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- .. /reitag. 45 12. Juni 1857. Erscheint Dienstags M Lr^ Wß^rke^ il alle Postanstal- ten. Preis pro / Quart. ISNgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt Verantwortlicher Redacteur: Carl Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Am Sonntag Nachmittag gegen 3 Uhr ist in unserer Nähe, besonders aber in Luchau und in Röthenbach, eine, wenn auch nur Secunden dauernde Erderschütterung wahr genommen worden. Daö Gerücht von dem Aufstiegen der Pulvermühle in Freiberg, welches die wahrge nommenen Bewegungen hervorgerufen haben solle, er weist sich als falsch. Dagegen bringen die neuesten Zeitungen aus mehreren Gegenden unseres Vaterlandes fast gleichlautende Berichte über Erderschütterungen, die um die oben angegebene Zeit wahrgenommen wor den sind. So z. B. in Hohnstein, Freiberg, Chemnitz, Annaberg, Jöhstadt, Eibenstock, Grünhain, Lößnitz, Taucha, Zwönitz, Waldheim, Mittweida,, Lengenfeld, Zwickau, Reichenbach. Auch in Dresden und Leipzig wollen Mehrere um dieselbe Zeit eine ähnliche Er schütterung verspürt haben. Dennoch bringt vernünftiger Weise Niemand dieses Ereigniß mit dem auf den 13. Juni prophezeihten „Untergang der Welt" in Ver bindung. — In Thüringen ist die Bewegung gleich falls bemerkt worden, so in Weida und Gera. In der Schweiz, wo bekanntlich schon, voriges Jahr sehr heftige Erderschütterungen vorkamen, sind dieselben im Mai ebenfalls wieder aufgetreten. Hermödorf bei Frauenstein, 7. Juni. Heute wurde bei fast überfüllter Kirche die hohen OrteS angeordnete Kirchenvisitation abgehalten. Ein eigen- thümlicheS Ereigniß bildete die Nachmittags während der Ansprache des Assistenten stattfindende bedeutende Erschütterung des Gotteshauses. Da wir den Herr- lichsten Sonnenschein und übrigens fast gänzliche Windstille hatten, so mußte diese plötzliche Erschütte rung um so mehr auffallen. Man vermuthere sofort einen Erdstoß, zumal in den umliegenden Dörfern zu gleicher Zeit dieselbe Erschütterung wahrgenowmcn worden ist. Das Schlimmste bei der ganzen Sache ist, daß der 13. Juni, als der von wirren Köpfen zum Untergange der Erde bestimmte Tag, nahe ist. Selbst Leute, die. früher über den ganzen Unsinn lachten, werden jetzt ernst und sprechen von Anzeichen und Vorgängen, die den Untergang vorbereiten. Nichts ist schwerer, als ungebildeten Leuten den Aberglauben zu nehmen, zumal wenn sie denselben aus Büchern geschöpft haben. Dresden. Die S. Const. Zeit, vom 7. Juni ent hält ein „erbauliches Geschichtchen" von einem jungen Menschen auö Glauchau, der im Mai d. I. nach Sonderburg in Schleswig reiste, um bei einem dor tigen Drechslermstr. in die Lehre zu treten. Der Stadt rath in Glauchau hatte den Paß desselben nachBonder- burg in „Schleswig-Holstein" visirt, und eS erhielt Inserate -- werden mit Expeditionen angenommen, für den Bürger und Landmann. Jehne in Dippoldiswalde. der junge Mann bei seiner Ankunft zu seinem nicht geringen Erstaunen die Weisung, sofort Sonderburg wieder zu verlassen und nach seiner Heimath zurück zukehren. Alle Mühe, den Bürgermeister in Sonder burg zu einer mildern Resolution zu bewegen, war vergebens. Der Paß des jungen Mannes wurde con- siScirt und ihm ein ZwangSpaß dafür ausgestellt, welcher also lautete: Da der Drechslerlehrling L. I. aus Glauchau im König reich Sachsen mit einem von dem Stadtrath in Glauchau den v. d. M ausgestellten Reisepaß auf hier gekommen ist, in welchem als sein Bestimmungsort angegeben ist: Sonderburg in Schleswig-Holstein, und da weder in der dänischen Monarchie noch in dem übrigen Europa irgend ein LandeStheil ertstirt, welcher Schleswig-Holstein genannt wird oder genannt werde» kann, so ist der genannte Paß als ungesetzlich ihm abgenommen, und ist der Paßinhabcr deßhalb in Uebereinstimmnng mit dem Circular von dem Königlichen Ministerium für daS_Herzoathum Schleswig vom 10. Juni 1850 beordert worden, sich auf dem nächsten Wege olme Aufenthalt nach seiner Heimath Glauchau im Königreich Sachsen zu begeben; von hier pasfirt er nach Flensburg. Auch ist ihm auferlegt worden, diesen Zwang-Paß der königl Polizeikammer in Flensburg, auch sämmtlichen übri gen Polizeibehörden, durch deren District er passtrt, vorzuzeigeo. Die königl. Polizeikammer in Sonderburg, 17. Mai 1857. (gez.) Hilmar Finscn. Erst in Hamburg erhielt der junge Mann durch Vermittelung deS dasigen sächsischen Konsuls von der dortigen Polizei einen andern Paß nach „Sonderburg in Dänemark" und fand darciuf willige Annahme. Leipzig. Ueber das (in vor. Nr. d. Bl. schon kurz erwähnte) Feuer auf dem Bahnhofe der Leipzig- Dresdener Eisenbahn erfährt man jetzt Folgendes: Vor 5 Uhr früh brach dasselbe in dem rechts der Ab fahrt gelegenen, 150 Schritt langen Gebäude aus, in welchem der Güterboden, das Hauptbureau, das Controlebureau, die Hauptcaffe, drei Wohnungen für Beamte und das Telegraphenbureau sich befinden. Das Feuer scheint während der Nacht im Güterboden (wahr scheinlich durch Selbstentzündung vielleicht von Schwe felhölzchen-Kisten) entstanden zu sein, es verbreitete sich beim Durchbruch rasend schnell über das ganze Gebäude. Die Bewohner haben außer dem Leben auch gar nichts gerettet; die wichtigsten Bücher und Papiere sind in Sicherheit gebracht; die Kaffe ist durch feuerfeste Behältnisse geschützt. Um '/2IO Uhr war man des Feuers Herr. Die Gluth war so stark, daß mehrere nahestehende Güter- und Personenwagen nicht mehr fortgeschafft werden konnten und mit verbrannten. Das Gesellschafts-Eigentbum ist versichert. Wie hoch sich der durch Verbrennung der aufgespeicherten Güter angerichtete Schaden belaufen mag, läßt sich noch nicht ermessen; derselbe kann jedoch nicht unbedeutend sein, da wegen deö Sonntages, an welchem Güter nicht auSgeliefert worden sind, deren eine große An- , zahl angehäuft war. Die Personenzüge sind während