Volltext Seite (XML)
Freitag. ^§16 22. Februar 1861. Erschein! , 4Adeißerih-Ieituug. HL Amts- und Meige-Platt der Königlichen Gerichts-Iemter und Stadträthe ZV Dippoldiswalde, Frauenstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Glashütte. Am vergangenen Sonntage wurde hier ein sehr seltenes Fest begangen. Es wurden nämlich an diesem Tage 50 Jahr, daß der' hiesige Schnhmachcrmeister Gottlob Friedrich Kadner den Ehebund geschloffen hatte, nnd feierte derselbe daher seine goldene Hochzeit. Früh wurde das Jubelpaar durch eine Morgenmusik überrascht; Nachmittags 2 Ubr versammelten sich der Stadtrath nnd die Stadtverord neten, die Schuhmacher mit ihren Frauen, sowie die Bäcker-, Wagner-, Tischler-, Schmiede« nnd Schlosser innungen, nebst noch mehreren Bürgern, im Gasthof zur Sonne, und zogen von hier, mit dem Musikchor an der Spitze, zunächst zur Wohnung des Jubelpaares, nm dasselbe sammt seinen Kindern und Verwandten abzuholen, und von da unter Glockengeläute in die bereits mit Menschen überfüllte Kirche. Der Gottes dienst wurde durch einen paffenden Gesang der Kantorei eröffnet; nach Absingung des Liedes Nr. 71 im Dresbn. Gesangbuch, gedachte Herr I'. Nockstroh in trefflicher Rede des redlichen Strebens des Jubelpaares und seines, auch durch manche bittere Erfahrungen getrübten Lebens, in welchen es beinahe all' sein zeitliches Gut verloren; hierauf fand die Einsegnung Statt. Nachdem der letzte Vers des obengenannten Liedes gesungen und hiermit die kirchliche Feier geschloffen worden war, bewegte sich der Zug wieder zurück in den Gasthof zur Sonne, woselbst dem Jubelpaar noch mehrere Geschenke überreicht wurden, und ein gemüthliches Beisammensein die Festtheilnchmer noch längere Zeit vereinigte. — Möge das würdige Paar noch recht lange unter uns leben! Aus dem Plauen'schen Grunde. Der Vorschuß verein, welcher sich feit einem Jahre hier gebildet bat, hat in diesem ersten Jahre seines Bestehens eine Ein nahme von 28564 Thlrn. und eine Ausgabe von 28193 Thlrn. gehabt. Der erzielte Reingewinn betrug 281 Thlr. 20 Ngr., so daß eine Dividende von 10°/« gezahlt werden konnte. Aus dem oberen Erzgebirge, 15. Februar. In diesen Tagen hat der Stadtrath von Buchholz eine Bekanntmachung erlassen, die mit den Worten anhebt: „Die seit längerer Zeit schon andauernde Erwerbs losigkeit bat die Noch der unbemittelteren Einwohner unserer Stadt auf einen Grad gesteigert, welcher zu den ernstesten Besorgnissen für die Zukunft Veranlaffnng giebt, uns daher aber auch die Verpflichtung auferlegt, schleunige und umfassende Maßregeln zur Linderung der allgemeinen Noth zu treffen." Was aber von Buchholz gilt, das gilt in weit höherem Maße von Annaberg, und mindestens in gleichem Maße von allen den Städten und Ortschaften des Obcrerzgebirgeö, deren Haupterwerbsquelle die Anfertigung von Posa menten, Fransen rc. ist. Denn unter diesen Städten war seit Jahren Buchholz die beneidete, weil, während anderswo nur wenige und schlecht lohnende Arbeit war, Buchholz sich immer verbältnißmäßig sehr günstiger Arbeitsverhältnisse erfreute. Und wenn gerade Buchholz zuerst in den gegenwärtigen Zuständen „Veranlassung zu den ernstesten Besorgnissen für die Zukunft" erblickt, und zu außerordentliche» Maßregeln zur Linderung der allgemeinen Noth greifen zu müssen glaubt, so kann dies nur dadurch erklärt werden, daß Das, woran die anderen Ortschaften schon gewöhnt sind, für Buchholz etwas Ungewohntes, etwas Neues ist. Jedenfalls ist diese Bekanntmachung des Buchholzer Stadtrathes geeignet, als Weck- und Mahnruf auch für weitere Kreise zu dienen, da ja die politischen Verhältnisse ein baldiges Wiederaufblühen der Geschäfte nicht in Aussicht stellen. Oesterreich. In Tyrol haben die Anhänger des ständischen Principes in Form einer Adresse an den Kaiser ein Mißtrauensvotum gegen das Ministerium Schmerling erlassen. Dasselbe ist unterzeichnet von Edelleuten, Geistlichen und mehr als 200 Gemeinde vorstehern und knüpft an Aufhebung der Klöster oder Einziehung ihrer Güter an. Um Unterschriften für diese Adresse zu gewinnen, haben die Geistlichen dieselbe bei den Gemeindevorstehern herumgetragen, dieselben einfach gefragt: „Wollt Ihr katholisch bleiben oder lutherisch werden?" Hatten sie das Erstere bejaht, so hieß es: „Nun, so unterschreibt!" und die guten Leute unterschrieben, ohne in den meisten Fällen die Adresse selbst gelesen zu haben. Italien. Die nachträglichen Berichte aus Gaeta stimmen alle darin überein, daß die Besatzung im letzten Stadium der Vertheidigung glänzende Ausdauer bewiesen, daß aber auch das Feuer der Piemontesen furchtbare Verheerungen im Platze angerichtet hat, so daß die Bourbonistischcn Gesandschastsberichte, welche Eialdini'S Kanonen bis zuletzt als Kinderspielzeug schilderten, jetzt in ihrer ganzen Unwahrheit dastehen. Man hat auf beiden Seiten trefflich geschossen und der Welt gezeigt, daß die besondere Begabung der Italiener im Festungskriege und in der Behandlung der Geschütze in der Nation nicht erloschen ist. Am 8. Febr. ward in Gaeta ein Kriegsraih gehalten, in welchem die weitere VertheidigungSfähigkeit des Platzes lebhaft bestritten, dann aber doch beschlossen ward, in der heiße» Arbeit fortzufahrcn. Italiener waren freilich