Volltext Seite (XML)
Weißeritz-Zeitung -Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Preis pro Quartal 1V Ngr, Inserate die Spalten-Zetl« 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe zu Dippoldiswatde. /raveufteia und Altenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 16. October. Der Herbst mag noch so freundlich lachen und ein Nachspiel zum Sommer aufführen, auf das dieser eifersüchtig werden könnte: wir wissen, daß seine Tage gezählt sind, und daß bald ein rauherer Herr an's Regiment kommen wird. Darum eilt Alles geschäftig, sich für die be vorstehende, trübe Zeit einzurichten, und namentlich das gesellige Element macht sich als untrüglicher Vorbote der Wintersaison bereits geltend. Gestern, wo unser gastfreundlicher Steinbruchsbesitzer Kirchner den Schluß des Sommerhalbjahres durch ein vielbesuchtes Schluß fest feierte, begann zugleich die „Harmoniegesellschast" ihre Wintervergnügungen durch ein Concert. Es giebt uns dasselbe Gelegenheit, einmal ein Wort, wenn auch nur ein kurzes, über unsere Musikzustände zu sprechen. Der Natur der Sache nach werden dieselben allerdings stets, größeren Anforderungen gegenüber, nur mit be scheidenem Maßstabe gemessen werden dürfen. Daran muß man sich in kleinen Städten, wo die Mehrzahl der ausübenden Künstler ihre ersten Studien sofort dem Publikum producirt, gewöhnen. Aber daß diese Studien, namentlich wenn sie hoch vom Thurme erschallen, nicht gerade zur Erbauung der Hörerschaft dienen, bedarf wohl keines Nachweises. Da wir namentlich in letzterer Zeit vielfach Gelegenheit hatten, die Wahrheit letzterer Be hauptung bei uns zu erfahren, mußte man um so mehr überrascht sein, als gerade das oben erwähnte Anfangs- concert der Wintersaison zeigte, daß demselben, wenig stens was seinen ersten Theil anlangte, anhaltendere Studien hinter verschlossenen Thüren vorangegangen sein mußten. Die recht nett ausgeführte, ganz voll ständig besetzte O-llur-Shmphonie von Beethoven (auch Cello, Fagott und Oboe fehlten nicht) lieferte den Beweis, daß „wer will, auch kann." Möchte unser Stadtmusikdirector seine Scholaren anhalten, fleißig die Schule ihres Instruments durchzumachen; das Publikum wird und kann nur dann dankbar sein, wenn ihm Etwas geboten wird, das den Vergleich mit den Leistungen anderer Chöre aushält. * Dresden, 15. Octbr. Großes Aufsehen erregt hier die immermehr bekannt gewordene Abreise deS Advocaten Clemens Adler nach Australien. Der selbe war allgemein als wohlhabender Mann angesehen und jetzt stellt sich heraus, daß sein ganzes, durch Ac« tienunternehmungen (Steinkohlenwerke rc.) schnell er worbenes Vermögen von mindestens 20,000 Thlr. nicht nur alle geworden ist, sondern lange nicht zugereicht hat. Er hinterläßt hier 5 kleine Kinder, wovon das älteste circa 7 Jahr alt ist, die aber zum Glück von ihrer vor einem Jahre verstorbenen Mutter ein sicher gestelltes Vermögen von je circa 3000 Thlr., mithin ohngefähr zusammen 15,000 Thlr. besitzen. Vor eini gen Wochen hat sich Adler zum zweiten Mal mit einer wohlhabenden Dame aus Holstein verheirathet und hat diese mit über den Ocean genommen. Von Liverpool (England) aus hat er geschrieben, daß er sich eben ein geschifft habe und Willens sei, seine Schulden (circa 10,000 Thlr.) zu bezahlen, wenn er in bessere Ver hältnisse komme. Da werden seine Gläubiger freilich etwas warten können, bis das Schiff die Goldbarren aus Australien bringen soll, die ihr Schuldner dort suchen will. — Preußen. Die Krisis in Preußen ist in ein neues Stadium getreten, indem die Regierung am 13. Oct. die Session der beiden Häuser des Landtags geschloffen hat. Gleich nach dem Beginn der Sitzung des Hauses der Abgeordneten machte der Präsident Grabow folgende Mittheilung: Das Herrenhaus habe in seiner letzten Sitzung den Budget-Entwurf, wie derselbe aus den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses hervorgegangen, zu verwerfen und dagegen den Budgetentwurf der Regierung anzunehmen beschlossen. Er bedauere tief) das Organ seien zu müssen, welches diesen Beschluß des andern Hauses zur Kenntniß dieser hohen Ver sammlung zu bringen genöthigt sei; aber die Geschäfts ordnung bestimme, daß er auch in diesem Fall, wo er die verfassungswidrige Resolution des Herrenhauses nach seiner individuellen Meinung auf das Entschiedenste und ohne jedes weitere Daraufeingehen zurückweisen möchte, des BeirathS des hohen Hauses nicht entbehren könne. Er beantrage daher, das eben verlesene Schrei- ben deS Präsidenten des Herrenhauses an die Budget- Commission znr weitern Beschlußfassung zu überweisen. Hierauf warb die Sitzung eine Stunde vertagt, um alsdann den mündlichen Bericht der Commission ent gegen zu nehmen. Einige Abgeordnete (der feudalen Partei) protestirten gegen diese Vertagung, die mit den Bestimmungen der Geschäftsordnung nicht vereinbar sei. Dem wurde entschieden widersprochen; so sagte der Abgeordnete Simssn: Erbeklage es tief, daß man sich bemüßigt gesehen, die Einstimmigkeit des Hauses bei Zurückweisung eines so unerhörten Schrittes des andern Hauses, wie er soeben zur Kenntniß gekommen sei, zu durchbrechen. Das Verfahren des andern Hauses enthalte den schwersten. Bruch der Privilegien dieses Hauses und der Verfaffüng, einen Bruch, der um so schwerer sei, als er von einer Körperschaft aus« gehe, die zur Wahrung der Verfassung berufen sei. Abg. Schulze.Delitzsch: Das Haus sei in seinen hei«