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Weißmh-Ieitung Dienstag Erscheint Dienstag« und, Freitag«. Zn beziehen durch alle Psstanstal- ten. Preis pro Quart. 10 Ngr, 3. November 1857. werdM »Pfg. W dtf , Zeile berechn«» schd und iy> allen Erpedlttoneu angenommen. Gin unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jrhne in Dippoldiswalde. ' - . ,»i. - - - ' '?t> KI i! k , I > Zwei frohe Ereignisse. Zwei wichtige Ereignisse der jüngsten Tage sind es, die Alle erfreuen, die das Herz auf dem rechten Flecke haben. Delhi, der Sitz des indischen Aufstandes, ist am 20. September gefallen, und: was die Welt wenig, Deutschland aber desto mehr angeht: Preußen bringt dieSache der deutschen Herzogthümer vorden deutschen Bund. Die Hoffnung, daß die holstein-lauenburgische Sache in Frankfurt auch nur zur Verhandlung komme, ward immer wieder getäuscht. Preußen und Oesterreich halten auf ihre endlich dringenden Beschwerden nur eine ausweichende Ant wort erhalten und wurden im Uebrigen aus einen neuen Verfassungs-Entwurf für Holstein vertröstet, welcher den im August zu berufenden Ständen vorgelegt werden solle. Obgleich nun von dieser Vorlage in der Hauptsache, in den nationalen Beschwerden, kaum etwas zu erwarten war, hielten die deutschen Mächte, um ja nicht der Ueber- stürzung beschuldigt werden zu können- es für angemessen, das Ergebniß der holsteinischen Stqnde-Versammlung ab- zuwarten. Jetzt, wo dje holsteinischen Stände eine Verfassung, die ihnen Manches bot, nur nicht das, wornach sie ver langten, zurückgewiesen und ihre Beschwerden noch einmal vor den dänischen Thron gebracht haben, jetzt, da diese Beschwerden wiederum von Kopenhagen mit Stillschweigen beantwortet werden.: jetzt wissen auch wir gar keinen Grund mehr aufzutreiben, womit die deutschen Mächte die Sache ihrem rechtmäßigen Forum entzögen. In' Kopenhagen lacht man bei jeder Gelegenheit über den deutschen Bund. Und in der Thal, wer soll sich noch vor ihm fürchten, wenn seine eigenen Mitglieder sich über ihn lustig machen? Das Ausland muß ja alle Achtung vor Deutschland als einem politischen Körper verlieren, wenn wir nicht mehr unsere eigenen deutschen Angelegenheiten auf dem deutschen Bundestage zu verhandeln wagen. Und diese Besorgniß scheint nicht einmal begründet. -So unwissend sind die fremden Mächte endlich nicht mehr, daß sie nicht wissen sollten, um wie wenig es sich noch handelt. Sie wissen recht gut, daß von EroberungS-Gelüsten, und was man sonst bei der Erhebung der Herzogthümer für ihre uralten und unverjährbaren Rechte 1848 sagte, jetzt gar nicht mehr dit Rede ist, sondern nur von Sicherstellung Holstein - und Lauenburgs vor allzu starker Urbervortheilung nament lich in finanziellen Angelegenheiten. Und dieses bescheidene Ziel wird hoffentlich erreicht werden. Wir freuen uns, daß Preußen es gewesen ist, das endlich das Wort aussprach, welches ganz Deutschland erwartete, und hoffen, daß Oesterreich an der aufrichtigsten und eifrigste« Mitwirkung-es nicht wird fehlen lassen. Der Fall Delhi s ist ebenfalls eine deutsche Angelegen heit, weil sie enie europäische ist. Ja, die ganze Menschheit ist dabei bethciligt, daß den Greueln eines unmenschlichen Aufstandes so bald wie möglich ein Ende gemacht Wirts. In Europa ist die Meinung, daß England in Indien die Sache europäischer Bildung gegen asiatische Barbarei vertheidige, ganz überwiegend. Sogar unsere reactionäre Presse, die bei dem Kriege gegen Rußland immer spottete, wenn es hieß, dieser Krieg werde für Eivilisatkon geführt, erkennt es an, in Indien vertheidige England wirklich dH Sache der Menschlichkeit. Hat doch selbst ein russische- Blatt die Ansicht ausgesprochen, wenn die Engländer für sich allein zu schwach wären, Indien wieder zu erobern, so sollten die andern europäischen Mächte ihm helfen. Man braucht auch blos daran zu denken, in welche schreck liche Zerrüttung die ganze Halbinsel vom Cap Comortn bis zum Himalaya fallen würde, wenn die Engländer Indien aufgeben müßten, an den großen Verlust, in welchen der Handel aller Nationen bald gerqthen würde, um zu erkennen, daß alle Völker ein Interesse an der Fortdauer der englischen Herrschaft in Indien haben. Es ist, als sei bei dieser Gelegenheit ein schlummerndes europäische- Gemeingefühl geweckt worden, und man konnte beim Ein treffen der Schreckensposten aus Indien mit den Worten eines großen deutschen Dichters von England sagen: Und aller freien Männer Herzen schlagen, Unv alle guten, schönen Seelen klagen Theilnehinenv deines Ruhme» Fall! Tagesgeschichte. (Etwa« verspätet.) Dippoldiswalde, 1. Nov. ES wird auch unseren Lesern nicht unbekannt geblieben sein, daß man beab sichtigt, dem ehrwürdigen Goltesmanne Or. Martin Luther in Wormö, also an der Stelle, wo er ei,ist vor Kaiser und Reich ein kräftiges Zeugniß für das lautere Evan gelium ablegte, ein der Bedeutung dieses Zeugnisses entsprechendes Denkmal aufzurichten. Bei uns ist Mn zur Zeit noch Nichts geschehen, um Beitrage dazu ein zusammeln; aber wir hören, daß die evangelische: Geist lichkeit unseres Vaterlandes, welches ganz besondere Ursache hat, recht reichlich zu steuern, von Seiten der obersten Kirchendehörde Veranlassung erhalten soll, für das genannte Denkmal durch Einsammlung von Gaben thätig zu sein. Mögen dieselben in recht zahlreichem Maße zusammenkommen. Das rechte Denkmal freilich, was mehr wiegt,- : als alles Gebilde aus Erz und Stein, sollte unser« Luther jeder evangelische Christ in seinem Herzen setzen! „Wir wollen dis Verdienst Luthers um uns dankbar ehren durch die Einigkeit im Geiste," so lautete da- Thema der gestern von Herrn Dtac. Mühlberg gehaltenen ReformglionMedjgt; denn Luther selbst hat Spaltungen nicht gewallt, auch nicht verschuldet, vielmehr allezeit und mit allem Nachdruck