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M 1N2 Weißerih-Zeitung Freitag. Erscheint Dienstag- und§ Freitag«. Zu beziehen durch alle Post« anstalten. Amts- und Anzeige-Matt -er Königlichen Verichtsämter vvd Stadträthe zu Dippotdiswal-e, /rauevsteia and Attenberg. 31. Wecember 1858. Preis pro Quartal 10 Ngr. . Inserate die Spalten-Zettr 8Pfg- Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Am Schluffe des Jahres. Rasch fliegt die Zeit! Und Stund' enteilt auf Stunde! — Dahin, dahin ist abermals ein Jahr! Erinn'rung nur gicbt uns von Dem noch Kunde, Was uns erst eben Allen nahe war. — Wie Lcbenshauch entflicht dein starren Munde, Und seine Spur verschwindet immerdar: So eilt dahin im raschen Strom der Zeiten Des Jahres Noth und seine Herrlichkeiten. Wohl bebt das Herz; cs zittern uns die Glieder, Wenn also die Vergänglichkeit uns mahnt, Was einmal war, kehrt nimmer, nimmer wieder; Nur Stufe war's, die ucu den Weg nns bahnt. Die Zeit eilt fort ans rauschendem Gefieder, Sie kommt, eh' noch das Mcnschcnhcrz es ahnt; Und also mitten in der Stürme Brausen Seh'» wir an uns sic schnell vorübersausen. Und doch wird nns im wilden Sturm nicht bange, Denn auch in ihm herrscht eine hoh're Macht. Wie er auch tobe fürchterlich und lange, Wie dunkel auch hier sei die Leidcnsnacht, Es folgt das Herz des Glaubens heil'gem Drange, Es sucht die Sonne, die durch Wolken lacht, Und findet sie mit heil'gem Kindcstriebc, O Herr, mein Gott, in Deiner Vaterliebc! Was ist die Zeit, die rasch dahin geschwunden? Was ist das Jahr, das war, und nicht mehr ist? Dein Engel, Herr, zum Dienste Dir verbunden, Der Achren für die Himmels-Ernte lics't. Hat er bei uns auch ihrer viel gefunden; Hat er bei uns die Aussaat nicht vermißt: So mag er heim zu Gottes Throne kehren, Wir wollen scheidend ihn noch dankbar ehren! Doch muß er droben strafen nns're Sünden, Die wir in seiner Nähe hier vollbracht, Muß er dem Herrn mit Thräne» es verkünden, Daß Gott umsonst uns neue Kraft gebracht: Dann mag i» nns die Rene er entzünde», Die nns zum Heil uns göttlich traurig macht, Damit wir aucb durch ihn, der längst entschwunden, Noch Heilung finden für so herbe Wunden. Und ist dann einst das letzte Ziel gekommen, Zn dem uns führt der Weg hier durch die Zeit, Sind wir der Macht des Irdischen entnommen, Um dort zu schau'» die ew'ge Herrlichkeit: Ach, Vater, dann hilf allen Demen Frommen Zum höh'ren Licht, zur wahre» Seligkeit, Zu welchem Du den Zugang durch die Zeiten Uns hier in Deiner Gnade läß'st bereiten! Dippoldiswalde, den 29. December. Nur eine kurze Frist noch, und wir sind an der Schwelle des neuen Jahres 1859 angclangt. Ehe wir sie über schreiten, drängt es uns, noch einmal auf das im Abscheiden begriffene Jahr znrückzublicken. Was es uns gebracht und genommen, was es unS aus dem Alles verschlingenden Strome der Zeit gelassen Hat, das können wir hier im Einzelnen nicht schildern: darüber mag Jeder sich in dec stillen Kammer seines Herzens Auskunft geben. Der böse» Tage viel, der guten wenig'. Das ist vielleicht bei Manchen das Facit der Jahreörechnung; von dem neuen hofft und wünscht er das Gegentheil, und wie wird's sein beim nächsten Jahresschluß? Wir wünschen Jedem unserer freundlichen Leser einen möglichst ungetrübten Rückblick und einen heiteren Sylvester, denn „Ende gut, Alles gut." Wir gestatten uns, einen kurzen Blick noch aus Das zu thnn, was das Jahr 1858 für unser Dippoldis walde Gutes und Böses gebracht hat, sei es, um nach glücklich überwundenem Ucbel desto freier aufznathmen, oder auch mit einem freundlichen Bilde von dem Scheidenden uns zu trennen. Es ist nicht zu läugnen, das bald verflossene Jahr war in verschiedener Beziehung merkwürdig, wie im Großen, so im Kleinen auch für Dippoldiswalde. Zu den vorzüglichsten Erwartungen berechtigte der Stand der Feldfrüchte rings um uns herum: da kamen die Wasser des Himmels, als man sich eben anschickte, die reifen Früchte in die Scheuern einzusammeln, und wir mußten sie mit bangem, schwerem Herzen verderben sehen. Was nicht auf dem Felde verdarb, das zerstörten und rissen die Wasserfluthen mit sich fort. Auch der Blitz schonte unsere Stadt nicht; am 25. August zündete er am östlich gelegenen Theilc derselben und brachte die dortigen Bewohner in nicht geringe Gefahr. Und der Tod, dieser Schnitter ohne Ruh' und Rast, hielt auch eine reiche Ernte; auf dem zu Ende vorigen Jahres erst eingeweihten Friedhöfe, da bezeugen es bereits die vielen Grabes- Hügel! Es ist manches Herzeleid in diesen und jenen Familienkreis cingckehrt, das am Neujahrsmorgen nicht geahnt worden war! Ohne Zweifel also ist unsere Stadt von dem allgemeinen Loose des irdische» Jammer- thales nicht unberührt geblieben. Doch wir wollen bei dem düsteren Bilde nicht länger verweilen. DaS Jahr 1858 bat uns auch manche Freude gebracht; eS ist ausgezeichnet gewesen durch glückliche, bisweilen tief eingreifende Ereignisse. Wir rechnen hierzu vor Allem den Besuch Sr. M aj. deS Königs am 18. August, welcher unserer Stabt die längst ersehnte Gelegenheit verschaffte, ihren loyalen, patriotischen Sinn nach besten Kräften an den Tag zu legen. Ein wichtiges Ereiguiß war ferner der Personenwechsel in der Leitung deS hiesigen König!. Gerichtsamtes, indem Herr Gerichtsaintmann Drewitz an die Stelle des nach 32jähriger Wirksamkeit in den