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Freitag. ^1. 3. Januar 1862 Erscheint Dienstags und WUMM 4 LL Werkernz-Iettuna. anstalten. l MI Preis pr» Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Psg. Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe M Kippotdiswatde. /raucnstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. L 8 6 S. Beim Beginn eines neuen Jahres richtet sich unser Blick fragend in die Zukunft. Aber als ein Buch mit sieben Siegeln liegt sie vor uns, und wer vermag die Siegel zu lösen? — Und jetzt erst? Dunkle Wollen umhüllen das Kommende geheimnißvoll und düster, und verkündet nicht das ferne Grollen des Donners ein Gewitter, das zum Ausbruch völlig ist? Leider scheint's also zu sein. — Doch dürfen wir hoffen, daß, Der die Geschicke der Völker leitet wie Wasserbäche, Alles wohl führen und zum guten Ende leiten werde. Noch klingt von der heiligen Weihnacht das Wort nach: „Friede auf Erden!" — möge es im neuen Jahre zur Wahrheit werden! Denn nur der Friede ernährt, — und ein neugeschaffenes Gesetz, wie es bei uns heute in's Lebengtritt, kann nur unter der schützenden Palme des Friedens seinen Zweck, das Gemeinwohl zu fördern, erreichen. — Möchte es uns möglich sein, in unserm Blatte Friede und Glück im neuen Jahre verkünden zu können, möchte insbesondere das neue Gewerbegesetz uns Gelegenheit geben, recht viel Erfreuliches von seinen Erfolgen zu berichten! Das ist der herzliche Wunsch der Redaktion. Briefe über Gewerbefreiheit. n A wird nicht an Leuten fehlen, welche den Z. 3 des Gewerbegesetzes revolutionär nennen, und, wenn sie darunter Alles verstehen, was bestehende Rechte und Zustände aushebt, so mögen sie nicht ganz Unrecht haben. Es ist allerdings eine friedliche Revolution — mithin Reformation des wirth- schaftlichen Lebens, die sich hier vollzieht. Wir sahen im vorigen Briefe, daß es keiner Lehrjahre, keiner Wanderjahre, keines Meisterrechtes mehr bedarf, uni ein Gewerbe zu be treiben, daß sogar die Frauen in gleicher Weise, wie die Männer, zu jedem Gewerbebetriebe berechtigt sind. Damit nicht genug, giebt schlüßlich jener tz. volle Freiheit in der Wahl des Ortes, wo Jemand ein Gewerbe betreiben will; er räumt also die Schlagbäume zwischen Stadt und Dorf gründlich weg. Es war gewiß eine völlig naturgemäße Entwickelung, wenn sich von den frühesten Zeiten an das Handwerk, die Industrie auf die Städte beschränkte und sich hinter deren schützende Mauern flüchtete. Der Landwirth hat in Regel weder Zeit, noch Lust, noch Geschick, neben der Oekonomie ein anderes Gewerbe zu betreiben. Umgekehrt bedurfte es für die, mit dem Wachsthum der Bevölkerung immer mehr zunehmende Elaste Derer, welche keinen Grund besitz haben können, eines Sammelpunktes, eines Wohnortes, wo sie einen anderen Erwerbszweig zu betreiben im Stande waren. Diese Sammelpunkte bildeten die Städte, und es ist daher ganz erklärlich, wenn in denselben die Claffe der unangesefsenen Bewohner an Zahl größer ist, als die Elaste der Angesessenen. Was sich auf diese Weise ganz natürlich entwickelt hatte, ward indessen im Laufe der Zeit von den Städten als Recht in Anspruch genommen, und der Ge werbebetrieb auf dem Lande war verboten. Die mit der fortschreitenden Cultur wachsenden Bedürfnisse der Landbe wohner forderten jedoch eine Beseitigung dieses Zustandes, und das Gesetz vom 9. Oct. 1840 gestattete zunächst die Niederlassung eines Handwerkers auf dem Dorfe; ein zweiter desselben Handwerks bedurfte der Concession der Kreisdirection. Das neue Gewerbegesetz beseitigt auch diese letzte» Schranken und stellt Stadt und Dorf völlig gleich. Die Dorshand werker bedürfen keiner Concession weiter und können sich in ungemessener Zahl auf dem Lande niederlassen. Bei der immer noch ziemlich verbreiteten Anschauung, die Arbeitskraft eines Menschen für werthlos zu achten und Jeden, der nicht Grundbesitz oder außenstehende Capitalien hat, als künftigen Armenhausbewohner anzusehen, kann es nicht befremden, wenn diese neue gesetzliche Bestimmung von den Landbe wohnern mit großeni Mißbehagen ausgenommen worden ist. Diese Mißstimmung spiegelte sich schon bei Berathung des Gewerbegesetzes in den Reden der bäuerlichen Abgeordneten. Man besorgte, daß sich besonders die Handwerker, welche in einzelnen Städten überfüllt vorhanden sind, und namentlich die ärmsten und wenig geschickten darunter, in übergroßer Menge auf die Dörfer wenden und den Gemeinden früher oder später mit den Ihrigen zur Last fallen würden. Diese Besorgniß kann nur in sehr beschränkter Weise zugegeben werden. Die Städte sind, wie erwähnt, geschichtlich die Sammelplätze der Industrie und die großen Waarendepots geworden und werden es in der Hauptsache bleiben; sie bieten den Gewerbetreibenden vielfache Vortheile, deren das Land entbehrt, z. B. den bequemen Bezug des Handwerkszeuges, Arbeits- (Roh-) Materials, des Frachtverkehrs, der Eisen bahnen, Posten, der Straßenbeleuchtung, Wasserleitungen und dergl. mehr. Demnächst fehlt es auf den meisten unsrer Dörfer zur Zeit an Mieth-Wohnungen für Handwerker, und bei der Aversion der Landwirthe gegen das ganze unange- seffene Element wird man sich auch gerade nicht beeilen, Mieths-Quartiere zu bauen und einzurichten. An fremden Bauspeculanten fehlt es, obwohl offenbar mit dem Häuserbau