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502 In dem Entwurf habe ich nicht den Ausdruck der wirkliche» Ver hältnisse und Bedürfnisse, deren Berücksichtigung allein einem solchen Werke Leben und Dauer verleihen kann, zu erkennen vermocht. ' -F 5 v Ich darf daher nicht zögern, Ew. rc. wenn auch mit Be dauern auszusprechen, daß meine Pflicht als König von Preußen und als deutscher Fürst es mir nicht gestattet, den mir mitaetheil» ten Entwurf als die Grundlage einer neuen Bundesverfassung anzunehmen. Ich vermag in eine Erweiterung des bisherigen, vertrags mäßigen Pundeszwecks und-, der Eovrpetenz der Bundesccntral- behorde nur dann zu willigen, wenn dieselbe mit voller und gerechter Rücksichtnahme auf das Gewicht Preußens im Bunde üUd auf die > GesaMmtintcressen der deutschen Nation erfolgt. In diesem Sinne betrachte ich als Vorbedingungen meiner Zu stimmung zu einer durchgreifenden Reform der bestehenden Bun- dcsverträge die Verständigung über drei Punkte, mit deren nähe rer Darlegung bei Ew. rc.'Regierung ich meinen Minister der auswärtigen Angelegenheiten beauftragt habe. Dieselben betreffen: Das Veto Preußens und Oesterreichs mindestens gegen jeden Bundeskrieg, welcher nicht zur Abwehr eines Angriffs auf das Bundesgebiet unternommen wird. 2) Die volle Gleichberechtigung Preußens mit Oesterreich zUM Vorsitz und zur Leitung der Bnndesaugelegcnheiten. 3) Eine Volksvertretung, welche nicht aus Delegation, sondern aus directen Wahlen nach Maaßgabe der Bevölkerung der einzelnen StaateU hervorgeht und deren Befugnisse zu be schließender Mitwirkung in Bundesangelegenheiten Gegenstand der Verhandlung, aber jedenfalls ausgedehnter zu bemessen sein würden, als in dem vorliegenden Entwurf einer Reformacte der Fall ist. ' ' u v. Vor einer Verständigung über diese Grundlage kann ich ein gedeihliches Ergehniß der Erörterung der sonstigen Einzelheiten des mir.mitgetheilten Entwurfs nicht in Aussicht nehmen. Ich habe daher meinem Minister der auswärtigen Angelegenheiten den Auftrag erthcilt, über die erstere zunächst mit der kaiserlich österreichischen Regierung in Unterhandlung zu treten, in der Hoffnung, daß es Ew. rc. gefallen werde, sobald das erforder liche Einvernehmen angebahnt sein wird, in Gemeinschaft mit mir die Berufung von Mmisterialcvnferenzen zu veranlasscu, welche die definitive Beschlußnahme der deutschen Souveräne haben würden. Empfangen rc. (Gez.l Wilhelm. (Gcgengez.) v. Bismarck. Wien. Kleber die Verhandlungen, welche wegen her weitern Schritte in der polnischen Angelegen heit zwischen den Mächten gepflogen werden, erfährt man, daß Oesterreich fest daraus beharrt, in die An erkennung Polens als kriegführende Macht unter keiner Bedingung einzuwilligen und ist eine Erklärung diesen Inhalts bereits durch die Gesandtschaft in Paris ab gegeben worden. Paris. Kaiser Napoleon hat sich mit einer un gewöhnlichen Lebhaftigkeit der polnischen Sache zu gewendet, und man zweifelt nicht, daß er allein die Polen als kriegführende Macht anerkennen würde, wenn die verbündeten Mächte zu ihm zu halten sich weigerten. Er spreche von diesem Dienst, den Frank reich., Heu Polen schuldig wäre, und von der Wahr« LfcheihtÄkeit, daß Italien, Schweden und die Türkei diesem Act beizutreten sich gern würden bereit finden lasten. Die Subskriptionen zur Unterstützung der Polen sind wieder im ganzen Kaiserreiche erlaubt. — Die neuesten Berichte über die Gräuel in Warschau erregen auch in London die größte Sen sation. Dir „Times" spricht ihren Glauben an die Möglichkeit aus, daß England die Polen als krieg führenden Theil anerkennt und vergleicht General Berg mit Nebukadnezar. Warschau. Am 24. Septbr. fanden Haus suchungen in Kirchen und Klöstern stall und wurden infolge derselben 12 Ordenögeistliche vom Bernhardiner- Kloster nach der Citadelle abgefübrt, die Kirche und das Kloster aber vom Militär besetzt. In der Kapu zinerkirche wurde ebenfalls eine strenge Revision abge balten und mehrere Patres sind arretirt worden. Daß man gegen den polnischen KleruS so streng verfährt, würde allein hinreichen, die Revolution im Gange zu halten. Innsbruck. Zur Feier der 500jährigen Vereini gung Tyrols mit dem Hause Oesterreich wurde am 28. und 29. Septbr. ein großes Festschießen gehal ten, zu welchem über 1000 Schützen Tyrols einge troffen waren. Am zweiten Tage traf unerwartet der Kaiser Franz Joseph in Innsbruck ein. ES konnte nur schwer verhindert werden, daß die Pferde am kai serlichen Wagen ausgespannt und der Kaistr von den Bürgern in die Burg geführt wurde. Der allgemeine Jubel war unbeschreiblich. Lissabon. Die Königin von Portugal (Prinzessin Pia, Tochter des Königs Victor von Italien) ist am 28. Septbr. von einem Prinzen entbunden worden. Kirchliche Nachrichten» Dippoldiswalde, vom 17. bis 30. Septbr. Geboren wurde Hrn. Schneidermstr. Fr. Aug. Hencke allh. ein Sohn; — Hrn. Nagelschmiedmstr. Friedemann allh. eine Tochter; — Hrn. Gutsbes. Heinr. Otto Junguickel in Ulberndorf ei» Sohu; — hierüber ein unehel. Kind.' Am 18. Sonnt, n. Tritt. Comm. Hr. Super v.Zobel. Vorm.-Pred. Hr. Diac. Mühlberg. Nachmitags Betstunde. Kirchwerhfe.st, 5. Oct. Borin.-Pred. Hr. Super v. Zobel. Bemerk. Mit nächsten« Sonntag beginnt der Vormittags- Gottesdienst um 9 Uhr., die Communion halb 8 Uhr. GW- Zur Gedenkfeier der 50jährigen Wiederkehr der Leipziger Völkerschlacht in und bei Leipzig haben bekanntlich die Stadtbehörden von Leipzig und Berlin an alle deutsche Städte Einladungen ergehen lassen. Leider bringen die PÄtUNgÄ veicschlÄesttt Länder die Nachricht, daß die Feier, wenngleich eine großartige, - doch' 'Kiste' tzwy.WWM^werdfll wird. Es haben einige Städte des deutschen Vaterlands und insbesondere auch mehre unsers engeren Vaterlandes die Eiit- ladung — abgelehnt. Einige dieser Städte wollen das Fest in ihren Mattem feiern, andere haben sich wohl schon zu einer Feier im kleinem Kreise verbunden; die sächsischen ablehnenden Städte schützen vor, daß die Erinnerung an vor 50 Jahren für -Sachsen eine zu schmerzliche sei, um zu einer wahren Festfreude sich erheben zu können. Wir können nicht umhin, alle diese Ablehnungsgründe als, durchaus nichtige, von kleinlichen Sonderinteressen eingegebene zu bezeichn«!. Pas die sächsischen Städte anlangt, so ist freilich dieEnnnemngan vor 50 Jahren für Sachsen eine trübe; trohdchodWhielmehx umsomehr sollte keine sächsische Stadt doji der Feier sich.^schließen, Hch dqrzuthun, daß das, was vor 50 Jahren durch Me unselige Verkettung von Umständen sich ereignen konnte, heute unmäglich ist, um darzuthun, dch das sächsische Volk die Befreiung des Vaterlandes vün der Fremdherrschaft mitfühlt, wie jeder andere deutsche HpdäsiaMM. Und Mnney die Stähle Sachsens ihrer Ansicht nach wirklich ihre Abgeordneten nicht zu einem Jubelfeste schicken, könnten diese sich nicht zsi. einer Festfteude erheben, so mögen die Städte Sachsens doch nicht fehlen bei dch?^WechEeiet. Denn aus welchen Gründen immer sie geschieht, eine Abschließung von dem gemeinsamen Vaterland, ist und bleibt verwerflich und die Zeiten, den sächsischen Standpunkt über den deutschen zu stellen, müssen vorbei sE. Sij'W städtischen Behörden wegen der Detheiligung noch keinen Beschluß gefaßt. ! '- r - I ; ; Dtppolhi-stmlde ; bw 1. vttober 1868.