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— Vergangene Woche fand hier in Dresden eine seltene Wette ihren Ausgang. Ein Offizier, Hr. v. F., hatte mit einem Engländer um 500 Pfd. Sterl. (3500 Thlr.) gewettet, daß er in gleicher Zeit wie der Eisenbahnzug den Weg von Dresden nach Pirna zu Pferde zurücklegen wolle,'und zwar vom Pirnaischen Schlage aus auf der Pirnaischen Chaussee. Wäre ihm kein Hinderniß begegnet, so hätte er die Wette möglichenfalls gewonnen; in der Gegend von Mügeln scheute aber das Pferd, kam aus seinem sichern Lauf, und die kühne Weite ging durch einige fehlende Minuten Zeit verloren. Traf die Locomotive ein Mißgeschick, so hätte der Offizier gewonnen. Berlin, 26.Juli. Heute ist Kaiser Alexander in Potsdam angekommen. Der Ministerpräsident Frhr. v. Manteuffel ist um 10 Uhr dahin abgegangen und wird vor morgen Abend nicht zurückkehren. Im Gefolge des Kaisers befindet sich dessen Minister des Auswärtigen Fürst Gortschakow.' Man schließt hier aus, daß die Anwesenheit des Kaisers Anlaß zu wich tigen politischen Verabredungen geben werde, und läßt eS sich nicht nehmen, daß trotz aller vfficiösen Dementis im September der vielbesprochene Monarchen- congreß in Berlin stattfindcn werde. Weiß man doch schon, wo und wann vor den anwesenden Monarchen die große Parade stattfinden werde. Der AufstellungS- platz soll in der Näde von Lichtenberg bei Berlin und der Tag der Parade der 14. Sept. sein. Auf diese Weise würde Berlin gleichzeitig in seinen Mau ern über Himmel nnd Erbe Beraihungen abhaltcn sehen, die nicht sobald wieder ihres Gleichen haben würben. Absorbirte der Evangelische Bund nicht augenblicklich o viele Geister in Berlin, so würde das Gerücht von dem Monarchencongreß jedenfalls noch lebhafter besprochen werden. Daß eö sich trotz des allgemeinen Interesses, mit dem man der Versamm lung evangelischer Christen aller Länder entgegensieht auf dem Tapet erhält, ist ein sicheres Zeichen, daß eS nicht aus der Luft gegriffen ist. Aus guten Quellen wird versichert, daß wenigstens wegen einer Zusammen kunft der Kaiser von Frankreich und Rußland immer noch die seit längerer Zeil schwebenden Verhandlungen gepflogen werden, und daß die Absicht einer solchen Zusammenkunft trotz allcrHindernisse bis diesen Augen blick noch nicht aufgegeben sei. Festgesetzt kann da rüber natürlich noch nichts'sein, denn bann brauchte nicht mehr darüber verhandelt zu werden. Dje Reise Ludwig Napoleon's nach Osborne wird hier ebenfalls im Sinne der beabsichtigten Zusammenkunft aufgefaßt. Sie soll den Schein retten, als ob der Kaiser von Frankreich sich erst nach einer Berathung mit seiner königlichen Alliirtin zu der Zusammenkunft entschlossen habe, und wenn sie zu Stande kommen sollte, bei derselben nicht bloS als Vertreter Frankreichs, sondern gleichsam als Bevollmächtigter der westlichen Allianz erscheinen werde. Viele träumen sogar davon, daß die Königin Victoria selbst dem Kongresse beiwohnen werde. Vermischtes. Die „Litcrary Gazette" theilt cln^Schrciben deS britischen Gesandten Murray am persischen Hofe mit, in welchem über eine merkwürdige Naturerscheinung, die sich am 20. Mai in Bagdad zeigte, Bericht abgestattet ist. An diesem Tage wurde die ganze Stadt tim 6 Uhr Abends (eine Stunde vor Sonnenuntergang) durch eine ungeheure Wolke plötzlich in mitternächtliche Finsteruiß ciugehüllt. Man vermuthete daS Herannahcn eines Sirost», aber die Lust war nicht» weniger als schwül; die finstere WM bestand vielmehr aus Staub und Sand, die ein gewaltiger, wie es scheint eine» vollkommenen Kreis beschreibender Sturm vor sich hergetricben hatte. Die Bewohner Bagdads glaubten nicht anders, als der Weltunter gang sei vor der Thür; sie liefen mitten durch die Flnsterntß in die Moscheen, um zu beten und betend zu sterben. Aber eS dauerteMicht lange, so trat an die Stelle der Finsterniß ein wei ter, dunkelrother Feuerschein, wahrscheinlich eine Folge deS von der untergehenden Sonne schief beleuchteten rothen Sandes, auS dem die Wolke gebildet war, und daS Ganze sah sich ungefähr so an, als ob London mitten in einem dschten Novembernebel in vollen Flammen stände. Nach zwei Stunden war dst ganze Erscheinung vorüber gezogen; sie ließ der Stadt zum Andenken eine gute Lage gelbrothen SandcS zurück. Er bestand lediglich auS anorganischen Bestandtheilen, meist aus seinen Quarztheil- chen, mit wenig Kalkpartikeln gemengt, in denen sich jedoch un ter dem schärfsten Mikroskop keinerlei Muscheln oder sonst orga nische Massen entdecken ließen. Adolph D., der Sohn wohlhabender Eltern in Paris, unterhielt bereits durch längere Zeit ein LicbeSverhältniß mit einem außergewöhnlich hübschen, jedoch armen Mädchen, Ma rie C. Diese hing mit aller Innigkeit an dem jungen Manne und sah mit Zuversicht der Zeit entgegen, in welcher er sein Wort lösen, sic zu seinem Weibe machen werde. Sie war daher nicht wenig ergriffen, als sie unerwartet unwiderlegbare Beweise erhielt, daß Adolph, den Rathschlägen seiner Eltern folgend, trotz der intimen Beziehungen, die er fortwährend mit ihr unterhalten, sich um die Hand eines reichen Mädchens beworben habe, und im Begriffe stehe, sich mit diesem zu ver ehelichen. Marie vermied von dieser Stunde an i^ren Geliebten und versank in tiefe Schwermuth, auS welcher sie sich nur an Adolphs Hochzeitstage zu einer verzweifelten That aufraffte. Blaß, mit stierem Blicke und wirrem Haare, erschien sie beim Festmahle. Auf die Frage, welche Adolphs Vater an sie richtete, was sie an diesem Orte wolle, erwiderte sie: „Was ich will? Sie sollen eS sogleich sehen." Dann trat sie knapp an den Stuhl der Braut und stieß sich ein Messer bis ans Heft in die Brust. Sie wurde sogleich ins Spital gebracht, es ist jedoch wenig Hoffnung aufihre Rettung vorhanden. In ihren Taschen fand man folgendes an den Polizei-Commsssar deS DtstrictS gerichtetes Schreiben: „Freiwillig nehme ich mir daS Leben; Niemand möge wegen meinem Tode beunruhigt werden. Marie C." Teplitzer Getreide Preise, am 28. Juli 1857. Ein niederösterr eichischer Metzen höchster . 5 st. 20 kr. Weizen ! mittlerer . . 1 niedrigster . 5 st. — kr. 4 st. 50 kr. Durchschnitt . . - 5 st. 3'/, kr. I höchster . 3 st. 20 kr. Korn l mittlerer . . 3 st. — kr. t niedrigster 2 st. 50 kr. / I ' Durchschnitt . . . 3 st. 3'/» kr. l höchster . 2 st. 40 kr. Gerste. l mittlerer . . 2 st. 30 kr. t niedrigster 2 st. 20 kr. ' Durchschnitt . . . 2 st. 30 kr. höchster . 2 st, 3« kr. Hafer t mittlerer . . 2 st. 30 kr. t niedrigster 2 st. 24 kr. ' Durchschnitt , . . 2 st. 30 kr. Erbsen . . . 3 st. 30 kr. Linsen . 4 st. — kr. Wicken 3 st. — kr. TepliH. Hentschel, Marktrevisor.