Volltext Seite (XML)
Picn-ag. 23. 22. M-rz 18SS. WWeißerih-ZeitungM Amts- und Anzeige-Dlatt -er Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zn Kippol-ismal-e, /ranenstkin und Altenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Die Stiftungsfeier de- GewerbvereinS in Dippoldiswalde. Der mächtige Drang der Neuzeit nach Fortschritt, wie wir ihn auf fast allen Gebieten des menschlichen Denkens und TbunS wahruchmen, hat auch die gewerb lichen Kreise nicht unberührt gelassen. Man sieht auch hier immer mehr ein, daß man beim Alten nicht länger stehen bleiben darf; daß man auch auf gewerblichem Gebiete Aenderungen zum Besseren vornehmen muß, um den viclfacb anders gestalteten Forderungen der Gegenwart nach Kräften gerecht zu werben. Be sonder- das Sinken beS Wohlstandes einzelner Klassen der arbeitenden Bevölkerung ist zum lauten Mahnrufe geworden, den Ursachen diese- ZurückgchenS nachzu forschen und zu ihrer Beseitigung die rechten Mittel ausfindig zu machen. Die rechte Hülfe aber kommt hier gewiß nicht allein von außen, so sehr wir den anregenden und fördernden Einfluß insonderheit der öffentlichen Gewalten anerkenne». Hilf Dir selbst! da- muß die Parole des GewerbSmauneS sein: von innen heraus baue Dein Glück und nicht von außen! dann allein ist für die rechte, solide Grundlage des Gedeihens gesorgt. Von dieser Ueberzengung getragen und in dem Bewußtsein, daß vereinte Macht auch Kleines schon groß gemacht, sind denn nun auch an verschiedenen Orten unseres engeren und weiteren Vaterlandes Männer aus dem Gewerbsstande in Ver eine zusammengetrcten, um hier die Lebensfragen ihres Berufes zu besprechen, Vorschläge zu Reformen zu derathen, industrielle Unternehmungen in'S Leben zu rufen und lebenskräftig zn erhalten, sowie auch gemein nützige Anstalten im Interesse der arbeitenden Klasse in ihren besonder« Schutz zu nehmen. Bald ging man einen Schritt weiter. Nicht genug, daß man bas Band gemeinsamen Strebens um die Mitglieder des GewerbstandeS au einem einzelnen Orte zog: man vereinigte auch die einzelnen Vereine wieder zu einem großen Ganzen, Alles eben nur in der Ueberzengung, baß mit der Größe der Vereinigung auch die Kraft derselben wachse. So hat denn ein solches Netz von Gewerbvereincn auch unser Sachsenland überzogen, das seinen Ausgangspunkt in dem Gewerbverein zu Chemnitz hat. Vor Jahresfrist wurde nun in Folge einer von dem eben genannten Verein ausgcgangenen Anregung auch in unserer Stadt ein Gewerbeverein gegründet. Obschon das Eingehen mehrerer in den vierziger Jahren hier gegründeten Vereine eben kein günstige- Zeichen für das neue Unternehmen war, so ließen sich doch die Gründer desselben dadurch nicht stören, um so weniger, als die ErwerbSverhältnisse unserer Stadt in neuerer Zeit eine Wandelung erfahren hatten, welche ein Einschreiten dagegen zur unabweisbaren Nothwen- digkeit machte. Am 17. März 1858 trat also der Verein ins Leben, von Manchen mit Vorurteilen, von Anderen mit Bedenken für seine Existenz, vou Anderen wiederum mit überspannten Ermartungen be grüßt. Ein Jabr ist eS, daß er besteht, und hat es ihm in dieser kurzen Zeit gelingen können, die Bedenken und Vorurteile zu beseitigen, die Erwartungen auf das rechte Maaß zu bringen und vor Allem seine Lebensfähigkeit darzuthun? Die Antwort hierauf mögen die geehrten Leser a»S dem Folgenden entnehmen. Der 17. März d. I. hatte die Vcreinsmitglieder zur Jahresfeier in den oberen Räumen deS Rath- hauseS versammelt, um dem allseitig gefühlten Bedürf nisse, diesen Tag auszuzeichnen, wenn auch auf einfache, so doch ansprechende Weise zu genügen. Die Feier begann Nachmittag 5 Uhr zunächst mit einer Fest sitzung, denn man wollte vor dem Vergnügen auch noch in ernster Weise thätig sein. Der Vorsitzende, Herr Buchdruckercibcsttzer Jehne, nachdem er die Vereinsgenossen zum Feste willkommen geheißen, ent warf in kurzen Umrissen ein Bild von der Thätigkeit deS Vereins in dem ersten Jahre seines Bestehens. Bei einer Zahl von 96 Mitgliedern waren 17 Ver sammlungen und in selbigen 11 Vorträge gehalten worden; außerdem hatte der Verein durch den Frage kasten Veranlassung zu verschiedenartigen Besprechungen gehabt, nicht minder auch sei» gemeinnütziges Wirken nach außen hin durch seine Betbeiligung an der Fürsorge für die hiesige Sonntagsschule, durch eine Petition zu Gunsten einer Chaussee durch das Weißeritzthal*), durch die Einrichtung eines Christmarktes am ver flossenen WcihnacbtSfeste u. a. m. kundgegeben. Schließ lich gedachte der Vorsitzende noch der geselligen Genüsse des Vereins, als der im vorigen Sommer stattgehabten Excurflon nach Schmiedeberg, der Splvesterseier von 1858 und schloß dann mit den besten Wünschen für da- fernere Gedeihen beö Vereins. Nachdem nun eine im Ganzen nicht ungünstig lautende Caffenüber- sicht vom VereinSkassirer, Hrn. THeu erkauf, vorge- tragcn worden war, ^vollzog die Versammlung einen deS Festes in hohem Grade würdigen Act, indem sie dem Vorschläge, den Webermeister Rewitzer zu Chemnitz, als Vorsitzenden deS Centralvorstandes der Gewerbevcreine SachsenS, zum Ehrenmitglied des hiesigen Verein- zu ernennen, durch Acclamation und Erheben von den Sitzen beistimmte. *) Möcküc dies zweite Adoptivkind des Vereins in demselben Grade die Gunst desselben erlangen, wie das erste. D. S.