Volltext Seite (XML)
Körner. Auch die Kartoffeln, hat der rechtzeitig gekommene Regen erquickt, und versprechen dieselben eine vorzügliche Ernte, was insbesondere auch für die Gegenden gut ist, wo Graö und Heu von der Dürre gelitten haben. Doch scheint das letztere noch einigen Ersatz in dem Grummetwuchse zu finden; und daS ik gut, denn die Heupreise steigen enorm. In Reichen» bach im Voigtlande waren in voriger Woche Ankäufer aus Magdeburg, welche für den CentNsr Heu 3—3'/-2 Thlr. boten. Die Oelfrucht war gut und ist gut hereingekommen; darum zum Theil mit daS Sinken der Oelpreise. — Vielen Anklang findet das Projecl einer zu veranstaltenden Ertrafahrt von Dresden nach Prag. Die Unternehmer beabsichtigen jedoch die Fahrt nur dann in'S Werk zu richten, wenn daS, was ihnen in dankenSwerther Weise Seiten der sächsi schen StaaiS-Eisenbahn-Direktion gewährt wurde, nämlich außer ermäßigten Fahrpreisen 8- bis I4kägige Frist zur willkührlichen Benutzung der Züge zur Rück fahrt, auch Seiten der franz. Gesellschaft, welche die Strecke Bodenbach-Prag besitzt, nachgelassen wird. Auf geschehene Anfrage ist bis jetzt eine zusagende Antwort noch nicht zu erlangen gewesen und erst in ca. 8 Tagen eine definitive Entscheidung in Aussicht. Zittau, 19. Juli. Am 23. Juli begeht unsere Stabt die hundertjährige Gedachlnißfeier ihrer fast gänzlichen Einäscherung im Siebenjährigen Kriege. Die Größe beS ihr von der freundlichen kaiserlichen Armee, welcher die sächsische Reiterei unter Denkendorf erst vor wenigen Wochen wesentlich zum Siege bei Kollin geholfen hatte, bereiteten Unglücks, die, wenn nicht in obgewalteten Mißverständnissen zu suchende, unaufgeklärt gebliebene Motive zu der harten Maßregel der Einschließung, welche selbst von Friedrich dem Großen eine nutzlose Barbarei genannt worden sein soll, endlich die allgemeine Theilnahme an dem harten Schicksale der durch die Blüthe und weiteste Verzweigung ihres Handels vielbekannten schönen Stadt dürften deren Verwüstung über den Standpunkt eines bloS localen Interesses erheben und bei dem nahen Bevorstehen der Säcularfeier einen kurzen Rückblick dahin selbst in diesen Blättern recht fertigen. Die geschlagenen Preußen zogen sich nach dem Tage vor Kolli«, dem 18. Juni 1757, über Leitmerttz nach Sachsen, ein Thetl über Leipa in die Oberlausitz, wo sie große Magazine, namentlich bedeutende Mehlvorräthe in Zittau besaßen, welche gedeckt werden sollten. Den Preußen waren die Kaiserlichen unter Daun und Karl von Lothringen auf dem Fuße gefolgt und drangen, nachdem sie nach Zöstündigem Widerstande des Generals von Lestewitz am 15.Juli die böhmische Stadt Gabel genommen und viele Beute und Gefangene gemacht hatten, des hartnäckigen dreitägigen Widerstandes des preußischen Generals von Puttkammer ungeachtet durch die luckcndorfer Pässe und langten eher als daS feindliche Hauptheer vor Zittan an. Denn bereits am 17. Juli kam ihr Vortrab über daS Gebirge herunter, welchem in den beiden nächstfolgenden Tagen immer größere Massen nachfolgten. Auf der andern Seite kam nach großen Strapazen und erlittener Noth ui» Lebensmittel von Leipa über daS Gebirge bei Georgenthal und Rumburg die Avantgarde der sogenannten kleinern preußischen Armee. Die Kaiserlichen, welche mittlerweile am Frauen-Endethor ihre Batterien nach Süden hin hergerichtet hatten, ließen, ehe eine Beschießung der Stadt begann, dieselbe mehrmals, zuerst schon am 18. und Hann wiederholt am 22, Juli zur Uebcrgabeauffordcr», jedoch wurden ihre Anträge zurückgewiesen. Hierauf kamen am letztgedachien Tage kaiserliche Vorposten in die Vorstädte und Kroaten schosse« au« Häusern auf die Stadt, wahrend dieBatterien am Frauen kirchhofe und auf dem Sauplane, um die preußische Besatzung zum Abzüge zu veranlassen, zu spielen begannen. Leucht- und Gtückkugeln kamen in den Abendstunden geflogen, ja gegen 10 Uhr zeigten sich schon einige brennende Granate» und erst um Mitternacht war in der Stadt einige Ruhe. Obschon daS anbrechende Tageslicht des verhängnißreichen 23. Juli unter schiedlichen, durch die Kugeln an den Dächern angerichteten Schaden zeigte, so vermuthete man doch nur, daß manjetzt durch Beschießung der Thore und Mauern den preußischen Comman- danten, Oberst v. Diericke, und seine wenige Mannschaft zur Uebergabe veranlassen wolle, Niemand aber fürchtete, daß die Stadt selbst eingeäschert werden würde. Die Beschießung der selben begann indessen bereits Vormittag», und rS flogen die Kugeln in größter Menge bis auf den Abend in die unglückliche Stadt, wo der ansehnlichste Theil derselben nur noch ein rauchen der Schutthaufen und jeder Abgebrannte um so unglücklicher war, al» weder etwas gerettet, noch im voraus etwas geborgen worden war, da ein solcher AuSgang außer aller Vermuthung lag. In der That warendie Umstände sehr eigenthümlich. Die schonungs los Beschießenden waren Verbündete der Sachsen, in ihrem Lager befanden sich zwei sächsische junge Prinzen, Xaver und Karl; die Preußen sahen aus ihrem Lager bet Herwigödorf, einem eine Viertelstunde westlich von der Stadt gelegene« Dorfe, dieser Einäscherung ruhig zu. Die zwei Batterien zwischen dem Frauen- und Böhmischen Endethor feuerten au» 32 Kanonen und 10 Granaten werfenden Haubitzen kreuzweise auf die Stadt, und zwar so, daß immer auf drei Haubitzgranaten eine ange glühte Kugel und dann zwei bis drei gemeine Kanonenkugeln folgten, wie später ein kaiserlicher Offizier selbst erzählt hat. Nachdem bereits früh gegen 10 Uhr die auf einen Kanonenschuß folgenden zwei Bomben den auf der Neustgdt gelegenen Gasthof zum Stern in Brand gesetzt hatten, und in einer Viertelstunde später neun Feuer aufgegangcn waren, mußte das Löschen gleich anfangs aufgegcben werden. Der Hauptgegenstand der Ver nichtung war die schöne JohanniSkirche, auf welche an 4000 Stückkugeln, Carcassen und Haubitzgranaden nebst einigen Feuer kugeln und Pechkränzen aus den genannten beiden Batterien geschleudert worden sein sollen, sodaß daS Gewölbe nach wenigen Stunden und der südliche Thurm mit den Glocken des Nacht» unter furchtbarem Krachen zusammenstürztr. DerCommandant v. Diericke soll den Kaiserlichen die Meinung beigebracht Haden, als ob 4000 Bürger und Bauern bewaffnet mit der Besatzung gegen sie kämpfen würden. Wenn nun schon die Vorstädter gegen die kaiserlichen Offiziere mit Wahrheit das Gegentheil versichert hatten, so mochte doch einiges Mißtrauen zurückgeblie ben und dasselbe durch eine unglückseligc Maßregel de» damaligen, allerdings nur seiner Instruction folgenden JohanniSthürmerS neu angefacht und bis zur Erbitterung gesteigert worden sein. Derselbe hatte nämlich die Verpflichtung, bei Feuersbrünsten eine rothe Fahne nach der Richtung, wo er dergleichen wahrge nommen, als Signal aufzustecken; dieser Weisung war der Thürmer auch jetzt, wo die Fener infolge deS Bombardement entstanden, überflüssigerweise nachgegangen, und eS soll dies, so wie das ebenfalls für die gedachten Vorkommnisse angeordnete Sturmläuten als ein feindseliges und von den Preußen ange- ordneteS Trotzzeichen angesehen worden sein. Dies sowie viel leicht der Umstand, daß wenige Wochen vorher von den Preußen gerade am FronleichnamStage auf die Kirchen, namentlich aus die Hauptkirche Prags, am heftigsten und schonungsloseste« ge feuert worden war, dürfte den besonder« Eifer bei der Zerstör ung der hiesigen Hauptkirche als eine geübte Revanche erklärlich machen. Der letzte Schlag, v den die Thurmuhr vor ihrem Herabsturz hat thun können, ist Nacht um 1l Uhr gewesen, weshalb man nach dem großen Zwischenraum von 80Jahr«n am