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M 82 Weißerih-Zeitrmg Wienstag. Erscheint Dienstag- unt, Freitags. Zu beziehen Lurch alle Post anstalten. 19. October 1838. Preis i»o Quartal 10 Ngr. Inserate dir Lpaltrn-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige- Matt der Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /raucnstcin und Ittenberg. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Neueste Bestimmungen über die Militär pflicht. Da- auf dem letzten Landtage zwischen Regierung und Ständen vereinbarte und erst vor wenigen Tagen ausgegcbene Gesetz über Erfüllung der Militärpflicht hat in einigen wesentlichen Punkten die früheren hierüber geltenden Bestimmungen geändert, und da bei der Allge meinheit der in Sachsen bestehenden Verpflichtung zum Militärdienst Jedermann ein lebhafte- Interesse an der Kenntniß der einschlagenden gesetzlichen Vorschriften hat, so will man hier die Abweichungen des neuen Gesetze- von dem früheren Rechte in möglichster Kürze aufzählen, die zeitherigen Bestimmungen, als den Lesern bekannt, voraussetzend. Die Dauer der Dienstzeit im Frieden beträgt auch jetzt noch sechs Jahre in der activen Armee, jedoch nur noch zwei Jahre in der Kriegsreserve, während diese früher dreijährig war. Eine Befreiung vom sofortigen Eintritte in den Militärdienst durch Zurückstellung auf Zeit findet gegen wärtig nicht bloS zu Begünstigungen der Wissenschaften und Künste bei jungen Leuten, die ihre Ausbildung in denselben bei Eintritt des militärpflichtigen Alters noch nicht vollendet haben, statt, sondern auch wegen noch zu erwartender Äörperlänge und wegen zeitlicher Untauglichkeit. UebrigenS hat man auch den Studirenden und den Zöglingen gewisser höherer Bildungsanstalten, welche um die Zurückstellung nicht nachsuchen, sondern sofort in das Militär eintreten wollen, nicht allein, wie zeither, die Vergünstigung gewährt, daß sie sich die Jnfanterieabthei- lungen auSwählen können, sondern sie sollen auch, wenn sie bei dieser eingeübt find, zur Fortsetzung ihrer Studien beurlaubt und nur zu den jährlichen Cantonnementsübungen eingezogen werden. Ganz neu find die Bestimmungen über Zurück stellung wegen noch zu erwartender Körperlänge; sie sind eine Folge des Wegfalls der LvoSziehung. Obschon nämlich das gesetzliche Maß noch wie früher 07 Zoll beträgt, so sollen doch alle diejenigen tüchtigen Militärpflichtigen, welche nur zwischen 67 und 68 Zoll lang sind, wenn der Mannschaftsbedarf bei der activen Armee es gestattet, zurückgestellt werden; sie können indeß zur Ergänzung und Ersatzleistung, dergestalt, daß beziehendlich die Jüngsten und unter diesen die Längsten zuerst an die Reihe kommen, einberufen werden, haben sich die erste» drei Jahre zur Messung ihrer Äörperlänge jedesmal wieder zu stellen, werden, wenn sie eine Länge von 68 Zoll oder darüber erreicht haben, in da« Militär eingestellt, die- jenigen von ihnen aber, welche <S zu einer solchen Maß- länge nicht gebracht haben, auf die übrigen drei Jahre in die Dienstreserve versetzt. Außerdem sollen solche Militärpflichtige, welche bei vorhandener gesetzlicher Körperlänge noch nicht gehörig er starkt und bei denen solche Mängel und Schwächen vor handen sind, deren Beseitigung und Hebung binnen Jahresfrist sich hoffen lassen, auf ein Jahr zurückgestellt, darnach wieder untersucht und, dafern sie noch nicht dienstfähig geworden, der Militärpflicht entlassen, ent gegengesetzten Falls aber dem Militär überwiesen werden. Der Einstandsumme für die Stellvertretung in Frie- denszeiten ist auf 300 Thlr. festgesetzt; in KriegSzeitcn, wo der Einsteller den Einsteher selbst zu ermitteln hat, wird dieselbe zwischen diesen durch Vertrag bestimmt. Die Maßregeln zur Sicherung der ungehinderten Verfügung über Militärpflichtige und die Strafen für unterlassene Anmeldung und Gestellung derselben find in der Hauptsache die früheren geblieben. Die Vortheile und Begünstigungen aber, welche für verabschiedete Soldaten eintreten können, verdienen, ob schon sie auch zeither schon fast in derselben Ausdehnung bestanden haben, noch eine kurze Erwähnung, da immer noch viel Unklarheit hierüber im Publikum vorhanden ist. Soldaten, welche nach vollendeter gesetzlicher Dienst zeit in der activen Armee aus derselben ausscheiden. sollen, wenn sie als Lehrlinge einer zunftmäßigen Kunst oder eines Handwerks durch ihre Einstellung in die Armee verhindert wordeu find, ihre Lehrzeit auszuhallen, aus genommen werde», sofern sie dazu tüchtig find, und wenn sie durch Erfüllung ihrer Militärpflicht abgehalten wurden, als Gesellen ihre Wanderschaft zu vollenden, so sollen sie von den Wanderjahren dispensirt sein. Soldaten, welche wegen unmittelbar durch den Dienst entstandener Invalidität entlassen und pensionirt werden, sowie solchen, welche wegen eingetretenen Kriegszustandes nicht entlassen werden konnten, und über ihre gesetzliche oder vertragsmäßig verlängerte Dienstzeit hinaus wenigstens ein Jahr, ingleichen denjenigen, welche wenigstens zwölf Jahre in der activen Armee gut gedient haben, soll außer den schon erwähnten, auch ihnen zustehenden Vergünsti gungen noch gestaltet sein, wenn sie auch das Meisterrecht nicht erlangt haben, ein Handwerk, eine Kunst oder ein Gewerbe unter gewissen Beschränkungen selbstständig zu betreiben; Diejenigen endlich, welche wenigstens 15 Jahre in der activen Armee gut gedient haben, sollen auf ihr Ansuchen das Bürger- und Meisterrecht in dem Wohnort, welchen sie zunächst nach ihrer Entlassung gewählt haben, unentgeldlich erhalten; sie können auch, wenn sie während dieser Dienstzeit einem Feldzug beigewohnt haben, statt der früher solchen Mannschaften gewährten Gewerbe- und Personalsteuerfreiheil eine Gratifikation beanspruchen, die bi- zu 20 Thlr. ansteigen kann; dagegen find sie von Fertigung des Meisterstück- nicht befreit. —