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Freitag. ^§13 13. Februar 1857. Erscheint SÄ«»- ) Dienstags und M <A M «vn^B i U.sWeißerü;-Ieituna.^r- >en. Preis pro E,pet»itj»nen Quart. lONgr. ang«»«»mru. r Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger «nd Sandmann. ' Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Jehne in DippuldiSwTlde. WMMB—W»W«M—MM-WMMWW-W-WW—WWWW-WWW»-—WWMW-WWW»«W»WW-W-WWM-WWWWWWHWW»»»-SS^ Der Entwurf zur Gewerbeordnung für das Königreich Sachsen. i DaS Königliche Ministerium deS Innern hat auf Allerhöchste Anordnung einen Entwurf der Gewerbeordnung veröffentlicht, damit er der Beurtheilung der betheiligten Kreise der Bevölkerung unterbreitet werden soll, um dann vor der Vorlage an die Ständeversammlung, nochmaliger Berathung und endlicher definitiver Feststellung zu unter« liegen. Vielleicht bei keinem Gegenstände der Gesetzgebung haben die betheiligten Volkskreise so vielfache Gelegenheit gehabt und auch benutzt, ihre Ansichten und Wünscht zur Geltung zu bringen, daß voraussichtlich auch die von der Regierung gebotene Gelegenheit, am Vorabend einer neuen Gesetzgebung den Herzen Luft zu machen, nicht versäumt werden wird. Der Entwurf ist durch die Presse in die Oeffentlichkett gelangt und wird auch der Beurtheilung der Presse unterliegen. Wenn wir selbst die Presse be nutzen, um über diesen wichtigen Gegenstand zu sprechen, so wollen wir zuvörderst erklären, daß eS vorläufig nicht unsere Absicht ist., eine Kritik des Entwurfs zu liefern, sondern daß es unsere Aufgabe jetzt ist, die in dem Ent würfe angenommenen Grundsätze zur weitern Kenntniß derjenigen Leser, die die Ausgabe deS Ankaufspreises von sechzehn Neugroschen, sowie das Durchstudieren deS 217 Seiten enthaltenden Buches scheuen, zu bringen. Alle Theile der Bevölkerung, sie mögen zn der pro- ducirenden oder zu der eonsumirtnden Klaffe gehören, sind längst darüber einverstanden, daß der Gewerbsgesetzgebung, dir jetzt auf Polizeiverordnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert beruht und in der neuesten Zeit nur durch das Gesetz vom 9. October 1840, den Gewerbbetrieb auf dem Lande betr., berührt worden ist, einer gründlichen Reform bedarf. Niemand wird sich dabei aber verhehlen, daß bei den vielfach auseinandergehenden, ost sich schroff entgegen stehenden Ansichten darüber dieser Gegenstand der Gesetzgebung einer der schwierigsten ist, die existiren. Eine große Anzahl der Gewerbtreibenden hofft allein von der Gesetzgebung Abhülfe ihrer Klagen und Beschwerden, und läßt es sich nicht, nehmen, daß von dem Tage, wo die alte schroffe Gewerbseinrichtung mit ihren streng ge zogenen Grenzen und VerbietungSrcchten wieder in das Leben tritt, ihr Heil datirt. Wir wollen hier sofort be merken, daß diese Ansicht in dem Entwurf keine Beachtung findet rznd diese Classe der Gewerbtreibenden in ihren Hoffnungen sich getäuscht finden wird. Zu deren Trost wollen wir aber zugleich die Bemerkung beifügen: daß von der so viel gefürchteten und so sehr verfeindeten Gewerbfreiheit der Entwurf, was die Zunftgewerbe be trifft, gänzlich absieht, vielmehr noch ein zweites Feld für Verbietungsrechte und Einschränkung der Arbeitsgebiete offen bleibt. Der Entwurf erklärt sich weder für die Gewerbsreibeit, noch für Beibehaltung de- Zunftwesens, sondern schlägt einen dritten Weg ei», der ,,mit Entschiedenheit nur dich Vorzüge beider Systeme in sich vereinige» soll." Eg «irh nämlich in demselben der Versuch gemacht, bei möglichst fester, nicht freiwilliger und auch über den arößtm Theil der jetzt ohne alle Organisation betriebene» GewerbSzweige auSzudehnender eorporativer Organisation der Gewerbe treibenden, bei thunlichst fester Regelung de- BtrhäÜuiffe- zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, namentlich in Bezug aus die UnterstützungSpsticht in Fällen der Krank heit und ArbeitSlofigkeit, bei möglichster Herstellung riuer Selbstregierung unter den Gewerbtreibenden «ach ihre« eignen Satzungen durch eigne Organe, doch andererseits die der technischen Entwickelung der Hilfsmittel durch de» Einzelnen entgegenstehenden Schranken und HiudtrntAk thunlichst zu beseitigen und so die Freiheit mit der Ge bundenheit in einer dem entwickelten Zustande der LechuS und der Concurrenz sowohl, als den Forderungen eine- geregelten StaatSlebenS entsprechenden Weise zu vereinigen. Die leitenden Grundsätze dieses gemischten System- werden in den Motiven dahin formulirt: Erhaltung, möglichste Ausdehnung über alle Gewerbe und kräftige Ausbildung de- korporativen Wesens unter den Gewerbtreibenden behufs Erhaltung und Kräftigung des Standes und Beschaffung der Grundlage für gemein-, nützige, den Gewerbsgenoffen förderliche und di« Gemeinde erleichternde Institute, aber andererseits formelle uyh pecuniär« Erleichterung des Eintritts in die Korporativ»««, thuulichste Freiheit in Wahl und Wechsel des Berufs und in der Verwendung der Arbeitskräfte und möglichste Beseitigung der der technischen Vollendung der Producte entgegenstehenden Beschränkungen. Nach diesen obersten Grundsätzen wird nun Vieles aus der bestehenden Ver fassung der Gewerbe in Sachsen als veraltet und unzweck mäßig beseitigt uud an dessen Stelle Neues zur Ausfüllung der Lücken gesetzt. Wie diese Grundsätze des Entwurfs zur Ausführung gekommen sind, wird am leichtesten ein« kurze Darstellung des Entwurfs darthun, und es soll nun in einzelnen Ar tikeln der Inhalt anschaulich gemacht werden. Der Entwurf sieht mit Recht von einer erschöpfenden Definition des Begriffs von Gewerbe ab, sondern schließt nur alle Arten des Erwerbs, auf welche der Begriff des Gewerbes im Sinne der Gewerbeordnung nicht Anwendung leiden soll, auS. Diese sind: die Ausübung der advokatorischen Praxis und der Notariatspraxis und das dabei thätige Hilfspersonal; die Ausübung der Heilkunde (in der Privatpraxis sowohl, als in Privatheilanstalten), das Apolhekerwesen