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Freitag. ^,^2. 29. Mai 1857. Weißeritz-Zeilung Erscheint Di/nstag« und Freitag«. Zk beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. lvNgr. Inserate werde« mit 8 Psg. für die Zeile berechnet und in allen Expeditioum angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt Mr den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redactenr: Carl IvH ne in Dippoldiswalde. TqgeSgeschichte. Reinhardsgrimma. Für die Mitglieder des Ver eins der Gustav-Adolf-Stiftung dürfte eine kurze Mit- rheilung über daS, waS am vergangenen Himmelfahrts feste, den 21. Mai, geschehen, nicht ohne besonderes Jnieresse sein. An genanntem Tage nämlich empfing zu Kommotau in Böhmen die hauptsächlich auS milden Gaben gedachter Stiftung errichtete evange lische Kirche ihre feierliche Weihe. Dem gedruckten Programme gemäß versammelten sich die Festgenossm im alten Betsaale und sangen zunächst aus dem Dresdener Gesangbuche Nr. 494, Vers 3,' woraus Pastor Stichart aus Reinhardsgrimma, welcher früher wiederholt in diesem Saale gepredigt und Abendmahl gehalten hatte, in einer Ansprache den Gefühlen Aus druck gab, welche beim Abschiede von dieser Stätte sich regten. Hierauf trat Superintendent Franz auS Annaberg auf und überreichte die von Mitgliedern des Zweigvereines zu Annaberg und Buchholz dargebrachlen Geschenke (einen werthvollen silbernen und vergoldeten Kelch nebst Patene und eine prachtvolle Altarbibel) unter entsprechenden Worten und endete mit Geber und Segen, woran sich der Gesang des 3. Verses auS dem Liede Nr. 504 schloß. Nun begann der Aus zug der Festversammlung nach dem neuen GotteShause auf der mit Tausenden von katholischen Mitchristen bedeckten Straße. Voraus schritten die beiden Vorstände der Gemeinde, Leupold Md Bauer, mit brennenden Altarkerzen, dann der OrtSgeistliche, Pastor Lumnitzer auS Teplitz, mit dem Crucifir, dann die Pastoren Stichart, und Hacker auS Elterlein mit den Altarkelchen, endlich Superintendent Franz, und P. Lechla auS Tbum, den Senior Benesch aus Prag in der Mitte, mit Aliarkanne, Patene, Agende und Bibelbuch. Hieran schlossen sich die Glieder der dasigen evangelischen Gemeinde, die Vorstände der evangelischen Gemeinde zu Teplitz und die zahlreich auS Sachsen und sonst herbeigekommenen Gäste beiderlei Geschlechtes. Bei dem äußerst geschmackvollen und würdigen neuen Kirchlein, mit Thurm und zwei Glocken, an gekommen, sang die Versammlung unter freiem Himmel daS Lied Nr. 495. Hierauf hielt der in Vertretung des erkrankten Superint.Kristufeck in Oppatowi'tz erschienene Senior Benesch auS Prag eine längere Rede, an welche sich die Einweihung der Glocken anschloß, worauf die selben ihre klangreiche Stimme zum ersten Male ertönen ließen. Nun entnahm der Baumeister den von einer evangelischen Jungfrau auf einem Kissen dem Zuge vorangetragcnen Schlüssel zum GotteShause, um ihn dem gedachten Herrn Senior zu Übergaben, der alsbald die Pforte deS neuen Tempels erschloß. Hier wurden die Eingetretenen, soweit sie der > ——S— beschränkte Raum aufnehmen konnte, von sanften Orgeltönen empfangen, und dann daS Lied Nr. 41 angestimmt. Alsdann vollzogen die genannten Geist lichen abwechselnd die Vorlesung zuerst der auf die Kirchweihe und dann der auf das Himmelfahrtsfest bezüglichen Abschnitte der heil. Schrift (die Psalmen 96. 84. 122. 15, und die Stellen I.B. d. Könige 8., Offenbar. Johann. 21, 1 — 5., LukaS 19, 1—10., Marc. 16, 14 — 20.) Die ergreifende Weihrede vor dem mir einem, die Himmelfahrt Christi darstellenden Oelgemälde (von Prof. Jäger zu Leipzig) gezierten Altäre hielt der Senior Benesch aus Prag, und nach Vollendung deS WeiheacleS ertönte daS Lied Nr. 494 V. I. u. 2. Nachdem hierauf P. Lumnitzer daAevange lische GlaubenSbekenntniß gesprochen und aus bem Liede Nr^ 262 V. 1—3 von der Gemeinde gesungen, bestieg der ebengedachte Geistliche die Kanzel und hielt über die HimmelfahrtSfest-Eptstel eine gediegene, glau- benSvolle Predigt, in welcher er daS Fest der Himmel fahrt des Herrn und daS der Kirchweihe in Verbin dung setzte. Nach dem Gesänge von VerS 4 auS Nr. 262 hielt der ebengedachte Geistliche die Beichtrede und spendete bann in Gemeinschaft mit Pastor Stichart an 43 evangelische Gemeindeglieder das heilige Abend mahl. Nachdem Senior Benesch ein inniges Schluß gebet und den Segen gesprochen hatte, sang die Ge meinde auS vollem Herzen aus dem Liede Nr. 53. den ersten VerS, womit Vie erhebende, fast vierstündige kirchliche Feier schloß. — Auch daS ferne Ausländ hatte an der Freude des TageS sich bethciligt, indem an demselben ein beglückwünschendes Schreiben aus Dänemark (von dem Vorstande deS Hamburger Haupt- vereineS der Gustav-Adolf-Stiftung) anlangte. Gegen 2 Uhr vereinte im Gasthause zum Adler die Mittagstafel gegen 90 Festgenossen, denen sich auch mehre katholische Mitchristen beiderlei Geschlechtes angeschlossen hatten. ES war in der That ein herrlicher Tag, sonnig und wonnig in der Natur und im Herzen! Möge der Herr der Kirche reichen Segen auf ihn legen! Möge aber auch die Liebe der Mitglieder deS Gustav-Adolf« Vereins gegen diese junge opferwillige Gemeinde nicht erkalten, sondern fort und fort, und wo möglich recht bald, sich auf'S Neue beihätigen. Denn leider lastet auf der armen Gemeinde in Folge dieses nach höherer Vorschrift auSgeführten BaueS noch eine Schuld von zwei tausend Gulden, während das durch freiwillige Beiträge der Gemeindeglieder selbst angekaufte Altar gemälde gleichfalls noch nicht völlig bezahlt ist. Damit also diese, trotz aller Hindernisse, glaubenS- treue Gemeinde frei von drückender Sorge in dem neuen Tempel den Herrn loben könne, so lasset ttnS nicht müde werden, an ihr Gutes zu thun, und wer