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Weißerrh-Zeitung scheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch allePost,- anstatten. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Psg. Ms- Md AMigc-Ml der Kömglichm Gerichts-Armier Md Sladtrichc M Mppsldiswalde, FrmmM Md Mendrrg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. ! Dippoldiswalde. Dem Vernehmen nach beschäf tigen sich unsere städtischen Behörden jetzt mit der Berathung einer Localschulordnung. Unbekannt mit dem vorliegenden Material, können wir uns aus die Besprechung derselben natürlich nicht näher einlassen. Es ist jedoch hin und wieder ein Punkt zur Sprache gekommen, den man von einer Seite als wünschens- werlhen, der Localschulordnung einzuvcrleibenden, von anderer Seite dagegen wieder als überflüssigen, un bedingt wegzulasseudcn Bestandtheil derselben geltend gemacht hat. Es ist dies die Errichtung einer Se- lectenklasse. Wir halten diesen Gegenstand für wichtig genug, um darüber einige Worte zu sagen. Von vorn herein erklären wir, daß wir für eine solche Einrichtung sind, und daß wir mit dieser Bevorwor- tnng nicht isolirt dasteben. — Da wir wohl voraussetzen können, daß die Mehrzahl unserer Mitbürger darin mit uns einverstanden ist, daß namentlich in unserer Zeit eine über das beschränkte Ziel der Volksschule hinansgehende Bildung ein Bcdürfniß ist, das sich immer dringender geltend macht, so wollen wir darüber weiter kein "Wort verlieren. Es kann sich also hier blos darum handeln, ob die Einrichtung einer solchen Selectenklaffe ausführbar, und ob es als Aufgabe der städtischen Behörden zu betrachten ist, gegründeten und nothwcndigcn Forderungen der Zeit helfend entgegen zu kommen. — Was zunächst die Ausführbarkeit an langt, so sind die Lehrkräfte die erste Frage. Fa milienväter werden wissen, daß sie zur Ergänzung des oft als ungenügend erscheinenden Schulunterrichtes, d. h. was sowohl die Gegenstände, als die dafür be stimmte Zeit anlangt, Privatunterricht zu Hilfe nehmen und dabei manches Opfer bringen mußten. Was jetzt von verschiedenen Lehrern, vereinzelt, mit einigen Schülern gethan worden ist, daö soll bei einer solchen Einrichtung vereint, auf geordnete Weise geschehen, und eö soll eine solche Selectenclasse mit der Schute organisch verbunden werden. Sind also unsere Lehrer zur Ertheilung von Privatunterricht bisher von ver schiedenen Seiten angegangen worden und dazu, auch schon in pecuniärer Hinsicht, gern erbötig gewesen, so werden sie gewiß auch einer solchen Einrichtung, die zweckentsprechender und darum nicht minder lohnend sein wird, nicht entgegen sein. Dasselbe ist auch von den durch eingetretene Vacanzen neu anzustellenden zu er warten. Uebrigens würden bei einer solchen Einrich tung wohl auch Kräfte, die der Schule nicht angehören, aber doch dem Zwecke der angestrebten Einrichtung förderlich sein könnten, gewonnen werden können. — Was nun die zu beschaffenden Geldmittel anlangt, so ist es selbstverständlich, daß dieselben zunächst von Denjenigen, die die Selecte benutzen wollen, aufge bracht werden müssen. Bedenkt man, daß so viele Aeltern, die ihren Kindern eine über den beschränkten Standpunkt einer gewöhnlichen Volksschule binaus gehende Bildung gewähren möchten, dazu kein anderes Mittel haben, als dieselben entweder früh schon in eine Realschule zu geben, oder sie durch kostspieligen Einzel unterricht darauf vorbereiten zu lassen, so dürfte wohl daraus hervorgeben, daß eine solche Einrichtung sich gewiß,der Theilnahme der Aeltern zu erfreuen haben würde. Damit kann selbstverständlich nicht gemeint sein, als solle eine solche Selecte etwa gar die Real schulbildung ersetzen, sondern es soll blos durch dieselbe auf eine solche, und zwar geordneter und minder kost spielig, als cs durch Einzelunterricht geschehen kann, vorbereitet werden. — Es wäre diese ganze Betrachtung eine sehr überflüssige, wenn eine solche Einrich tung von Seiten der Behörde ohne alle Unterstützung bleiben sollte. Das soll sie aber nicht, und wir kom men dadurch zur Beantwortung der Frage: „Hat es eine Behörde als ihre Pflicht zu betrachten, gegründe ten und notbwendigcn Forderungen der Zeit, insbesondere der vorliegenden, helfend entgegen zu kommen?" — Wir sagen Ja; denn eö kann jeder Obrigkeit nur er wünscht sein, wenn sich die Zahl der intelligenten Bürger immermehr vermehrt, und es wird eine Ehre für sie sein, wenn sich dieser Fortschritt von ihrer Für sorge herschrcibt. Wie aber könnte eine Obrigkeit etwas Anderes als ihre Pflicht erkennen, als was dem Gemeinwohl« dient, und ihr selbst zugleich Ehre macht? — Ist es nicht aber eine Ungerechtigkeit von der Obrig keit, eine Parthei der Bürger, und hier die wohl habenderen, der ärmeren Bevölkerung gegenüber zu bevorzugen? Denn werden nicht nur wohlhabendere Bürger von der neuen Einrichtung einen Genuß haben? — Wir hätten diesen Einwand, der nach der oberfläch lichsten Betrachtung in sich selbst zerfällt, gar nicht erwähnt, wenn wir ihn nicht hätten aussprcchen hören. Wir antworten, indem wir fragen: Welches werden denn die Unterstützungen sein, zu welcher die gewünschte Einrichtung die Behörde in Anspruch nehmen würde? — Zunächst die, die Einrichtung ins Leben zu rufen, also in der projektirten Schulordnung der Selecte überhaupt eine Stelle zu gönnen, dann die Schullocale und die vorhandenen Lehrmittel zur Mitbenutzung zu gestatten, sich der Einnahme der ausgeworfcnen Schulgelder zu unterziehen und etwa eine kleine Geldunterstützung zu vcrwilligcn. Ist das, gegenüber den Anforderungen, die an den wohlhabenderen Thcil der Bevölkerung z. B.