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53 Weißeritz-ZMung Freitag. Erschtint Dienstag- und FireltagS. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. lO Ngr. 10 Juli 1857 Inserate, werden mit 8 Pfg. für Vie Zeile berechnet und in allen Expeditione« angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Sandmann. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. SSSSSSSSiSSSS—SS——SSSi-S-' - -s 1 ,1,1 k — Schweden und Dänemark. Der Norden Europa'- verspricht in Kurzem interessant zu werden. ES scheint, als wollten auf einmal zwei Kö- nig« dem Throne den Rücken drehen. Der König von Schweden kann beim besten Willen nicht mehr für gesund auSgegeben werden, und der König von Dänemark legt seine Neigung, sich von dem sorgevollen und dornenreichen Throne in das Privatleben zurückzuzichen, so unverkenn bar an den Tag, daß es selbst der officiellen Presse in Kopenhagen schwer wird, dies zu ignoriren. Diese beiden Thronwechsel würden mehr sein, als solche Vorgänge in den höchsten Regionen der Mittelstaaten gewöhnlich find. Von dem Thronwechsel in Schweden gilt dieses Urtheil zwar nicht an und für sich, aber er bekommt eine größere Bedeutung durch die nahen Be ziehungen dieses Landes zu Dänemark. Der dänische Thronwechsel dagegen nimmt die Aufmerksamkeit Deutsch lands im Voraus in Anspruch; denn wenn in einem Gebäude Manches faul ist, so genügt, wie Jeder weiß, der kleinste Anstoß, um einen Einsturz zu veranlassen. Der König von Dänemark Friedrich VII. hat von jeher mehr Neigung zu einem gemüthlichen Privatmanne gehabt, als zum sorgenvollen Herrscherberuse, und gerade die Ereignisse der letzten Jahre der dänischen Geschichte waren nicht darnach angethan, ihm seinen Sitz aus dem dänischen Throne besonders behaglich zu machen. Schon oft ist in den Zeitungen davon die Rede gewesen, daß er der Regierung entsagen werde. Da es aber gar nicht unmöglich ist, daß seine Frau Gemahlin, die Gräfin Danner, auch ihren Beirat in dieser Frage mit abgiebt, so kann diese Dame ihrem Herrn Gemahl Muth einge flößt haben, den Thron noch zu behalten, der neben man chen bittern Erfahrungen doch auch viel Angenehmes und Vortheilhaftes hat. Der Gräfin Danner ist nun . ein recht hübsches Auskommen für alle Zukunft gesichert; die Zeiten werden jetzt unangenehm, seitdem Preußen und Oesterreich drohen, die holsteinische Frage vor den deutschen Bund zu bringen. ES ist nicht unmöglich, daß nun die Gräfin ihren Gemahl bittet, die Regierungsge- schäfte abzugeben. WaS der König beschließen wird, läßt sich nicht mit Bestimmtheit Voraussagen. Nehmen wir einmal den Fall, der König entscheide sich für das Privat leben, er habe Lust sich einmal mü seiner Frau Gemahlin Paris anzusehen, was wird dann? Die legitime Erb folge wird deshalb noch nicht unterbrochen und das unge rechte Londoner Protokoll, zu dem Preußen und Oesterreich heute wohl schwerlich ihre Einwilligung geben würden, tritt dann noch nicht in Wirksamkeit, dann besteigt erst der Onkel des jetzigen Königs, der Erbprinz Ferdinand, der schon 6S Jahre gezählt, und der nach menschlicher Berechnung nicht eine zu lange Reihe von Jahren regieren wird, den dänischen Thron. Aber seine politischen An, sichten find nicht die des jetzigen Königs; ihm steht nicht ein weiblicher Schutzengel zur Seit«, der ihm im ent scheidenden Augenblicke räth, „sich in die Arme des Volks zu werfen" —; er ist ein gemäßigter Absolutist Yon altem Schrot und Korn und mag von der „Volksstichme" nicht viel wissen. — Er hat seiner Zeit gegen die Gesämmtvn- sassung. welche Dänemark mit Schleswig-Holstein verschmel zen sollte, entschieden Opposition gemacht. Im Artikel 5 der „Gesammtverfaffung", welche bestimmt: die Regie rung wird nach einem Thronwechsel so lange von dem Ministerium geführt, bis der neue König die Verfassung beschworen hat, — in dieser Bestimmung sah der Kronprinz eine Verletzung des monarchischen Prinzips, und er weigerte sich daher, diese „Gesammtverfaffung" zu unterzeichnen, er gab lieber seinen Posten und seinen Gehalt als Gene- ralcommandeur auf, — aber nur für eine Zeitlang, denn bald darauf wurde der Familienzwist beigelegt, und der Erbprinz sand für gut, die Gesammtverfaffung zu unter zeichnen. Jndeß hat man doch aus diesem Vorgänge die eigentliche Richtung gesehen, welche der Kronprinz verfolgt; er mag von dem Einflüsse der Demokratie in Dänemark nichts wissen. Wenn er zur Königswürde gelangt, so werden sich zwischen ihm und der Demokratienn Dänemark bald Differenzen erheben. Nun find zwar innere Differen zen in Dänemark gar nichts Neues, aber sie können doch mit der Zeit gefährlich werden. Mit dieser Anschauung von der Regierungsform des Staates hängt die Frage der unglücklichen Herzogthümer genau zusammen. ES ist auffallend genug, je liberaler und demokratischer ein Däne ist, desto tyrannischer ist er gegen die Herzogthümer, denn die dänischen Liberalen, welche für den Gesammtstaat schwärmen, wollen um jeden Preis Schleswig und Hol stein bei Dänemark erhalten, wenn auch darüber Hunderte von deutschgesinnten Predigern, Lehrern und andern Beamten abgeßetzt und in's Elend verwiesen werden. Es könnte also leicht, sein, daß der Erbprinz als König mehr Unum- schränktheit für das Königtum verlangte und daß er Schleswig-Holstein wieder einige Rechte Für ihr Land be willigte. Das Eine wie das Andere würde aber dem demokratischen Reichstage in Kopenhagen gleichbedeutend mit „Hochverrat" sein. Wie unter solchen Verhältnissen die Dinge in Dänemark sich ruhig zu einer Festigkeit und B«ständigkeit,gestalten sollen, ist nicht abzusehen; der Gäh- rungS- und Auflösungsprozeß wird sich fortsetzen und be schleunigen. Dazu bringt der nicht mehr ferne Thronwechsel in Schweden ein neues GährungSmittel hinzu. In Schweden und Norwegen ist die Idee verbreitet, diese beiden Königreiche und Dänemark, welche drei zu- sammen zu ein und demselben Volksstamme gehören, müß- ten sich vereinigen, sie müßten unter dieser Vereinigung eine starke Macht des Nordens bilden. Man nennt diese VereinigungSidee den „ScandinariSmuS." Bon Setten dieser Länder angesehen, ist dieser Ge dankt des engern AnschließenS aller drei Länder gar nicht