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großen Strategen zu vermutheu, und so kam es, daß eine Armee, welche znr Eroberung der halben Welt berufen wäre, unter seiner ungeschickten Leitung in kürzester Zeit Fehler über Fehler beging.... Ein Schleier ruht noch auf den Ereignissen bei Magenta: aber das steht fest, daß Gyulai seine Unfähigkeit, ein Kommando zu führen, glänzend bewiesen hat. Niemals haben die Franzosen so leichten Kaufs die Lombardei gewonnen, nie wird ihre Vertreibung aus den dortigen Gefilden mehr Blut und Leben kosten, als jetzt. ES scheint, daß eine übelgewählte Umgebung dem Kaiser Franz Joseph aus immerhin sehr bedenklichen Ursachen den wahren Sachverhalt verheimlicht, um an einem Programm festzubalten, dessen praktische Durchführung zum Ruin des Landes führt." Paris, 18. Juni. Man erwartet eine fürchter liche Schlacht am Mincio, zu welcher Oesterreich alle seine militärischen Kräfte anspannt. Auch die franzö sischen Streitmittel werden vermehrt, und die Arsenale sind in voller Thätigkeit. Trotz der Raschheit der durch die Alliirten errungenen Erfolge macht man sich hier in der amtlichen Welt aus einen gewaltigen Widerstand Oesterreichs, auf schwer zu überwindende Schwierig keiten gefaßt. Jeden Tag ziehen Truppenverstärkungen nach Italien, und der Kaiser scheint unerschütterlich bei dem Beschlüsse zu beharren, nicht eher die Armee zn verlassen, als bis die Schlacht am Mincio geschla gen sein wird. Sollte diese zum Vortheil der Alliirten ausgehen, was hier trotz aller Vorbereitungen Oester reichs Niemand bezweifelt, dann würde der Kaiser nach Paris kommen und der General Niel die Belagerung von Verona zu leiten haben. — Kossuth ist in Paris gewesen und hat sich nach Genna begeben. — Aus England lauten die Nachrichten beruhigend. Sämmtlichc Mitglieder des neuen Cabinets sind der Politik der strengsten Nicht- intervenirung gewonnen. Hierüber bat die Regierung sehr entschiedene Versicherungen erhalten. Auch wenn Deutschland sich in den Krieg mengt, wird England seine Neutralität nicht aufgebeu, das darf man nach den vorliegenden Erklärungen als ausgemacht betrachten. — Die gewaltigen Verstärkungen, womit die österreichische Regierung ihre Armee in Italien unter stützt, machen es der französischen zur Pflicht, ihre Nachsendungen ebenfalls nicht einzustellen. Hundert neue gezogene Kanonen sind vor zwei Tagen auf der Lyoner Eisenbahn abgegangen. Uebrigens geht das Gerücht, das Lager von ChalonS werde auf gehoben und die Truppen, die dasselbe bildeten, nach Italien dirigirt werden. Wenn diese Thatsache sich verwirklichte, so bewiese das, daß die französische Regie rung, bei aller Vorsorge für den äußersten Fall, für unsere Ostgrenzen sich wenig beunruhigt fühlt. Bom Kriegsschauplätze. Aus dem österreichischen Hauptquartier Verola Nuova, 11. Juni, wird geschrieben: Das Amt der Berichterstattung aus dem österreichischen Lager wird von Tag zu Tag schwieriger und undankbarer. Das Schicksal hat am blutigen Tage von Magenta gegen uns entschieden. Die Palme winkt nicht immer der Tapferkeit und Aufopferung, wohl aber stets der Aus dauer. Glücklicherweise besitzt Oesterreich und vor Allem seine helbenmüthige Armee diese Eigenschaft; die Ge schichte bestätigt eS durch hundert Beispiele. Der Schlag, der uns getroffen, war schwer und hat für den Augen blick wichtige — leider für uns traurige — Folgen. Neuntausend wackere Soldaten, darunter 340 Offiziere, haben ihren Heldenmuth mit Leben und Blut am 4. Juni besiegelt; die Lombardei wird vor dem behutsam vor rückenden Feinde, als ob er einen vernichtenden Rück stoß fürchte, Schritt für Schritt geräumt; den Mailändern ist der Triumph gegönnt, den Franzosenkaiser und den Sardenkönig in ihre Mauern als Sieger einzichen zu sehen; Dutzende von Geschützen aus den aufgegebenen Schanzen von Pavia und dem Kastell Mailands — aber keine schwarzgelbe Fahne — 14 Kanonen, uns abgenommen im ehrlichen Streite, werden als Beute über die Boulevards rollen, neue Straßen im Babel an der Seine wird man Magenta und Montebello taufen, und der erste Act der neuesten napoleonischen Tragödie endet mit blendendem Knalleffect. Stumm und ernst, aber mit dem Drange der Rache in der Brust, marschiren unsere Soldaten in das wohlbekannte Festungsdreieck, die Höhle, in welcher der alte Löwe Radetzky die Klauen schärfte, ehe er auszog zur Ver nichtung seiner Gegner. Hier werden wir die Unserigen sammeln, die großen Lücken wieder ausfüllen, neue Verstärkungen an sich heranziehen, um aufs Neue auf den Feind sich zu stürzen. Bis zum letzten Gemeinen herab, bis zum todesmatten Verwundeten herrscht nur ein Gedanke: „Vorwärts! Vorwärts!" — Die letzten Kriegsnachrichten lassen auf einen baldigen Zusammenstoß in der Gegend von Lonato schließen. Lonato ist ein kleiner Marktflecken nicht weit von Brescia und besitzt einige unbedeutende Befesti gungen ; hier hat Kaiser Franz Joseph am 18. Juni die Lagertruppen des 7. und 8. Armeecorps inspizirt, und nicht weit davon wird die Stellung Garibaldi's gemeldet; das französisch-sardinische Hauptquartier befindet sich aber in Brescia, wo der Kaiser und König am 18. Juni eingezogen sind. Thut Gutes Jedermann, allermeist an des Glaubens Genossen. Line Stimme des Friedens an unsere Leser. Der Verein, welcher eS sich zur Aufgabe gemacht, bedrängte evangelische Glaubensgenossen in der Ferne, be sonders aber Solche, die unter katholischen Bevölkerungen zerstreut leben, zu sammeln und beim Bau von Kirchen und Schulen zu unterstützen, damit sie der evangelischen Gemeinschaft nicht verloren gehen: dieser Verein, der Gustav-Adolph-Verein, ist Euch, liebe Leser, in der großen Mehrzahl nicht unbekannt. Seit einer längeren Reihe von Jahren ist er ja schon zu Euch gekommen, um Gaben von Euch zu erbitten, seien sie auch noch so gering, denn der Herr legt auch aus Kleines seinen Segen, wenn nur der Geber ein fröhlicher ist. Auch dieses Jahr kommt er wieder, freilich nicht ohne Bangen, denn die böse Geißel» welche der Krieg auch über unser dentscheS Vaterland zu schwingen droht, hat die Herzen mit Furcht und Schrecken erfüllt und den Sinn für fromme Werke, die eben nur im Frieden durch milde Gaben gedeihen können, in den Hintergrund gedrängt. Der Gustav- Adolph-Verein ist eben nur ein Friedenswerk, wenn schon auch er gegen jesuitische Anfechtungen manch harten Kampf zn kämpfen hat; aber er sucht denselben nicht; er will vielmehr, soviel an ihm ist, Frieden überall. Aber nur wo Frieden herrscht, kann auch die Liebe frei walten und ihre schönsten Blüthen bringen. Darum bangt dem Ver ein in dem KriegSgetöse ringsherum, ob er noch viele willigt Herzen und offene Hände finden werde. Aber, wie dunkel