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Wienstag. M «4 18. August 1857. Inserate, werden mkt 8 Pfg. für die Zeile berechnet und in allen Expeditionen angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Erscheint ,. / ? UZWeikeritz-Zeitung. ten. Preis pro l Qudrt. tONgr. Verqntwortlicher Rcdactenr: Carl Jehne u, Dippoldiswalde. TagesgesMchte. Dippoldiswalde. In dem in der Haide zwischen Paulöhain und SeiferSdorf gelegenen Quernrr'schen Sandsteinbrüche verunglückte am It d. M. Nachmittags der Steinbrecher Dittrich, Häusler in Paulsdorf, in dem er von einer mehrere Ellen hohen Brücke, welche er nach langen Zeiten wieder einmal zu befahren wagte, herabstürzte und sich an einer Seite, besonders aber am Kopfe verletzte, so daß er nun bedenklich krank darniekerliegt. Derselbe, a'S ein stiller, beschei dener und fleißiger Mann bekannt, befindet sich ohnehin schon in einem unglücklichen und bedauernSwerihen Zustande, da er mit der Epilepsie stark behaftet ist. Möge unser Herrgott sein Geschick fernerhin so leiten und lenken, wie eS für ihn selbst und seine Familie am besten ist. Leipzig. Ein Ereigniß. für die Universität Leipzig bildet der Besuch, den derselben der König Johann drei Tage lang, vom 4.-6. Aug., geschenkt hat. Wohl weiß ganz Sachsen längst, welch hochge bildeten, welch gelehrten Fürsten cS in seinem König besitzt. Hat doch die deutsche Literatur seit Jahrzehnden von der Hand desselben ein Denkmal empfangen, Vas innerhalb wie außerhalb Deutschlands mit Ruhm ge nannt wird, das namentlich auch in Italien von den Vertretern klassischer Wissenschaftlichkeit als das Werk eines Meisters hochgeschätzt wird. Denn Dante's „Göttliche Komödie" ist von Philalethes — dem Pseudonym des Prinzen Johann — nicht nur meister haft ins deutsche Idiom übertragen, sondern auch mit einem Commentar auSgestattet worden, welcher, aus gezeichnet durch Sprachgelehrsamkeit und Urkunden forschung, durch Geschichtskunde und literarisches Wissen, durch geistvolle Auffassung und sinnreiche Combination, den Gelehrten am Tiberstrande so sehr interessirt, wie die Mitglieder der Accademia della CruSca. Aber baß diese, wenn auch noch so hervorragende Specialität den König Johann keineswegs in irgend genügender Weise charakrcrisirt, das ist nicht leicht herrlicher kund geworden, als bei seiner neulichen Anwesenheit zu Leipzig. ES trat hierbei eben so sehr die erstaunliche Vielseitigkeit seines gelehrten Wissens, wie die Uner müdlichkeit seines huldreichen Interesses am Leben und Streben, der Wissenschaft hervor. Nachdem derselbe am Lpätabend des 3. Aug. in Leipzig eingelroffen war, verfolgte er am 4. Aug., sowie auch an den folgenden Tagen, schon von der siebenten Morgenstunde an, die ihm vorschwebenbe Aufgabe der genauesten Kenntnißnahme von der Universität, sowohl in Betreff aller ibrer Bildungswerkstätten, als auch der ihnen angehöreudrn Persönlichkeiten. So wurde die Ehre des königlichen BefuchS, um nur Einiges hervorzuheben, dem Botanischen Garten und dem Herbarium, dem Zoologischen und dem Mineralogischen Museum, her zooiomischen und der phärmakognostischen Sammlung, den physikalischen Apparaten und den chemischen'Labo ratorien, der Entbinvungsschule und mehren klinischen Instituten, der Bibliothek und den archäologischen Sammlungen, endlich auch der durch ihre Schicksale — Tezel und Luther predigten darin — wie durch ihre Denkmäler merkwürdigen Universitätskirche zu St.- Pauli. Und bei diesen Besuchen allen war eS nicht auf eine gnädige flüchtige Begrüßung abgesehen, son dern darauf, Wesen, und Charakter jedes einzelnen Instituts zu erfassen und den besondern Neichthum feder einzelnen Sammlung kennen zu lcrrten. Der König trat, soweit es nur möglich war, mitten hinein in daS Leben und Treiben in allen den genannten Bil- dungöwerkstätten der akademischen Jugend. Und dies gilt zugleich auch von den im engern Sinn so benannten Vorlesungen der Universität. Der König hoSpitirle nicht etwa in einer oder zwei, sondern in sehr vielen, und zwar so, baß er gewöhnlich vom Anfang bis zum Ende blieb. Theologische Vorlesungen erfuhren diese Auszeichnung nicht minder als die juristischen, philo logische so gut wie geschichtliche. Und mit welcher Aufmerksamkeit und Sachkenntniß er den einzelnen Vorträgen gefolgt war, daö bewies er durch die spätem an daS Gehörte anknüpfenden Unterhaltungen. Diese Unterhaltungen fanden namentlich nach der königlichen Tafel statt, zu welcher an jedem der drei Festtage eine größere Anzahl Professoren geladen war. Von der Rechtswissenschaft will ich hierbei nicht sprechen; der König, bekanntlich der Schöpfer deS neuen Criminal- r'oder von Sachsen, beherrscht sie nach allen ihren Seiten. Aber fast nicht weniger heimisch ist er in der Theologie. Wie er mit kundiger Theilnahme über die praktische Theologie und über Kirchengeschichte spricht, so ent fallet er eine staunenSwerlhe Vertrautheit. mit dem Urtext des Neuen Testaments; ja er hat auch ein prüfendes Auge für die interessante Literatur der neu« testamentlichen Apokryphen gehabt. Und wenden wir unS von der sogenannten heiligen Philologie zu andern Sprachgebieten, so weiß derselbe nicht nur über die „Vögel" des AristophaneS und über die „Georgien" Virgii'S zu sprechen, sondern auch der Sanskrit ist ihm so wenig fremd geblieben, als die Keilinschriften von PersepoliS. So umfassend dies Alles schon ist, so hindert eS den König doch nicht, auch mit den Mathematikern, mit den Physikern, mit den Chemikern in eingehender Weise sich auSzutauschrn. Danach kann es kaum noch in Erstaunen fetzen, daß der könig liche Patron der Universität am 5. Aug. bei der Ent gegennahme der allgemeinen Cour sämmtlicher Uni« versiiälSbocenten, mehr als IVO, fast mit jedem