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Instand so -außerordentlichen Segen gestiftet haben. Eine heißblütige Minorität desselben sucht jetzt alles Heil in den verführerischen Lehren des Berliner jungen Philosophen Lasaü, der da meint, das allgemeine Wahlrecht, nicht bloS baö politische, sondern auch das sociale Grundprinzip, sei das einzige Mittel znr Ver besserung der materiellen Lage des ArbeiterstandeS. Die jungen Leipziger werfen der preußischen Fort« schrittsparthci den Fehdehandschuh hin, da diese bas allgemeine Wahlrecht von ihrem Programm gestrichen und wollen einen „allgemeinen deutschen Arbeiterver ein"' gründen. Roßmäßler und Alle, die es mit dem Wohle der Arbeiter aufrichtig meinen, haben dringend abgerathen, die Arbeiterfrage mit politischen Lehrsätzen zu vermengen: aber trotzdem ist den Jnng-Leipzigern heute das allgemeine Wahlrecht das einzige Heilmittel gegen die Krankheit der Zeit, das Eine, wa« den Arbeitern Nolh thut. Nun, die Lenke möge» auf kurze Zeit versuchen, wie weit sie auf diesem Abwege kommen, auf welchem in unabsehbarer Ausdehnung nichts als — Redensarten liegen. Berlin. In den preußischen Kammern kam das Unterrichtswesen zu warmer Debatte. „Abgeholfen," sagte ein Redner, „muß der Noth der Lehrer werden. Da« jetzige Verhältniß ist nicht nur unschön wegen der Armutb der Lehrer, sondern e» ist geradezu höchst häßlich, wegen der Almosen, die der alte Lehrer von seinen jünger» Nachfolgern erhält. Die Minister hätten wenigstens versuchen sollen, durch materielle Hilfe für den Lehrerstand eine Partei für sich zu ge winnen. Tiefer, als die materielle Noth der Lehrer, greift aber ihre untergeordnete Stellung. Nach den Regulativen ist der Lehrer der persönliche Diener des Geistlichen, namentlich auf dem Lande. Wer heute das Seminar verläßt, steht an der Grenze seines Strebens, seines Ehrgeizes, seiner Bildung; er legt das Gelübte lebenslänglicher Armuth und Aufopferung im Dienste der Menschheit ab." Die preußischen Minister scheinen sich aber nicht zu schämen; ihnen ist Bildung des Volkes, die von der bessern Stellung der Lehrer abhängt, ein Dorn im Auge. Itzehoe. Am 21. März ist die diesmalige Sitz ung der Holsteiner Ständeversammlung ge schlossen worben. Die Thätigkeit der Versammlung war eine ungewöhnlich große. In 4t Sitzungen sind 54 Regierungsvorlagen, zum Theil von eingreifender Wichtigkeit, und 8600 Petitionen erledigt worden. In seiner Schlußrede bemerkt der Präsident, daß nach der Zurückweisung der ständischen Adresse an den König der Versammlung nur übrig geblieben sei, bei dem deutschen Bunde Abhilfe zu suchen. Die Folgen dieses Schrittes seien abzuwarten. In Wien war jüngst der östereickische Gesandte in Paris, der Fürst Metternich, auf Wunsch des Kaisers Napoleon anwesend, um die österreichische Re gierung zu bestimmen, in Bezug auf die polnische Frage gleiche Schritte mit Frankreich gegen Rußland zu thun. Der Fürst vertrat in Wien Anfangs die An sicht, daß sich Oesterreich in der polnischen Frage unter keiner Bedingung von den Westmächten trenne. Oester reich hat aber seinen selbstständigen Standpunkt, der ihm auch Pflichten gegen Deutschland auflegt, bewahrt, und wird mit den Weltmächten Vorstellungen zu Gunsten der Polen bei Rußland machen, sonst sich aber an keine Drohung gegen Rußland bctheiligen. Auch auf die Verträge von 1815 kann Oesterreich nicht wohl eingehen, weil eS dann Krakau herauSgeben müßte. Athen, 30. März. Prinz Wilhelm zu Däne mark (der vollständige Name des am 24. December 1845 gebornen Prinzen ist: Christian, Wilhelm, Fer- diand, Adolph, Georg) ist unter dem Namen Georg I. beute einstimmig von der Nationalversammlung zum König von Griechenland gewählt worden. Bermif chtes. Aus Offenbach vom 17. März wird folgender neue Beitrag zur deutschen Misere mitgetheilt: „Vor einiger Zeit kamen drei Gesellen in etwas erhöhter Stimmung von Ober rad zurück; zwei davon bekamen nahe vor der Stadt Streit, griffen zu ihren Messern, und der eine erhielt mehrere Stiche. Der Dritte, ein Vergolder aus Hamburg, machte sich beim Beginn des Streits davon und zur Stadt zurück. Andern Tags wurde er zur Polizei geholt, wo ihm der Commisiar sagte, er sei bei der gestrigen Stecherei betheiligt gewesen. Der Hamburger stellte dies entschieden in Abrede. Der Kom missar: „Sie waren doch dabei!" „Nun, wenn Sie es besser wissen, als ich," sagte der Vergolder, „so must ich ja wohl dabei gewesen sein!" Auf diese resignirte Antwort hin wurde er ins Gefängniß gebracht. Am andern Tag Verhör vor dem Richter, aus dem sich nichts ergab. Dann zwei, drei Wochen Gefängniß ohne ferneres Verhör, indem der Ver wundete noch darniederlag. Dann wieder Verhör und des andern Tags Freilassung des Vergolders, weil sich nichts gegen ihn ergab. Nun kommt aber die Hauptsache! Der Mensch wollte Offenbach so rasch als möglich verlassen, um sich anderwärts Arbeit zu suchen. Aber die Polizei wollte ihm sein Wanderbuch nicht eher herausgeben, als bis das Gericht bescheinigt habe, daß er unschuldig sei. Das Gericht erklärte, dies nicht su können', da die Untersuchung weder seine Schuld noch seine Unschuld constatirt habe. So kam unser Held in eine ganz besondre Lage. Arbeit hatte er nicht (seine frühere Stelle mußte anderweit besetzt werden, da er zu lange in Arrest blieb), nnd mußte die Stadt mithin verlassen; aber da er seine Papiere nicht visirt erhielt, konnte er nicht fort. Wie es der arme Teufel aA auch anfing — mochte er gehen oder bleiben — er handelte polizeiwidrig! Sein früherer Arbeitgeber behielt ihn aus Barmherzigkeit, und damit er nicht genöthigt sei zu stehlen, noch 14 Tage heimlich bei sich; aber auch dieser Act der Humanität war wohl höchst polizeiwidrig! Der Arbeitgeber, wie der Arbeit nehmer machten fort und fort Vorstellungen bei den Behör den: das Gericht verwies sie stets an die Polizei, die Polizei an das Gericht. Unser armer Teufel aber jammerte: „Steckt mich ein, oder gebt miit. Arbeit, oder laßt mich ziehen!" Weder das eine noch das andere. Endlich nach 14 Tagen sand man das Ei des Columbus. Das Gericht bescheinigte, daß die Untersuchung nichts gegen den Mann ergeben habe, und darauf visirte ihn die Polizei hinaus." Aus Hildesheim wird berichtet: „Wieder ein Dop pelopfer der Trunkenheit! Heute Morgen wurden hier zwei Leichen, eine Mutter mit ihrem circa 7 Jahre alten Kinde, zu gleicher Zeit aus dem Wasser gezogen. Die Ver anlassung zu dieser schrecklich grausigen Geschichte wird in dem Mißmuthe und in der Verzweiflung gesucht werden müssen, zu welcher die unglückliche Frau durch eine anhaltende Miß handlung von Seiten ihres Mannes, eines Handarbeiters, soll gebracht worden sein. Nicht allein, daß derselbe seinen täglichen und wöchentlichen Verdienst im Wirthshause durch brachte, verlangte er. noch obenein bei seiner Heimkunft einen