handels und Fabrikwesens noch fünf neue hinzu kommen. Die Wählbarkeit der städtischen und bäuerlichen Abgeordneten ist an den Wahlbezirk gebunden, und zwar in der Weise, daß der zu Wählende seit drei Jahren im Wahlbezirke ansässig gewesen, oder als Gemeindeglied in demselben gewohnt hat. Auch der CensuS isi in dem neuen Wahlgesetzentwurf bcibehalten und nur etwas herabgesetzt, indem ein städtischer Abgeordneter nur Derjenige, werden kann, welcher seit drei Jahren 10 Thlr. Grundsteuern oder 15 Thlr. Personalsteuern, ein bäuerlicher Abgeordneter aber, welcher 20 Thlr. Steuern jährlich entrichtet hat. Die Wahlen erfolgen indirect durch Wablmänner. Diese neuen Bestimmungen sollen nun aber nicht mit einem Male, sondern allmälig in's Leben treten, und zwar in der Weise, baß nur allemal das nach jedem Landtage ausscheidende Drittel der Abgeordneten der zweiten Kammer, auf Grund derselben, gewählt wird. Die zweite Kammer nahm, mit einigen beantragten Abänderungen, den Gesetzent wurf mit 55 gegen 12 Stimmen, die erste einstimmig an. Unter diesen Anträgen ist besonders der des bäuer lichen Abgeordneten Barth bemerkenswerth, der das Wahlrecht allen Unangesessenen aus dem Lande entzogen wissen wollte, ein Antrag, der mit 34 gegen 33Stimmen angenommen wurde. (!) Mit Beziehung auf das überwiegende ritterschaftliche Element in den Kammern machte der Abgeordnete Riedel die interessante Bemer kung, daß der bäuerliche Grundbesitz in Sachsen 36 Millionen, der städtische 11 Millionen, der ritter- schastliche aber nur 6 Millionen Steuereinheiten habe. In beiden Kammern wurde eine Vermehrung der ersten Kammer um drei Mitglieder abgelehnt, dagegen eine Vermehrung des Handels- und Fabrikstandes angenommen. — Eine Lebensfrage für das Erzgebirge betraf daS von der Negierung vorgelegte Decret über den Bau einer Eisenbahn von Ehemnitz nach Anna berg durch das Zschopauthal aus Staatsmitteln. Die zweite Kammer ertheilte, mit 47 gegen 20 Stimmen, ihre Genehmigung dazu, unter der Voraussetzung, daß wegen der dazu erforderlichen Geldmittel mit den Ständen Vereinbarung getroffen, daß der Bau nur vorgenommen werde, wenn die politischen Verhältnisse es unbedenklich erscheinen ließen, baß die Arbeiter, die jetzt an der Tharandt-Freiberger Eisenbahn beschäftigt seien, später zu diesem Baue verwendet würden, und baß nicht eine, von der Regierung beantragte Schienen verbindung der westlichen Staatsbahnen mit den bairischen Ostbahnen (Plauen-Eger) früher zur Ausführung komme. Auch die erste Kammer genehmigte das Decret in ähnlicher Weise, nur ließ dieselbe die letzte Bedingung fallen und bewilligte die gleichzeitige Inangriffnahme beider von der Regierung projeclirten Bahnen, wenn dabei die auf dem gegenwärtigen Landtage für den Bau von Eisenbahnen bewilligten Geldmittel nicht überschritten würden. — Der Entwurf eines neuen Handelsgesetzbuches ward von beiden Kammern angenommen, und wird dasselbe mit dem 1. März des nächsten Jahres in Gültigkeit treten. — Für den kleinen Verkehr von Interesse ist die Annahme des Gesetzent wurfes über Ausprägung kupferner 5-Pfennigstücke. — Vorigen Dienstag, am 6. August, haben beide Kammern ibre letzte Sitzung gehalten, die erste Kammer ihre lOOste und die zweite ihre 146ste. 59 königliche Decrete, darunter 38 Gesetzentwürfe, haben die Kammern erledigt, außerdem zahlreiche ständische Anträge, sowie Petitionen und Beschwerden. Die wichtigsten während des Landtags berathenen Gesetzent würfe waren folgende: das Gewerbgesetz, das bürger liche Gesetzbuch, das deutsche Handelsgesetzbuch, das Gesetz über Aufhebung der Durchgangszölle, das neue Wahlgesetz, das Gesetz über die LandeSimmobiliar- brandkasse, das Gesetz über Zusammenlegung der Grundstücke, das Gesetz über Abkürzung und Verein fachung des bürgerlichen ProceßverfahrenS, daS Gesetz über gütliche und kostenfreie Vermittlung streitiger Eivil- ansprüche, das Gesetz über Errichtung einer Landes- culturrentenbank, die neue Militärstrafproceßordnung. Leipzig, 4. August. Alter Sitte gemäß hielt am gestrigen Tage die hiesige Fischerinnung auf dem soge nannten Schimmel'schen Teiche ihr „Fischerstechen", vor und nach welchem ein Umzug mit Fahne und klingendem Spiele durch mehrere Straßen der Stadt stattfand. — Heute Nachmittag wird in dem V- Stunde von hier entfernten Wahren ein Sommerturnfest gefeiert, zu welchem nicht nur Turner, sondern auch anderes Publicum zahlreich ausgezogen ist. Die Omni bus-Actiengesellschaft „Heuer" hat allein zu diesem Zwecke 6 ihrer Wagen zur Disposition gestellt. Die OmnibuSsahrten haben hier aber auch eine Aus dehnung gewonnen, wie man sich dieselbe wohl kaum gedacht hat: Reudnitz, Thonberg-Straßenhäuser, Konne- witz, Lindenau und Plagwitz, Gohlis, Eutritzsch und Neuschönfeld sind stündlich für I Ngr. auf eine bequeme und schnelle Weise zu erreichen. — Mit dem heutigen Tage sind auf dem Halleschen Platze und auf dem