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Weißeritz-Zeitung Dienstag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. 15. Januar 1861. Preis >>ro Quartal >0 Ngr. Inserate dir Spalten-Zeil« 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadtrathc zu Dippoldiswalde, Frauenstem und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Gew erb-Verein. In der am 11. Januar a ('gehaltenen Versammlung des hiesigen Gewcrb-Vereins erfreute zunächst Herr Orgelbauer Stöckel die zahlreich erschienenen Anwesenden mit einem allgemein ansprechenden Vortrag über die Geschichte des Orgelbaues. Er zeigte darin auf eine sehr anschauliche und faßliche Weise, daß die, den Hirten des grauen Alterthums schon bekannte, aus neben einander befestigten Rohrstücken von verschiedener Länge bestehende Pans- oder Pavagenopfeife, die, gleich einem hohlen Schlüssel, mit dem Munde geblasen, mannich- sache Töne von sich giebt, als das Urmodcll der Orgel zu betrachten sei. Dieses einfache Instrument wurde allmälig dadurch vervollkommnet, daß man die Röhren vergrößerte, ihre Zahl vermehrte, sie auf einem schmalen Kasten befestigte, an demselben ein Nobr anbrachte, in welches mit dem Munde geblasen wurde, wobei man diejenigen Röhren, die nicht mittönen sollten, mit den Fingern zuhielt, zu welchem letzteren Zwecke mau aber später Ventile oder Schieber anbrachte. Mit dem Pfcifcnkasten verband man dann einen lederartigen Schlauch, in welchem, wie bei den Dudelsäcken, durch Drücken die Lust zusammengepreßt wurde. Um den Druck mehr gleichförmig zu mache», ließ man später Wasser aus den Windsack wirken (Wasserorgcln). Die ersten Orgeln waren tragbar, erst später wurden sie in den Kirchen cingeführt, namentlich durch den Papst Vitalian im 7. Jahrhunderte. Karl der Große ließ zu Anfang des 9. Jahrhunderts nach dem Muster einer Orgel, die sei» Vater Pipin von einem Kaiser Constantin (Copronymus) zum Geschenk erhalten hatte, eine Orgel in Aachen bauen. Erst im 14. Jahrhundert kamen die Orgeln allgemeiner in Gebrauch; die erste nach der Art, wie wir sic jetzt in den Kirchen haben, soll ein Deutscher im Jahre 1312 zu Venedig erbaut haben. Freilich waren die damaligen Orgeln noch sehr einfach und unbehilflich, sie hatten nur wenig Tasten, die dick und über zwei Zoll breit waren, und mit ziemlicher Anstrengung mit den Fäusten geschlagen werden mußten; Accorde darauf zu spielen, war nicht möglich, sondern man konnte nur die Melodie noth- dücft.g darauf angcben. Oft gefiel man sich auch in eigenthümlicheu, der Würde der Orgel nicht gerade angemessenen Spielereien; man ahmte z. B. die Stimme des Kukuks durch die Orgel nach, oder man brachte eine Vorrichtung an, die einem ungeübten Orgelschläger mit einem Fuchsschwanz iu's Gesicht schlug und dergl. Eine große Verbesserung der Orgel bestand in einer zweckmäßigen Einrichtung der Wind laden und Vereinfachung der Blasebälge, von denen früher manche Orgel 20 bis 24 hatte, welche von 10 bis 12 Menschen getreten werden mußten. Vorzugs weise waren es Deutsche, die sich um die Vervollkomm nung der Orgeln verdient gemacht hatten. Den größten Ruhm aber unter den Orgelbauern erwarb sich unser Landsmann, der 1683 zu Kleinbobritsch bei Frauenstein geborene und 1756 gestorbene Gottfried Silbermann. Seine Orgeln zeichnen sich durch musterhafte Anordnung der einzelnen Theile und die Zweckmäßigkeit ihrer Eonstruction, durch Sauberkeit der Arbeit und die Güte und sorgfältige Auswahl des dazu verwendeten Zinnes und Holzes aus. Noch heut zu Tage gehören seine Orgeln zu den besten, die wir besitzen, und der mächtige Eindruck, den das Spiel seiner Orgelwerke in der Frauenkirche und der evangelischen und katholischen Hcskirche zu Dresden macht, ist allgemein bekannt. Auch in unserer Nähe, in Freiberg, Frauenstein und Reinhardsgrimma, befinden sich vortreffliche Orgeln von Silbcrmann. Als die größten Orgeln in unserm Vaterlande bezeichnete Herr Stöckel die in der Johannis kirche zu Zittau, mit 3333 Pfeifen, und die in der Kreuzkirchc zu Dresden, mit 3480 Pfiffen. Nebenbei erwähnte er, daß die im Bau begriffene Orgel der Stadtkirchc zu Dippoldiswalde 1560 Pfeifen erhalten werde. Der Vortrag wurde mit gespannter Aufmerk samkeit angehört, und dem Sprecher am Schluß desselben im Namen der Versammlung der wärmste Dank ausgesprochen. — Hierauf fand eine, von dem Herrn l)r. Poppe angeregte und geleitete vorläufige Besprechung statt über eine beabsichtigte Prüfung der hiesigen Sonn tagschüler und eine Prämirung Derjenigen unter ihnen, die sich durch gewissenbasten Besuch der Stunden, sowie durch ihren Fleiß und ihre Fortschritte auszeichncten. Dabei thcilte Herr Lehrer Dreßlcr mit, daß die Zahl der regelmäßigen Besucher der Souutagschule in dem letzten Jahre 19 bis 20 betragen habe. — Schließlich gab, von dem Vorsitzenden dazu veranlaßt, Herr vr. Theile aus Lungwitz einen kurzen Bericht über ein, von Joseph Klcemann in Dresden herausgegcbencs Büchlein, eine neu erfundene Methode des Brodbackens betreffend, nach welcher man von einem Scheffel Korn zu 160 Pfund gegen 190 Pfund weißes, gesundes, nahrhaftes und schmackhaftes Brod erhält, indem die nahrhaften Bestand- thcile der Kleie, die man durch Ausziehen mit Wasser und durch Behandlung der Kleie mittelst einer, von Klcemann erfundenen und ihm patentirtcn Maschine gewinnt, und die bisher blos znr Viehfütterung benutzt wurden, mit zum Brodbacken verwendet werden. Dresden. (Landtag.) Eine von der Gemeinde Kautzsch bei Kreischa eingereichte Petition, welche von dem Gerichtsamte Dippoldiswalde ausbezirkt und in