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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. .V 280. Diese« Blatt erscheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich Abend« und ist dnrch alle Postanftaltrn zu beziehen. Freitag, den 2. Deeember. Prei« für da« Vierteljahr Thaler. Insertion« »Sebähren für de» Raum einer gespaltenen Zelle 1 Rragroschen. 1853 Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die von der k. k. österreichischen Regierung wegen der Strafbestimmungen für Uebertreter der Zollgesetze der Staaten des deutschen Zollverein- erlassene Verordnung betreffend, vom 17. November 1853. Nachdem die k. k. österreichisch« Regierung durch Ver- ordnung vom 24. Oktober dies,« Jahre«, die in dem Oester- reichischen Kaiserstaat zur Anwendung kommenden Straf bestimmungen für Uebertretung der Zollgesetze der Staaten de- deutschen Zollverein« festgesetzt hat, so wird diese Ver ordnung, mit Beifügung eine« Verzeichnisse« derjenigen Ge genstände, deren Einfuhr, oder Ein- und Durchfuhr in dem allgemeinen österreichischen Zollgebiete untersagt, oder nur gegen besondere Bewilligung gestattet ist, nachfolgend zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 17. November 1853 Finanz-Ministerium. Behr. Schäfer. Verordnung der Ministerien de« Aeußern, der Justiz und der Finanzen vom 24. Oktober 1853, womit in Folg« allerhöchster Ent schließung vom 30. September 1853 Strafbestimmungen für Uebertretungen der Zollgesetze der Staaten de« deutschen Zollverein« festgesetzt werden. Zur Vollziehung de« mit Preußen und den übrigen Staaten de« deutschen Zollverein- abgeschlossenen Handel«- und Aollvertrage« vom 19. Februar 1853 und de« demselben beigrfügtrn Aoll-Cartel« (ReichSqesetzblatt für da« Jahr 1853 Stückl-XVIIl Nr.207) haben Sein, k.k. apostolisch,Majestät mit allerhöchster Entschließung vom 30. September 1853 folgende Anordnungen zu genehmigen geruht, welche vom 1. Jänner 1854 in Wirksamkeit treten. §. 1.- Die Uebertretung der Ein-, Au«- und Durchgangs- Abgaben - Gesetz, der Staaten de« deutschen Zollverein«, worunter auch die Ein-, Au«- und Durchfuhrverbote ver standen sind, ist nicht allein den Angehörigen de« österrei chischen Kaiserstaat««, sondern auch allen denjenigen, welche in dessen Gebiete einen vorübergehenden Wohnsitz haben, oder auch nur augenblicklich sich befinden, unter den im §. 2 und 3 enthaltenen Strafen verboten. §. s. Wer »S unternimmt, Gegenstände, deren Ein-, AuS- oder Durchfuhr in den Staaten de« deutschen Zollverein verboten ist, diesem Verbote zuwider ein-, auS- ober durch- zuführen, hat dieselbe Vermögen-strafe verwirkt, welch, nach den in den österreichischen Kronländern bestehenden Gesetzen und Vorschriften für die Uebertretungen ähnlicher Verbote festgesetzt ist. §. 3. Wer e- unternimmt, den Staaten de« deutschen Zoll verein« die Ein-, Au«- oder DurchzugSabgaben zu ent ziehen, unterliegt einer Vermögensstraf,, welche nach den selben Grundsätzen zu bemessen ist, wornach in den Ländern der österreichischen Monarchie jene Uebertretungen der in denselben bestehenden Zollgesetze und Vorschriften zu ahnden sind, wodurch die Ein-, Au«- oder Durchfuhrzölle verkürzt oder der Gefahr der Verkürzung auSgesetzt werden. Der Strafbetrag ist jedoch, soweit derselbe gesetzlich nach dem entzogenen Adgabend,trage sich richlet, nach dem Tarife der deutschen Zollvrrein-staaten zu bemessen. § 4. Wer in anderer al« der unter §. 2 und 3 erwähnten Art die Zollgesetze der Staaten de« deutschen Zollverein« übertritt, hat wegen dieser Uebertretung ein, Ordnungsstrafe von zwei bi« fünfzehn Gulden verwirkt. §. 5. Stellt sich die den Verurtheilten treffende Vermögens strafe nach den bestehenden Gesetzen al- uneinbringlich dar, so ist statt deS nicht eingebrachten Betrages Arreststrafe zu verhängen, welche jedoch die Dauer von Einem Jahre nicht übersteigen darf. Mit Festhaltung dieses Grundsatzes hat in den Kronländern, in welchen daS Strafgesetz über GefällS- üdertretungen vom Jahre 1835 schon jetzt in Wirksamkeit steht, di» Umwandlung der Vermögensstrafe in Arrest nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, in den übrigen Ländern deS Reiches aber nach den Anordnungen der in jenen Län dern geltenden allgemeinen Strafgesetze über Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen staltzufinden. S- 6. Die Untersuchung und Bestrafung von Verletzungen der Zollgesetze der Staaten de-AöWdereinS erfolgt über Antrag einer zuständigen Behörde dieser letzteren durch dieselben Behörden und in denselben Formen, wie die Untersuchung undBestrafung der Uebertretungen, welche gegen die in den österreichischen Kronländern in Wirksamkeit stehenden Zollgesetze gerichtet sind. Wird der Uebertreter in der Vollbringung oder in dem Versuche der Uebertretung angehalten, so hat die Be hörde d,S Bezirkes, in welchem die Anhaltung statt fand, daS Strafverfahren nach den daselbst geltenden Gesetzen zu pflegen. — Gegen einen Beschuldigten, welcher nicht in diesem Falle ist, soll daS Verfahren von jener Behörde gepflogen werden, in deren Bezirke derselbe seinen dauernden Wohnsitz hat, oder wenn er sich zeitlich an einem davon entfernten Orte aufhält, von der Behörde desjenigen Be zirkes, wo er sich bet dem Beginne der Untersuchung be findet. — Bei Ausländern hat dir Behörde ihres einst weiligen Aufenthaltsorte« eltzruschreiten. Die Ministerien der Justiz und der Finanzen werden die näheren Bestimmungen über die Vollziehung dieser An ordnung mit Rücksicht auf die einzelnen Bestimmungen de« Zoll-CartelS erlassen. Verzeichnis jener Gegenstände, deren Einfuhr oder Ein- und Durchfuhr in dem allgemeinen österreichischen Zollgebiete untersagt oder nur gegen besondere Bewilligung gestattet ist: 1) Kochsalz. r 2) Schießpulver. > 3) Tabak roh und Tabakfabrikate. / 4) Getrocknetes Obst, wenn es mit, Farben bestrichen oder verziert ist. l 5) Grünlich goldschillerndeS Eß-undl Kinderspielerei-Geschirr. in der Ein- und Durch fuhr verboten. aus SanilätS - Rück sichten in der Einfuhr verboten. 6) Waffen- und Waffenbestandlheile dürfen dermal nur gegen vorläufige Bewilligung ein - oder durchgeführt werden. 7) Arzneiwaaren, zudereitete, auch wenn sie dem Zolle als Parfümerie - Maaren unterliegen, sind nur Apo thekern unbedingt einzuführen erlaubt; Privatpersonen bedürfen der Erlaubniß der oberen Medicinalbehörde des KronlandeS oder KreiscS ihres Wohnsitzes; kleine Mengen, welche Reisende zum eigenen Gebrauche mit führen oder Grenzbewohner gegen Recepte bekannter Aerzte auS benachbarten Apotheken holen, unterliegen dieser Beschränkung nicht. 8) Schminke, weiße; zu deren Einfuhr ist aus SanitätS- Rücksichten eine besondere Bewilligung erforderlich. 9) Knallsäure, Knallgold, Knallsilber, Schießbaumwolle und alle nicht besonders benannte explodirende Stoffe sind aus Sicherheits-Rücksichten in der Ein« und - Durchfuhr verboten. Dresden, 1. Deremder. Ihre Königl. Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Nemours sind heut« früh nach Eisenach abgerrist. Nichtamtlicher Theil. Nebersicht. Tageögeschichte. Telegraphisch, Berichte aus Kon- stantinopel und Triest. — Dresden: Vom königl. Hof,. — Wien: Die nach der türkischen Grenze bestimm ten Truppen noch nicht abmarschirt. DieAnstellung fremder Geistlicher. Erlaß d,S Finanzministeriums. Darlehnsgesuch der Bäcker. Gerücht von einem Cirrularschreiben der franzö sischen Regiktunq. — Berlin: Graf Schwerin zum Prä sidenten der zweiten Kammer erwählt. Der Nachricht von Abberufung d,S Gesandten in Konstantinopel widersprochen. Kammerwahlen. — München: GeburtSfest deS König«. — Hannover: Rückkehr der Königin. — Stuttgart: Grafv. Neipperg. — Pari«: Die neuesten Nachrichten in der orientalischen Frage. UrtheilSspruch in Betreff ein,« Eisenbahnunfall. Am 2. Deeember keine Festlichkeit. Ver mischtes. — Brüssel: Der Herzog von Brabant nochmal« nach England. — London: Der Kaiser von Rußland hat seine Fonds aus der englischen Bank gezogen. Die Kanal flotte. — Kon sta n t inopel: Die Friedenspartei verstärk: sich. Der neue französische Gesandt,. Berichtigung d,S Sie- geSbullelinS von Oltenitza. Au» Aegypten Truppenverstär kung in Aussicht gestellt. Nachrichten vom asiatischen Kriegs schauplatz«. Die tückische Flottille im schwarzen Meere. Ver mischte«. — Bukarest: Fürst Gorlschakoff nach Giurgewo. Baron Budberg noch nicht eingetroffen. Gerücht von Coa- flicten zwischen den Serben und BoSniaken. Local- und Provinzialangelegenheiten. Dresden: V,r- Handlungen der Stadtverordneten. Eisenbahnunfall. Wäsch diebstahl. — AuS der Freiberger BergamtS- refier: Notizen über den Bergbau. Gustav Adolf- Verein. — Meerane: Beschluß deS Schulvorstande«. Neue Stabträtbe. UnqlückSfall. Feuilleton. Anzeigen. Börsennachrichten. — Tage-geschichte. Telegraphische Depeschen. Konstantinopel, 21. November. Die französische LieferungSauSschreibunq (zur Verproviantirung der franz. Flotte im „schwarzen Meere") ist zurückgenommen. General Baraguey d'Hilliers wurde beim Sultan glänzend empfangen. Seine Ansprache ist für Frieden mit Integrität und Un abhängigkeit des Sultans. Anwort: Zurücknahme der russischen Forderungen und Räumung drr Donaufürsten- thümer. Sech- französische Dampfer sollen im schwarzen Meere kreuzen. . Triest, 30. November. Der frühere französische Bot schafter in Konstantinopel, Herr de la Cour, ist von dort hier angekommen. — Bet Smyrna ist am 23. Novem ber daS holländische Schiff „Harmany" gescheitert. Hoftheater. Mittwoch, so. November. Zum ersten Male: Em Luflspiel. Lustspiel in vier Acten von R. Benedir. Um bet dem Nachfolgenden rin Mißverständniß zu vermeiden, sei gleich im Vorau« darauf hingewiesen, daß diese« Lustspiel zu den theilwriS recht wohlgelungenen Bühuenproducien der neuern Zeit gerechnet werden darf, wie r« denn auch bisher fast von allen Seiten nur Lob geerntet ha«. Betrachtet man aber den Gegenstand »in wenig unbefangener und ernster, so nimmt man wahr, daß eben der Zustand unser« jetzt modernen Lustspiels eln durchaus haltloser, hohler und daher betrübender ist. Um die Sache complet zu machen, wölbt sich in Zeitungen und Journalen darüber hin der blaue Himmel deS leicht zufriedenen, gutmüthigen UrthrilS in seiner pflichtvergessenen Heiterkeit. Die Kritik richtet sich stet« nach dem. waS producirt wird; fle sinkt daher mit dem Niveau desselben und verliert allen Rigorismus. Diese- Sichnacheinanderrichten der Production und Kritik wirv eine fortwährende Kette von Ursachen und Folgen, die sich bet günstigen literarischen Gesammtverhältniffen «den sowohl nach aufwärts erheben, al«, wie gegenwärtig beim Lustspiel, nach abwärt« bugsiren kann. So steht r« heute in drr deutschen Dramatik und Dramaturgie au«: da« allmälige Ver schwinden aller kritischen Rigoristik verdirbt den Geschmack de« Publicum« und wünscht mit salbungSreichrr Bonhomi» jeder auf tauchenden Mittelmäßigkeit einen „schönen guten Morgen" an statt für rin« „gute Nacht" zu sorgen; und wo wirkliche Talente mit Leichtsinn und frivoler Spekulation ihre Fähigkeiten ver geuden, da hält man ihr» Fabrikate noch für gut genug, weil sie i» Vergleich mit den jetzt so unzählbaren Produkten d«S ritrln Feuilletott. Blödsinn« ganz »norm gewinnen. Al« ob man auf den Kanincheninseln die Kraft und den Muth dieser Thierchen be wundern wollte, weil e« auf dem dortigen Strande, wo sich nur die stille Auster sonnt, keine Ouabrupeden giebt. Wir sind eigentlich im modernen Lustspiel mit wenigen Aus nahmen wieder auf da« zurückgegangen, wovon man zu Gottsched'« Zeiten abging: nämlich auf den HanSwurst, und die« ist nicht einmal ein lebendiger HanSwurst mit freier Bewegung, der in der Komödie al« einzelne handelnde Person, al« Spaßmacher und Lückenbüßer vorkommt, sondern e« ist ein viel schlimmerer, un- auSwrichbarer Gesell. Diese» todle, unmögliche Unding, dieser MariontiienhanSwurst, auf den wir zurückgekommen sind und der vom Dichter am Draht der Willkür hin- und hergehampelt wird, — mit einem Worte, diese unmögliche Fizli-Puzli-Gestalt bildet und repräsentirt symbolisch der leitende Geist unsers modernen Lustspiel«. Kunst ohne Wahrheit ist keine Kunst mehr, sondern eine kokette, geschminkte Lüge. So verliert da« Lustspiel ohne da« innige Streben nach Wahrheit allen Werth, »allen gesunden Boden und wird zum lügnerischen Schattenspiel, zu einer geistigen Han-wurstiade, in welcher der Dichter für einige zusammen, gewürfelt« witzige Erfindungen und komische Situationen alle Natürlichkeit opfert, verkehrt auf den Pegasus steigt, dessen Schwanz für den Zaum in di« Hand nimmt und so für den Spottprei» eine« wiehernden Gelächter« alle eigentliche Leben«- stützen de« Lustspiel«: die überraschende Wahrscheinlichkeit, die Treue der Charakteristik, die Schärf» de« Dialog«, dir Tiefe der Saiyre, dir rührende Liebenswürdigkeit det Humor« und wa« sich ihm sonst noch alle« Gute« und Schöne« nähern könnte, sündhaft und wohlfeil verschachert. Unsere modernen Lustspiele werden fast immer ohne diejenige Weihe gedichtet, welche allem poetischen Produciren, auch dem für Thalias Tempel, eigen sein muß. Diese Weihe besteht au« drr sich täglich an der Wahrheit de« Leben« entzündenden schöpferischen Begeisterung. Statt ihr zu folgen, werden die Lustspiele nach einem Recept gemacht, d. h. der Dichter sinnt irgend rin effektvolle« Plänchen au« und läßt diese Ordre zu Handlungen und Gesprächen von schablonirten Charakteren au«, führen. Da nun die Actionen nicht mehr, wie e« einem Kunst werke ziemt, au« dem Seelenzustande der natürlich zusammen gefügten Menschen hervorgehrn, sondern leere Prämissen find, so kommt e« auf da« Wesen und die Zahl dieser Prämissen nicht mehr an. Je größer ihre Seltsamkeit und je rapider ihr« An häufung erscheint, je ergötzlicher findet man da« Lustspiel, sobald der Dichter nur mit Geschick die Knoten der Logik zu durchhaurn und seinen geistigen HanSwurst, sein Schattenspiel der Unwahr scheinlichkeit zu lenken versteht. Zu diesen Uebelständen kommt neben manchen andern noch die moderne Blafirtheit de« Salonleben«, welche im Lustspiele hundertmal da einen gehirnlosen, eleganten Gecken hinstell», wo ein Mensch stehen sollte. Endlich muß man bedauern, daß vor treffliche, angenehme Talente, wie Benedir, drr da« im Vor stehenden allgemein Gesagte mit geschicktem Verständniß auf sich selbst und seine Stücke anwenden wird, ihre Gaben durch industriöse« Vielschreiben auSpreffen und verflachen. Ferner wird der Verfasser wohlthun, künftig unzarte und grfühl-