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Ertra-Matt der WeLßeritz-ZeitNNg. Ausgegeben: Sonntag, den 1. Mai 1859, Früh 7 Uhr. Dippoldiswalde, den 1. Mai 1859. Das „Dresdner Journal" vom Sonnabend, den 30. April, sowie die (durch besondere günstige Umstände in vergangener Nacht in unsere Hände gelangte) Nummer desselben Blattes von heute, Sonntag, den 1. Mai, bringen folgende wichtige telegraphische Depeschen, die wir unfern geehrten Lesern nicht bis zum Erscheinen der nächsten Dienstags-Nummer vorenthalten wollen, sondern durch dieses Extrablatt alsbald zu ihrer Kenntniß bringen. Wien, 28. April. Sa eben ist hier die Nachricht eingegangen, daß in Florenz eine Militärrevoln- tion ausgebrochen ist. Man verlangt Abdankung des Großherzogs oder Anschluß an Sardinien. Sardinische Freischaaren sind in Massa und Carrara eingefallen. Wie», 28. April Nachm. Der Großhcrzog von Toscana ist mit Familie bereits in Bologna angelangt und vom Kaiser cingeladen worden, sofort nach Wien zu komme». Das großherzogliche Ministerium hat sich aufgelöst, eine provisorische Negierung (unter der Aegide Sardiniens) ist eingesetzt. Paris, 29. April. Der heutige „Moniteur" enthält folgende telegraphische Meldung aus Florenz: Es bestätigt sich, daß der Großhcrzog, der nickt ab danken wollte, die Stadt verlassen hat. Da ibn die Armee im Stiche ließ, so ist der Großherzog Abends 6 Uhr nach Bologna abgereist. Es ist eine provisorische Regierung, bestehend aus Peruzzi, Anzini und Malem« chini, niedergesetzt worden. General Ulloa wird das Commando der Truppen übernehmen. Ueber Genua, vom 27. April, wird gemeldet, daß laut Nackrichtcn aus Spczzia auch in den Herzog- thümecn Unruhen ausgebrochcn sind. In Massa wurden die politischen Gefangenen befreit. Die tele graphische Verbindung zwischen Carrara und Modena ist unterbrochen. Turin, 27. April. Bis heute haben die Oester reicher keine Offensivbewegung gemacht. Eine Procla- mation des Königs an die Armee bezeichnet die Forderung der Entwaffnung Sardiniens als eine Beleidigung gegen den König und die Nation, welche mit Entrüstung zurückgewiesen worden sei, erinnert an den Schmerzensschrei Italiens und sagt, daß er (der König) selbst ihr Feldhauptmann sein werde. Ich habe, sagte er, cuern Muth auf dem Schlachtfelde an der Seite meines erlauchten Vaters schätzen gelernt. Diesmal werden tapfere französische Soldaten, eure Waffenbrüder von der Tschernaja her, an eurer Seite fechten, welche der Kaiser gesandt hat, um unsre gerechte Sache zu vertbeidigcn und zu unterstützen. Vorwärts zum Siege! Unsre Fahne und unser Schlachtruf sei die Unabhängigkeit Italiens! Wien, Freitag, 29. April. Ein kaiserliches Mani fest an die Völker Oesterreichs ist erschienen. Dasselbe beginnt mit den Worten: „Ich habe meiner treuen und tapfer» Armee Befehl gegeben, den vom Nachbar staate Sardinien seit einer Reihe von Jahren ausgehen den, in der jüngsten Zeit auf ihrem Höhepunkte ange langten Anfeindungen unbestreitbarer Rechte meiner Krone und des unverletzten Bestandes des mir von Gott anvertrauten Reiches ein Ziel zu setzen." Weiter wird sodann angeführt, daß ungeachtet der von Oesterreich vor zehn Jahren geübten Großmuth und Versöhnlichkeit Piemonts Feindseligkeit sich gesteigert und neuerdings in einem Uebermaße wühlerischer Auf reizung kundgegeben habe. Es geschieht nun der diplomatischen Vermittelungsversuchc Erwähnung, wo rauf eö heißt, Sardiniens Weigerung der Entwaffnung mache die Anwendung der Waffengewalt nothwendig. Mit tiefgefühlten Worten werden die Leiden des Krieges geschildert. Das Herz des Monarchen müsse jedoch schweigen, wo die Ehre und die Pflicht gebieten. „An der Grenze steht der Feind gewaffnet, im Bunde mit der Parthei des allgemeinen Umsturzes, mit dem offenen Plane, Oesterreichs Besitz in Italien an sich zu reißen. Zu seiner Unterstützung setzt der Herrscher Frankreichs, unter nichtigen Vorwänden in die Völker- rechtlick geregelten Verhältnisse der italienischen Halb insel sich einmischend, seine Truppen in Bewegung. Abteilungen derselben haben bereits Sardiniens Grenzen überschritten." Nach einem erhebenden Anrufe an den Patriotis mus Oesterreichs schließt das Manifest: „Wir hoffen in diesem Kampfe nicht allein zu stehen. Der Boden, auf dem wir kämpfen, ist auch mit dem Blute deS deutschen Brudervolks gedüngt, as eine seiner Schutz wehren errungen und bis auf diesen Tag behauptet. Dort haben Deutschlands arglistige Feinde zumeist ihr Spiel begonnen, wenn es galt, seine Macht im Innern zu brechen. Das Gefühl einer solchen Gefahr durchzieht auch jetzt die deutschen Gauen, von der Hütte bis zum Throne, von einer Grenze zur andern. Ich spreche als Fürst im deutschen Bunde, wenn ich auf die gemeinsame Gefahr aufmerksam mache und an die glorreichen Tage erinnere, wo Europa der allgemein aufflammenden Begeisterung seine Befreiung zu danken hatte. Mit Gott für'S Vaterland."