Volltext Seite (XML)
M 13 Weißerih-Ieitung Freitag. Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Post anstalten. 12. Februar 1858. Preis . , pro Quartal 10 Ngr. Inserate die ^Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Klatt -er Königlichen Gcrichtsämtcr und Stadtrathe zu Dippoldiswalde, Frauenstem und Altenberg. Verantwortlicher Ncdacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, II.Febr. Gestern Nachmittag ist im Dorfe Eutschütz (ohnwcit Welschhnfe) durch ein dort dienendes 17jährigeö Mädchen in einer Scheune beS Gutsbesitzers Ruppert Feuer angelegt worden, wodurch diese Scheune, sowie die seines Nachbars Faust, in Asche gelegt worden sind. DaS Mädchen wurde bald ermittelt und nach Dresden ab- geführt. Dresden. Bei dem am Sonntag den 7. Febr, in Niederau (bei Meißen) abgehenden Personen zuge bat sich ein junger Mensch von 16 bis 17 Jahren (dem Anschein nach auS Meißen) gleich bei der Brücke, wo die Straße von Meißen unter der Bahn weg nach Weinböhla führt, vorsätzlich auf die Schienen gelegt und sich überfahren lassen. Sofort von den Weinböhler Ortsgerichlen aufgehoben und nach Wein böhla geschafft, war derselbe noch am Leben, jedoch ohne Bewußtsein. Da ihm der rechte Arm zerfahren und der Hinlerkopf sehr beschädigt worden ist, so ist sehr zu zweifeln, ob es ärztlicher Hilfe, die man sofort holte, gelingen wird, ihn am Leben zu erhalten. Berlin, 8. Februar. Der feierliche Einzug Ihrer t. Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Friedrich Wilhelm erfolgte heute Mittag gegen '/r2 Uhr unter einem unbeschreiblichen Enthusiasmus unsrer Bevölkerung, welche diesen Tag so lange ersehnt und zu seiner Verherrlichung so umfassende Vorbe reitungen getroffen hatte. Von 12 Uhr ab begann die mit musterhafter Ordnung ausgeführte Ausstellung der Gewerke, von dem EinfahrtSportal am Schlosse zu beiden Seilen der Lindenpromenadc bis zum Branden burger Thor. Es waren 62 Gewerke, deren Kopfzahl wohl 30,000 betrug. Die Fahnen und die Embleme dieser Körperschaften bildeten die Einfassung der Fahr straße beS prinzlichen Paares. Vor dem Schlosse Bellevue brachte der Stadtrath die ehrfurchtsvolle Meldung, daß berittene Deputationen der Stadt Berlin zur ersten Begrüßung der hohen Entziehenden harrten und gemäß des alten Brauches daS Schlächter-Gewerk um die Gnade bitte, Ihrer k. Hoheit der Frau Prin zessin ein Gedicht iüberreichen zu dürfen. Hierauf setzte sich der festliche Zug in folgender Weise in Be wegung. Zuerst erschienen die 40 aus allen Provinzen hierher berufenen Postillone; sie bliesen die Postsignale und mehrere Märsche und Fanfaren harmonisch. Hier folgten die Schlächtermeister und eine Deputation der berittenen Bürgerschaft, sodann die Kaufleute. Diesem reitenden CorpS schlossen sich drei sechsspännige Wagen an; dann .kam ein Zug Garde-du-CorpS in großer Gala, und hierauf der königl. Galawagen, gezogen Von acht prachtvollen Rappen, welche mit Fedcrauf- sätzen und reichem Zaumzeug geziert waren. Auf den Tritten standen roch gekleidete Pagen. Se. k. H. der Prinz Friedrich Wilhelm, welcher die große.Generalö- uniform trug, saß zur Linken seiner jungen Gemahlin, welche in anmuthvvller Jugend prangte. Die Prin zessin trug ein weißes Kleid, einen Hernrelinmantel und als Kopfputz ein Diadem von Brillanten. Zwei sechsspännige Hofequipagen mit dem Gefolge deS prinzlichen Paares, sowie endlich eine Schwadron Garde-Dragoner, schloß den Zug. In der Nähe des Golbfischteiches waren die Zöglinge deS großen Fried richs-Waisenhauses ausgestellt, daS Musikchor der Knaben stimmte, als sich der prinzl. Zug näherte, die Volkshhmne an, während die Mädchen Blumen streuend dem Wagen vorausgingen. Am Anfang deS Thier gartens standen die in Berlin wohnenden Engländer mit einer (von dem englischen Konsulate in Stettin entliehenen) englischen Fahne und dem eigentlich nationalen Abzeichen, einer weißen Binde mir der Flagge um den Arm. Am Brandenburger Thore harrten zu Pferde der Gouverneur von Berlin, General- FelvmarfchaU v. Wrangel, der Kommandant Gen. v. Alvensleben und der Polizeipräsident v. Zedlitz. So wie der Zug die mittlere Pforte deS Branden burger ThoreS erreichte, erdröhnten die Kanonensalvcn der Geschütze, das Geläute von sämmtlichen Thürmen der Stadt wurde hörbar und mischte sich mit einem nun ausbrechenden endlosen Jubel. Am Branden burger Thore trat der Oberbürgermeister an den prinz lichen Wagen und hielt eine Anrede an das hohe Paar, die mit einem Segenswunsch und Hoch endete. Begeisterter ward wohl nie in ein Lebehoch ein gestimmt, wie in.dies, welches alle Musik und Kanonen schall übertönend, die Luft erfüllte und kein Ende erreichen wollte. Hierauf ging der Zug im Schritt durch die Mitte der Linden. Von allen Seiten er schallten begeisterte Jnbelrufe, mehr als 50 Orechester bliesen die Volkshhmne, und von allen Fenstern wehren die Tücher der Damen; die allgemeine Freude schien ihren Gipfelpunkt erreicht zu haben. In einiger Ent fernung folgte dem k. Zuge die Schützcngilbe, die Knappschaft, das Stadtbanner, die als GewerkS-Affes« soren fungirenden Stadtrathe, von 24 Marschällen umgeben, welche sich am Schloßportale um daö Stadt banner schaarten und die Parade abnahmen. Dieselbe bestand auS dem Vorbeimärsche von 59 Gewerken, beginnend mit den Maurern und schließend mit den Bretschneidern, sowie den Genossenschaften der Ma-