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Pienstag. 43 4. Juni 1861. Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, Muenfleiu und Altenberg. Preis M Quartal Welperltz-IeünngHL Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Taqesgefchichte. Dresden. Am 30. Mai Morgens 11 Uhr be gann ein Wolkenbruch in der Nähe von Pötzscha (bei Königstein) zu fallen, der aus fast still stehendem Gewölk volle 1>/i Stunde lang Gewässer auf die Hoch ebene herabschickte, deren Abfall nach der Elbe die sächs.-böhm. Bahn einschneidet. Durch die zahlreichen Schluchten dieses Abfalls ergoß sich eine ungemein große Wassermasse in einer Ausdehnung von ca. */» Meile rechts und links vom Haltepunkte Pötzscha über die Bahn und führte aus diesen Schluchten gewaltige Stein geröllmassen, Felsstücke, Buschwerk und große Bäume mit herab, so baß die Gleise an mehrer» Stellen tief darunter verschüttet wurden. Die größten Massen solcher Stoffe hatte die Flnth unmittelbar aus den Haltepunkt Pötzschau und daun ungefähr 2500 Schritte weiter stromab auf die Bahn gethürmt. Bei Pötzscha bedeckte die Masse das rechte Gleis über 7 Fuß hoch, und das Volumen derselben betrug gut geschätzt 2000 —3000 Kubikellen, an der andern Stelle hatte das Gerölle den dort befindlichen Durchlaß sofort gestopft, sich 5—6 Fuß hoch über die Bahn gethürmt, und dann hatte die Fluth einen Ausweg suchend den Bahndamm in einer Breite von ca. 10 Ellen durchbrochen. Die Züge mußten rechts und links der verschütteten Stelle halten und tauschten ihre Passagiere aus. Nur 5 Züge wurden wesentlich verspätet. Schon Abends 5 Uhr war das linke Gleis, trotz des noch sehr heftig aus den Schluchten herabströmenden Wassers, geräumt und am Dammbruch unterbaut, so daß die Züge wieder regelmäßig verkehren konnten. — Se. Maj. der König beabsichtigt im Laufe dieser Woche eine größere Tour im Leipziger und zum Theil auch Zwickauer Regierungsbezirk zu unternehmen. Nach dem vorläufigen Reiseplane ist der 3. Juni zur Abreise von Pillnitz bestimmt. Die Reise geht über Kriebstein, Ehrenberg, Böhrigen, Arnsdorf, Hainichen, Frankenberg, Sachsenburg, Schönborn, Mittweida, Schweizerthal bei Burgstädt, Burgstädt, Lunzenau, Rochsburg, Penig, Geithain, Wechselburg, Gerings walde, Hartha, Wendishainer Wald, Kloster-Buch, Leisnig, Thümlitzwald, Nennitzer Kohlenwerke, Grimma, Döbcn, Kolditzer Wald, Kolditz und schließt mit der Rückreise über Bahnhof Waldheim nach Pillnitz. — Am Mittwoch fand im Lincke'schen Bade ein großes „deutsches Concert," gegeben von der Manns- feld'schen Capelle und den Gesangvereinen „Liederkreis" und „Germania," statt, dessen Reinertrag für den Bau eines deutschen Kanonenbootes bestimmt war. Das Concert war sehr zahlreich besucht. — Die 1. Kammer berieth am 31. Mai über die kurhessische Versassungsangelegenheit. Der Deputa tionsantrag: der von der 2. Kammer beschlossenem Verwahrung gegen den Bundesbeschluß von 1852 nicht beizutreten, wurde gegen 7 Stimmen, dagegen der auf Ablehnung des jenseitigen Antrags an die Staatsre gierung (Mitwirkung zur baldigen Wiederherstellung des Rechtszustandes in Kurheffen unter Festhaltung der Nechtsbeständigkeit der Verfassung von 1831) gegen 1 Stimme angenommen. — Die 2. Kammer beschäftigte sich mit Petitionen. — In Dresden war kürzlich der dentschkatho- lische Landesvorstand versammelt. Er hat bei dieser Gelegenheit erklärt, daß die bekannte Predigt des I)r. Beyer nicht im Einklänge stehe mit dem Bekenntniß der Deutschkatholiken Sachsens und daß ein derartiger Gebrauch der Kanzel mit der Würde eines ReligionS- lehrers unverträglich sei. — Am 28. Mai ist der Grundstein der neuen königlichen Porzellanfabrik zu Meißen gelegt worden, nachdem der größere Theil der Bauten bereits fertig ist. Warschau, 30. Mai. Der Statthalter des König reichs Polen, Fürst Gortschakoff, ist heute gestorben. (Fürst Michael Gortschakoff wurde im Jahre 1792 geboren, trat im Jahre 1807 in Kriegsdienste, avancirte schon 1824 zum Generalmajor, diente 1828 und 1829 mit Auszeich nung gegen die Türken und später im Kriege mit Polen, wurde 1843 General der Artillerie und 1846 Militärgouvernenr von Warschau. Im Sommer 1853 wurde er zum Oberbefehlshaber der russischen Occupationstruppen in der Walachei ernannt, erhielt im Juni 1855 an Stelle des Fürsten Mentschikofs den Oberbefehl in der Krim, wo er sich durch die heldemnüthige Vertheidigung von Sebastopol einen hohen Namen erwarb, und wurde im Februar 1856 Statthalter des Königreichs Polen.) Oesterxeich. Um die seit Jahren rückständigen Steuern in Ungarn einzutreiben, haben einzelne Steuer zahler 15 bis 20 Mann Einquartierung erhalten, ja bei manchen städtischen Beamten, welche die systematische Steuerverweigerung befördert hatten, füllte das Militär 50 bis 60 Mann hoch das HauS, so daß die Familien anderwärts ein Unterkommen suchen mußten. Frankreich. Der Prinz Napoleon hat viel mit Duellen zu thun. Erst hatte er den Herzog von Aumale gefordert, der seine Ehre in einer von ihm herausge gebenen Brochüre angegriffen hätte, und neuerdings ist er selbst von dem Prinz Murat, an dessen Stelle er zum Meister aller Freimaurerlogen von Frankreich er wählt worden war, gefordert worden. Beide Male hat aber der Kaiser das Duell nicht zugegeben. — Die französischen Truppen, die bisher Syrien besetzt hielten, haben sich am 28. Mai eingeschifft