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Dresdner Journal. '»4 - r ; ' . l ') .. . r r . /. . Verantwortlicher* Redaetenr: I. G. Hartmann. M/W Dt«se« Blatt erschtlnt mit »»«»ahme Prrt« für da-Vterteljahr l Ttzaler. « « UO » »R de« So»»tag« täglich «bead« »ad ist 29 3»settt,»«-Gebühre» für de» Raum D durch alle Pastaastalte» ,» beziehe». et»er gespalteaen Zeile 1 Ne»grosche». Amtlicher Theil. Dresden, 23 Decemder. Se. Majestät der König haben Allerhöchst Ihrem Kriegs-Minister, Generalleutnant Raden horst, da- Annehmen und Anlegen de« von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich ihm verliehenen Groß kreuz,S vom Leopoldorden allergnädiqst zu genehmigen geruht. Dresden, 23. Decemder. Se. Majestät der König haben die, wegen erlangter Civilanstellung von dem Leut nant Mothe« de« 5. Infanterie-Bataillon- nachg,suchte Entlassung allerqnäbigst zu genehmigen geruht. Dresden, 26. Decemder. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Fourier im Ministerium der au-wärtig,n Angelegenheiten Johann Gott fried Barthel da- ihm von Sr. Apostolischen Majestät dem Kaiser von Oesterreich verliehene silberne Verdienstkreuz mit der Krone annehme und trage. Tage-geschichte. -f Dresden, 28. Decemder. Seit einigen Tagen weilt der durch seine philantropischen Bestrebungen und sein, Schriften über die Reform de- GcfängnißwesenS bekannte Ritter Appert in unserer Stadt. Wie wir vernehmen, hatte derselbe bereit- die Ehre, von Sr. Majestät dem König und Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Johann empfangen zu werden. Wien, 2H. Decemder. Wie die jüngsten nachein ander gefolgten kaiserlichen Erlasse zur Organisirung der Monarchie darthun, liegt «- in der Absicht der Regierung, letztere nicht durch vereinzelte Verfügungen von kleinerer Bedeutung, sondern in einem au-gebehntern Maßstabe und wirklich organischem Zusammenhang« zu vollenden. Je weniger nun derlei administrative Acte dem Publicum von vornherein bekannt zu werden pflegen, desto geschäftiger zeigt sich natürlich die sogenannte Conjecturalpolitik, die auch aus völlig unverbürgten Gerüchten ihre Nahrung saugt. So z. B. war auf der hiesigen Börse seit «in paar Tagen di« Nachricht gang und gäbe, «S werde demnächst eine drsinilive Reductrung unserer Armer in größrrm Umfang« erfolgen, und ist nicht ohne guten Glauben geblieben. Wie sehr unsere Finanzzustände die- auch erwünscht machen mögen, so erscheint der Zeitpunkt doch nicht--«eignet,, diese Maßregel sofort in- Werk zu setzen. Ich habe in meinem jüngsten Schreiben bemerkt, wie viel in dieser Beziehung durch Beurlaubungen bereit- geschehen, so daß unser früherer effektiver Armeestand von nahezu 700,000 Mann um mehr als ein Dritttheil herabgesetzt worden ist. Mehr für den Augenblick zu thun, erlaubt die politische Lage Europas kaum, wollte man auch von dem Bedürfnisse absehen, daß bei den Neugestaltungen im Innern des Kaiserreiches, namentlich in Ungarn und Italien, noch immer ein« größere Truppenmacht in Anspruch genommen ist. Außerdem kann eine Reducirung bei der Cavallerie und Artillerie ohne fühlbaren Nachtheil de- Dienstes in dec Zukunft schwer statthaben, und so kommt es, daß erstere Waffengattung noch immer an 90,000 Pferde zählt, und der französischen, wenn die dortigen Berichte richtig sind, um 20,000 über legen ist. — Die Verhandlungen über die neu zu begrün dende Cceditanstalt für Industriell« dauern fort, sind aber in ein von den früher« Anträgen verschiedenes Stadium getreten. Da- Projekt deS Herrn Warrens hat man so gut wie fallen gelassen und eine mehr den reellen Bedürf nissen entsprechende Richtung ringeschlagen, die auch Aus sicht auf Gelingen hat. — Das Instruction-verfahren des hiesigen CriminalgerichtS über die Theilnehmer am Be trug«, welcher in den Jahren 1848 und 1849 von einem magistratischen Beamten und mehreren Bürgern, meistens G-isthofsdesitzern, durch gefälschte Militäreinquartirungslisten begangen worden, ist nun beendigt, und binnen wenig«» Wochen wird die Schlußverhandlung des skandalösen Pco- ceffes statlfinden. Die Generalprokuratur hat die weitere strafgerichtliche Verfolgung der Jnculpaten bereits angeord net, deren Zahl über zwanzig reichte, wovon aber zwei wäh rend der Untersuchung gestorben und zwei andere auf freien Fuß gesetzt worden sind. Der Betrag der Defraudation beläuft sich im Ganzen gegen 100,000 Fl. — Wahrschein lich auS Anlaß der in verschiedenen Zeitblättern umlaufen den falschen Nachrichten in Hofangelegenheiten, deren Ge genstand erst neuerlich ein, dem Kaiser nahestehende hohe Person gewesen, ist an di« bei Hofe Bediensteten der Be fehl ergangen, sich der Verbreitung aller solcher Dinge, wären eS auch nur bloße Gerüchte, bei Strafe des augen blicklichen Dienstverlustes, zu enthalten. Wien, 26. Decemder. Wie verlautet, sind seit zwei Tagen Verhaftungen in einigen hiesigen Vorstädten, die vom Jahre 1848 als radikal bekannt sind, vorgenommen worden, wozu der Grund in unerlaubten politischen Verbindungen liegen soll. Die Mehrzahl der Jnhaftirlen gehört, dem Ge rüchte zufolge, dem Bürger- und Jabrikstande an, und einige sollen der Theilnahme an dec italienischen revolutionären Propaganda beinzichligt sein. Wenn sich die Angabe eben dieses Gerüchtes bewahrheitet, daß man bei ihnen auf die Spur der Verbreitung des Mazzinischen Anlehens gekom men, so ist eS wahrscheinlich, daß die Fäden von jenem unseligen Complote in Italien hierher reichten, dessen Häupter erst vor Kurzem in Mantua mit dem Tode gebüßt haben. Die nächsten Tage werden wohl nähere Gewißheit bringen. Berlin, 23. Decemder. Di« „Allg. Ztg." berichtet: Das gestrige Mahl, welches der König den Mitgliedern beider Kammern in der Bildergalerie des Schlosses gab, trug vorherrschend den Charakter eines königlichen Familien festes an sich. ES waren dazu nur diejenigen Kammermit- glieder eingeladen worden, welche sich dem Hofmarschall Grafen v. Keller vorgestellt hatten, und diese bedingte Zahl wurde noch sehr durch den Umstand verringert, daß schon ein Theil der Abgeordneten die Kammerferien zum Ausflug in ihre Heimath benutzt hat. Der König und die Königin verweilten nach der Tafel noch eine Stunde unter ihren Gästen und knüpften namentlich mit mehrern Kammermit gliedern sehr huldvolle und eingehende Gespräche an, die weit über den Kreis deS bloßen Ceremoniell« hinauSgegan- gen sein sollen. Augenzeugen schildern die hohe Befriedigung, welche der König über den gegenwärtigen Stand aller inner» und äußern Angelegenheiten Preußens in bezeichnendster Weise angedeutel Haden soll, und die sich in der seit lan ger Zeit nicht so heiter und behaglich erschienenen Persön lichkeit des Monarchen nicht minder einen Ausdruck gab. Es verbanden sich mit dieser glückalhmenden Stimmung ohne Zweifel auch die letzten Eindrücke des kaiserlichen Be suchs, unter dessen Auspicien die definitive Verständigung zwischen Preußen und Oesterreich stand, für welche die allgemeinen Grundlagen jetzt als unzweifelhaft erzielt an gesehen werden können. Die einzelnen Bedingungen dieser Uebereinkunft unterliegen zwar noch der gegenseitigen De batte, alS deren Basis sich jetzt, wie man hört, zwei Ver tragsentwürfe gegenüberstehen, die österreichischer- und preu ßischerseits vorgelegl worben sind, und aus deren Abwägung und Vereinigung die Herren v. Bruck und v. Pommer- Esche eine gemeinschaftliche Punclqtion zu redigiren haben werden. Vei diesen Verhandlungen tritt jedoch zu sehr der auf beiden Seiten entschieden festgestellke Wille ins Ge wicht, etwas Befriedigendes zu Stande zu bringen, als daß einzelne Differenzen, die freilich noch vorhanden sind, noch einmal «inen alterirenben Einfluß auf die Situation ge winnen könnten. — 27. Decemder. (Pr. St. A.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht (Sohn) ist nach Meiningen adgereist. — (N. Pr. Z ) Der Ministerpräsident Freiherr v. Man teuffel ist bereits gestern von Luckau wieder hier eingelrof- fen. — Der diesseitige Gesandte in St. Petersburg, Ge neral v. Rochow, wird in der nächsten Zeit hier erwartet. — Der LegationSsecretär Baron v. Rosenberg hat sich in der vergangenen Woche zur Wahrnehmung der diplomatischen Geschäfte am königlich spanischen Hofe nach Madrid be geben. — Der königliche außerordentliche Gesandte und be vollmächtigte Minister am königlich sächsischen Hofe, Graf v. Redern, ist aus Turin und der bair. Geh. Legationsrach DönnigeS aus München hier angekommen. — Der frühere österreichische Gesandte am hiesigen Hofe, Baron v. Pro- kesch-Osten, macht bei seinen Freunden Abschiedsbesuche und wird sich noch im Laufe dieser Woche nach Wien begeben. München, 25. Decemder. ^All. Z.) Unter Voraustritt deS großen Cortsge begab sich Se. Maj. der König mit den königl. Prinzen vergangene Nacht kurz vor 12 Uhr in die Allerheiligen-Hofcapelle, um der h. Christmelke beizuwohnen. In derselben Begleitung hat der Monarch heute dem Pon- tificial-Hochamte beigewohnt. Se. Maj. der König hat heute eine Anzahl Ordensverleihungen vorzunehmen geruht. Es erfolgten diese Ordensverleihungen, die sonst am Neu» jahrStage vorgenommen werden, schon heute, weil Se. Maj. am genannten Tage auf dec Reise sein werden. Mehrere Personen erhielten die Dekorationen aus den Händen deS Monarchen, den übrigen werden sie zugesendet werden. Diesen Nachmittag war am königl. Hof Famitientafel, der die sämmtlichen hier anwesenden Glieder der königl. Familie beiwohnten. Herr Herzog Max in Baiern, königl. Hoheit, ist nach längerer Abwesenheit vor einigen Tagen wieder hier eingelroffen. — Die Zahl der Personen, welche die betref fenden Dekorationen des St. Michaels- oder deS Kron-Oc- denS heute unmittelbar aus den Händen deS Monarchen empfingen, beträgt 32, unter diesen befinden sich auch die Professoren v. Liebig und E. Geibel. Se. Maj. der König wird auf der Reise nach Italien das erste Nachtlager am Montag in Innsbruck nehmen. Weimar, 25. Decemder. (Pr. Z.) Heute Vormittag ist Se. Hoheit der Prinz Gustav zu Sachsen-Weimar, von Prag kommend, zum Besuch hier eingetroffen. § Frankfurt, 26. Decemder. Bereit» früher habe ich Ihnen geschrieben, daß ein förmlicher Antrag Oesterreichs wegen Ankaufs der „Hansa" nicht vorliege. Neuesten Mit theilungen zufolge wäre man österreichischerseits von der Absicht, ein Schiff zu kaufen, ganz abgekommen. Man wollte unter dec bekannten Bedingung der Einberechnung von Baarvorschüssen kaufen. AlS dieselbe jedoch keine Aus sicht auf Annahme hatte, ließ man die Absicht überhaupt fallen. Von dem noch vorhandenen Floltenmateriale wird Oesterreich nichts kaufen, da seine Arsenale mit solchem mehr als hinreichend versehen sind. — Die Bundesversamm lung hat die großherzogl. hessische Regierung ersucht, ihr einen genauen Bericht über die neulichen Excesse in dem benachbarten Offenbach zu erstatten. — Die in Mainz mit den von einem höhern hannoverschen Militär verbesserten Shrapnels angestellten Versuche sind gut ausgefallen, und eS hat der Bundesversammlung die durch diese Versuche erwachsenen Kosten bereits zu decken beschlossen. Die Frage wegen des Ankaufs dieser Erfindung ist jedoch noch nicht ganz erledigt. — Die Nachricht, alS habe der Graf von Chambord der Bundesversammlung einen Protest gegen das neue französische Kaiserreich übergeben, ist ganz unbegründet. Feuilleton. Die Geschichte des Jahres.*) ES war tief im Januar, ein fürchterliches Schneegestöber tobte; der Schnee wirbelte durch Straßen unv Gassen; die Scheiben waren draußen wie mit Schnee überklebt, von den Dächern stürz'« er in Massen, eS war eine große Eile in die Leute gekommen; sie liefen, ste flogen und fuhren einander in die Arme, fie hielten sich einen Augenblick fest und konnten alSdann so lange sicher stehen. Kutschen und Pferde waren gleichsam wir über zuckert; die Bedienten standen mit dem Rücken gegen die Kutschen und fuhren rücklings gegen den Wind; der Fußgänger hielt sich beständig im Schutz der Wagen, die nur langsam in dem tiefen Schnee fonrutschten, und als sich endlich der Sturm legte und längs der Häuser rin schmaler Sieg geschaufelt ward, stanven doch dir Leute still, wenn fie sich begegneten ; Keiner von ihnen hatte Lust den ersten Schritt zu thun und in den tiefen Schnee zu treten, damit der Andere vorbeischlüpfen könne. Sie standen still unv stumm, bis endlich, gleichsam wie nach schweigenver Ueber- «inkunft, Jeder ein Bein preiSgab und eS in den Schneehaufen treten ließ. Gegen Abend war eS windstill, der Himmel sah auS alS ob ergefegtwäre und höher unddurchstchiiger geworden sei, die Sterne schienen nagelneu zu sein und einige waren so hell und klar — eS fror, daß e- knisterte —, und da konnte wohl die oberste Schnee lage so stark werden, daß fie in der Morgenstunde die Sperlinge *) Lu« den „Histon,»" Laders»»'«. Lripz g, korst; Dresden, Lraotd'sch« »«chhandtung. trug; diese hüpften bald auf, bald nieder, wo geschaufelt war, aber viel Kutter war nicht zu finden, und eS fror sie orrenilich. „Piep!" sagte der eine zum andern, „daS nennt man das neue Jahr! — eS ist ja schlimmer a>S daS alte! da hätten wir daS letztere ebenso gut behalten können. Ich bin unzufrieden, und dazu habe ich allerdings Grund!" „Ja, unv die Menschen liefen nun umher und begrüßten durch Schießen daS neue Jahr," sagte ein kleiner auSgefrorner Sperling, „sie warfen äöpfe an die Lhüren und waren vor Freude ganz außer sich, weil nun das alte Jahr verschwunden! Ich war auch froh darüber, denn ich erwartete, daß wir warme Tage bekommen würden, aber eS ward nichts daraus; eS friert viel strenger als vorher; dir Menschen haben sich in der Zeitrechnung geirrt!" „DaS haben sie!" sagte ein dritter, der alt und weiß am Schopfe war; sie haben etwas, das sie den Kalender nennen, der ist ihre eigene Erfindung, und Alles soll sich nach ihm richten; aber daS geh« nicht so! Wenn der Frühling kommt, beginnt da» Jahr, daS ist der Gang der Natur und danach rechne ich!" „Aber, wann kommt der Frühling?" fragten die Andern. „Der kommt, wenn der Storch Wiederkehr», aber mit dem ist eS sehr unbestimmt, und hier tn der Stadt ist Keiner, der elwaS davon weiß, auf dem Lande wissen sie eS besser; wollen wir hinauSfliegen und dort warten? Dort ist man dem Frühling näher." „Ja, daS mag Alles ganz gut sein!" sagte einer von ihnen, der lange umhergehüpst war und gepiept hatte, ohne eigentlich etwas gesagt zu haben. „Ich habe in der Stadt einige Bequemlich keiten gefunden, welche ich draußen zu vermissen befürchte. Hier in der Nähe, auf einem Hofe, wohnt eine Menschenfamilie, welche den sehr vernünftigen Einfall bekommen hat, drei bis vier Blumen töpfe an der Wand zu befestigen, so daß die große Oeffnung gegen dieselbe und der Boden nach außen gewandt ist, in letzter» ist ein so großes Loch geschnitten, daß ich ein- und auSfliegen kann; dort habe ich und mein Mann daS Nest und alle unsere Jungen sind von dort auSgeflogen. Die Menschenfamilie hat natüilich daS Ganze eingerichtet, um daS Vergnügen zu haben, uns zu sehen, sonst würden ste eS wohl nicht gethan haben. Ihres Vergnügen wegen streuen sie auch Brotkrumen auS, und so haben wir daS Futter, es ist gleichsam für uns gesorgt; — deshalb glaube ich, daß ich unv mein Mann bleiben, obgleich wir sehr unzufrieden sind, — aber wir bleiben!" „Und wir fliegen aus daS Land, um zu sehe,', cb nicht der Frühling kommt!" und fort flogen fie. Und draußen auf dem Lande war strenger Winter, eS fror einige Grade stärker als in der Stadt. Der scharfe Winv blieS über die schneebedeckten Felder. Der Baurr, mit großen Faust handschuhen versehen, saß in seinem Schlitten, schlug kreuzend mit de» Armen, um die Kälte auSzulreiben ; die Peitsche lag auf seinem Schooh ; die magern Pferve llefen, daß ste dampften; der Schnee knisterte und die Sperlinge hüpften in den Räderspuren und froren. „Piep! wann kommt der Frühling? ES dauert sehr lange!" „Sehr lange!" scholl eS von dem nächsten Hügel, der mit Schnee bedeckt war, über'» Feld hin; e» konnte daS Echo sein,