Volltext Seite (XML)
Weißerih-Zeitung Verantwortlicher Redacteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde 11. September 1857. . Jnserawr< werd,« mit 8 Pfg. fü, Zeile ^rechnet und in alle« Expeditionen angenrmmen. Freitag. Erscheint Dienstags unt^ Freitag». Z» deziehen durch alle Postanstal- tcn. Preis pro Quart. lO Ngt. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann TagcS-escdiehte. Altenberg, 9. Aug. Unsere Ernte, die reiche Garben spendet, wird von dein schönsten Wetter be günstigt und führt uns zu einem zeitigen Erntedank feste. — Bedauerlich, ja recht bedauerlich ist es, daß man dennoch den Sonntag zu Hülfe nimmt, und selbst da mit der Sense oder mit dem Rechen auf's Feld geht, wenn die Glocke in die Vorhöfe des Herrn ruft. Noch bedauerlicher aber ist es, wenn die Eltern ihre Kinder, die gern das Gotteshaus besuchen, gegen ihren und den Willen des Lehrers, demselben entziehen, und mit ihnen während des Gottesdienstes in die Beeren gehen. — Auf den Kirchgänger, der, angethan in seinem Feierkleide, dem Nnfe der Glocken folgt, macht eine solche unerwartete Erscheinung einen widrigen Eindruck. — Haben wir recht gehört, so hat der Fuhrmann C. sein armes Pferd abgeschafft, oder abschaffen müssen. Hat es C. ans eigenem Antriebe gethan, so gewahren wir doch noch ein Fünkchen Menschlichkeit in ihm, und er hat wohl gethan. Der Gerechte er barmet sich seines Viehes, aber das Herz des Gottlosen ist unbarmherzig. Er könnte sonst das Schicksal mit Anteccssaren theilen, — die jetzt das Wägelchen selbst im sauren Schweiße ihres Angesichts den Mühlberg heranschlcppen. — Hat ihm aber das weitere Fahren das Gesetz untersagt, so drücken wir dem Vollstrecker desselben mjt Wärme die Hand. ' SeifcrLdorf, den 6. September. Der heutige Tag war für die hiesige Kirchfahrt ein Tag einer besonders ernsten, wichtigen und erhebenden Feier. ES fand nämlich an demselben, NachniittagS nach 2 Uhr, die Weihe des mit dem alten Gottesacker in Verbindung stehenden neueingerichtetenGottes- ackerS und derneuangeschafflenLeichengeräthe, Leichen tuch und Bahre, durch Sr. Hochehrw. den Herrn ?. Kühn allhier stakt. Schon vor einigen Wochen war an heiliger Ställe abgekündigt worden, daß die Arbeiten an dem neuen Gottesacker mit GotteS öollendet seien, und daß mit der nächsten Begräbniß- seier eines Erwachsenen auch die schon erwähnte Ein weihung verbunden werden sollte. Wie Mancher mochte wohl des Sonntags, wenn er bei seinem Kirchenbesuche auch den neuen Gottesacker in Augen schein nahm, sich selbst oder seiner», ihn begleitenden Freunde die ernste Frage vorgelegt haben: Wer wird denn zum Ersten seine Ruhe hier finden? Für wen wird das erste Grab in diesem Raume bestimmt sein? — Längere Zeit aber blieb die Antwort , auff solche Fragen unentschieden. — Da plötzlich rief der Herr der Welt Einen unserer Kirchfahtt aus diesem Erden dasein, von dem man eS, und der es wohl auch selbst, am wenigsten gedacht hätte. Ein lebensfroher Jüng ling von noch nicht 23 Jahren, aus dem eingepsarrte« Dorfe Spechtritz, ein lieber Sohn, vor acht Tagen noch gesund, war zum großen Schmerze seiner bejahrten Aeitern, die in ihm ihre Stütze zu finden gehofft hallen, so schnell ein Raub des Todes geworden. Seine Beerdigung war für heute Nachmittag 2 UHr bestimmt, und well dabei, wie schon gesagt, nun auch ter neue GptteSacker re. ihre Weihe erhalten sollten, so hallen sich schon vorher die Nebenschullehrer mit Schülern ihrer Oberkiassen, sowie auch die Herren Vorsteher der Kirche und der einzelnen Gemeinden, in und an der Schule zu SeiferSdors versammelt, um von hier aus in Gemeinschaft deS Herrn Pfqrrers und des Kirchschullehrers nebst dessen Schülern in ge ordnetem Zuge und unter Glockengeläuts den von Spechlritz kommenden Leichenzng einzuholen. Der Zug, bestehend aus den Kreuzträgerw, den Kindern aus den Schulön zu SeiferSdors, Großölsa und Paul», dorf, dem Herrn Pastor mit den Schullehrer«' unh den Herren Kirchen- und Gemeindevorständen, begab sich von der Schule »peg über Yen Kirchhof nach dem Lpechtritzer Leichenwege, wo der erwähnte Leichenzug schon bereit war, sich dem ersteren-anzuschließen, welcher sich nun umer dem Gesänge des LiedeS 24V: JesuS meine Zuversicht rc. wieder zurück nach deck Dorfe, in demselben hinauf und auf den Gottesacker bewegte. Als sich brr Z-ug, welcher unterwegs durch den An schluß hier und da sich ausgestellter Glieder der Kirch fahrt und anderer Theilnchmer noch bedeutend ver größert worben war, dem Kirchhofe näherte, erklang, in den alle Gemüther gewiß tief ergreifenden und rührenden Tönen einer guten Hornmusik der schöne Schicht'scheEhoral: Nach einer Prüfung kurzer Tage rc. dessen Ausführung nicht nur den dabei thätigen Musici Ehre machte, sondern auch viel zur Erhöhung der Feierlichkeit beitrug. Diese. Trauermusik schwieg, alö der Zug an der Grenze zwischen dem alten und neuen Gottesacker angekommen war und die Versammelten theils auf diesem, theils auf jenem, der Herr Pastor, die Vorsteher der Kirche und der Gemeinden, sowie die Lehrer aber auf dem unter der dort stehenden Linde eingerichteten Rondel sich aufgestellt hatten, worauf der Gefang der Verse 1—4 aus dem Liede 716: Meine Lebenszeit verstreicht rc. von der ganzen Ver sammlung angestimmt wurde, dem alSdann die Weih rede folgte. Herr Pastor Kühn hielt dieselbe über die hierzu so schön gewählten göttlichen Worte aus 2. B. Mos. 3, 5: „Tritt nicht hetzu, ziehe deine' Schuhe aus von deinen'Füßen; denn der Orb, darauf du stehest, ist ein heiliges Land." Er suchte zunächst-