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Dienstag. 41 2 Juni 1863. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerilz-Ieitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Psg. Amis- Mil Meige-Blatt der Königlichen Gerichts-Armier und Stadtrüthe ZN Dippoldiswalde, /ranenstein nnd Altenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldislvalde. Promeffenspiele. In neuerer Zeit finden wir nicht allein in fast allen Provinzialblättern, sondern auch in den Blättern der Residenz, z. B. im Dresdner Anzeiger, von Seiten des Bankhauses Stirn und Greim zu Frankfurt a. M. Ausbietungen eines K. K. österreichischen Eisenbahn-Anlehens, nicht aber etwa der Originalloose, sondern lediglich von Promessenscheinen. Da nun ein Verkauf von Promessenscheinen in Sachsen ver boten ist, so ist dieser Ausdruck natürlich in jenen Anzeigen sorgfältig vermieden. Nichts destoweniger aber lassen dieselben doch das verbotene Promessenspiel durchblicken und verstoßen gegen die gesetzlichen Bestimmungen. Es werden sich daher die betreffenden Redaktionen auch nicht verwundern dürfen, wenn sie wegen der Aufnahme jener Annoncen zur Verant wortung gezogen werden. Die betreffenden Anzeigen lauten in der Regel folgendermaßen: „Die gewinnreichste Speculation ist die Betheiligung bei dem Kaiserl. Königl. österreichischen Eisenbahn-Anlchen, wovon der Verkauf der Loose gesetzlich in Sachsen gestattet ist" (nicht aber der Promessenscheine). Es folgt nun die Angabe der Ziehungstage und der hauptsächlichsten Gewinne der wirk lichen Loose. Dann fährt die Anzeige der Herren Stirn und Greim fort: „Kein anderes Anlehen bietet eine gleiche Anzahl so groß artiger Gewinne verbunden mit den höchsten Garantien. — Um die Vortheile zu genießen, welche Jedermann die Betheiligung ermöglichen," (in diesen Worten liegt die Bezeichnung der ausgebotenen Certificate als Promessenscheine), „beliebe man sich baldigst direct an unterzeichnetes Bank haus zu wenden, welches nicht nur allein Pläne und Ziehungslisten gratis und franco versendet, sondern auch die kleinsten Aufträge aufs Prompteste aussührt." Indem wir jetzt den Inhalt derartiger Loose oder Certificate, wie sie Stirn und Greim versenden, geben, wird unfern Leben deutlich werden, daß man es hier lediglich mit Promessenscheinen zu thun hat. Dieselben lauten: „K. K. österreichisches Eisenbahn - Anlehen, emittirt durch die K. K. Kreditanstalt u. s. w. von 42 Millionen Gulden, rückzahlbar durch Gewinnziehungen im Gesammtbetrage von 129 Millionen 239,200 Gulden. Original-Certificat über das Spiel der S erien-Nummer (folgt die Num mer), gültig für die Ziehung am (folgt der Ziehungs tag). Nach erfolgter Entrichtung des Einsatzes vor dec oben genannten Ziehung wird, wenn die vorstehende Serie in dieser Ziehung gezogen wird, dem rechtmäßigen Inhaber dieses Certificats, gegen Zurückgabe desselben, eine Origi nalobligation der vorerwähnten Anleihe ohne irgend eine Mühwaltung ausgeliefert, welche in allen folgenden Serien resp. Gewinnziehungen bis zu ihrem Erscheinen mitspielt und sicher gewinnen muß. Zwei Monate nach obiger Ziehung erlöschen alle Verbindlichkeiten dieses Cer tificats." Das gedachte Eisenbahn-Anlehen umfaßt 420,000 Ge winne, die in einzelnen Serien und zwar jährlich 4 Mal gezogen werden. Jede Serie enthalt eine Anzahl Nummern, die dann, wenn die betreffende Serie gezogen worden ist, wieder für sich gezogen werden und aus welche sich dann die einzelnen Geldbeträge (Gewinne) vertheilen. In einer Ziehung, deren, wie gedacht, 4 jährlich find, werden je nach den plan mäßigen Bestimmungen 1700 — 1900 Gewinne gezogen. Hieraus ergiebt sich, daß die Beendigung der Ziehungen dieses Anlehens erst nach langer Zeit stattfinden kann und daß eine große Zahl von Serien vorhanden sind. Ein solches „Ori ginal-Certificat" der Herren Stirn und Greim lautet nur auf eine bestimmte Seriennummer, z. B. Nr. 2646, Nur wenn diese Serie unter den vielen vorhandenen Serien gezogen wird, was ungefähr so viel sagen will, wie das große Loos in der Lotterie gewinnen, bekommt der Gewinner eine Original obligation oder ein Originalloos, was nunmehr in der wirk lichen Anlehenslotterie mitspielt, worauf aber selbstverständlich nun wieder nur ein sehr kleiner Gewinn und auch dieser möglicher, ja wahrscheinlicher Weise erst nach Verlauf vieler Jahre fallen kann. Ein solches „Original-Certificat" der Herren Stirn und Greim kostet aber 3 Thaler und man kauft daher mit diesem Geld die fast sichere Gewißheit, nichts zu gewinnen. Das Geschäft mag für die Herren Banquiers ein sehr lucratives sein, weshalb sie auch auf 4 „Original- Certificate" ein 5. umsonst zugeben, allein für den Käufer ist es ein sehr schlechtes. Die Versendung dieser „Original - Certificate" geschieht mittelst lithographirter Briefe, denen ein für das Unternehmen des Bankhauses eigens zugerichteter „Verloosungsplan der K. K. österreichischen Eisenbahnlvose" beiliegt. In diesem Schrei ben wird nun die Sache von der schönsten Seite dargestellt und den Leuten ein Gewinn in so gut wie sichere Aussicht gestellt. Ja die Herren gehen so weit, daß sie, Falls nicht bis zu einem gewissen Tage eine Erklärung über die An nahme der „Onginal - Certificate" eingeht, den Betrag per Post nachzunehmen drohen. Dadurch braucht sich nun zwar Niemand schrecken zu lassen, denn Niemand kann zur Zahlung solcher ihm unverlangt zugesendeter Loose gezwungen werden, indessen mögen sich doch Manche dadurch fangen lassen. Denn wie einträglich das Geschäft sein mag, geht doch auch daraus hervor, daß die Unternehmer die vielen Kosten nicht scheuen, die ihnen die überaus zahlreichen Insertionen verur sachen müssen. Da nun überdem bei einem solchen Promessenspiel den Betheiligten gar keine Garantie dafür, daß sie auch in dem möglichen, aber höchst unwahrscheinlichen Falle, daß die Num mer ihres „Original-Certificats" gezogen würde, wirklich ein