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" Da» Sparkaffenbuch. .von B. «urrb'ach. n,.« Schluß.) - Ein«-SAmstaa Morgen-, ich stand in der Werkstatt im» tNkeittte an einem großen Doppelschloß sür da- Zuchthaus, da kam Kathrine, brachte ein Vorlegeschloß, tu dem sie den Schlüssel verloren habe, und sagte, ich solle eS zum Feierabend ihr bringen. Ich ging nach dem Hause de- FinanzrathS. Kathrine scheuerte die Treppe. Sie wischte schnell die Hand ab, reichte sie mir und sagte: „Gott Lob, Wir Beide gerechtfertigt, e- ist ein Brief von der Schwester deS Herrn gekommen, worin sie schreibt, fie hab« vergessen gehabt, die Broche in die Schatulle jU thuy."; „Und der große Herr kommt nicht und bittet mich um Verzeihung?" fragte ich. - hat'- thun wollen, nein," sagte Kathrine stotternd» ,jkr hat mir aufgetragen, ich soll Dir'- zu wisse» thun." :> Ich sah, daß das nur eine Ausrede war, und Kathrine gestand mir'S; aber sie beschwor mich, keinen BröL in der Seele zu hegen, ich solle Eins in'S An- drte vechnen, ich hätte gewiß schon einmal im Leben StrvaS gethan, was nicht an den Tag gekommen sei, Wenn'- auch nur ein kleines Unrecht gewesen wäre, und jetzt müsse ich auf andere Weise dafür büßen. Ich hatte schon auf dcrZunge, wieder ihre Klugheit zu loben, aber ich wagte es nicht mehr und sagte nur, ich nehme daS an. Kathrine freut« sich darüber und ftigte mir ein Sprichwort ihrer seligen Mutter, daS ich sonst noch nie gehört habe, und das Sprichwort paßte wie ein Wort vom Himmel: „Wer Einen vor den Augen Anderer beschämt, nimmt thW seine Sünden ab." Welche brave Nestern mußte Kathrine gehabt Haben, was hat sie mir nur in wenig Worten von ihrem Vater und ihrer Mutter erzähl»! Kathrine hatte keinen Diamantschmuck einer Mutter ,»pix di« Finanzräthin, aber das schönste Kleinod, daS «in KiNd reich in sich und wohlgefällig vor Andern Mcht, ist eilt guter Gedanke aus dem Herzen der Nestern, in ein gutes Wort gefaßt; das erbt sich von Kind auf KitideSkind und braucht keine Schatulle. Ich schämie mich innerlich vor Kathrine und sagte ihr nur, ich wünschie, ihre AelterN wären noch am Leben, damit ich sie auch Vater und Mutter nennen bstrst«. Ans der Treppe des FinanzrathS, wo ich in Angst, in Hual und Verzweiflung auf- und niedergegangen war, stieg ich jetzt in den Himmel; ein Fegefeuer im Herzen quält« mich noch, aber ich stand doch bei allen Seligen, die schon gestorben waren, und bei einer Gkückseliäen, die noch am Leben war und die mir jetzt abermals die Hand reichte. Ich war ihrer nicht werth. DäS war nun eine doppelte Freude, die mir im Herzen lebte, akS ich von Kathrinen wegging; sie war aüS Zweierlei gemischt. Einmal war die Unschuld än den Tag gekommen, eS war jetzt an dem großer» Herrn, fichVorwürfe zu machen, und dann hätte ich synk gewiß dafür gedankt, denn nur durch ihn hatte ich ja Kathrinen kennen gelernt und sie hatte mir sersptochen, zum Fastnachtsonntag mit mir zum Tanz zu gehen. Fröhlicher war ich bis dahin in meinem Leben noch nicht gewesen, als an jenem Fastnachtsonnlage. Ich sagte Kathrine, daß sch «in großes Glück mache und sie in einer Kutsche mit vier Schimmeln abholr; sie versprach mir, treu zu wartm, «enn ich auch auf des Schusters Rappen daher käme, Roch wollte sich Etwas in mir regen, wenn ich daran dachte, was ich noch zu thun hatte, um mein Ziel zu erreichen; aber Wein, Liebe und mein lustiger Kamerad halfen mir darüber weg. ,, Meine That ward immer geringer, denn ich hatte der Welt so viel zu vergeben, nicht sie mir. Es war wieder am Palmsonntag Morgen, als ich auf daS Drängen meines Kameraden endlich ent schlossen war, mein Geld zu erheben, um dann in weiter Welt mein Glück und mit diesem Kathrine» zu erobern. Die Sonne stand hell am Himmel, als ich nach dem Hause ging, in daS jetzt die Sparkasse verlegt war. Ich wollte, daß der Pfälzer mich begleite; aber er ließ sich nicht dazu bringen. AIS ich gegen das HauS kam, pochte mir dgS Herz höher. Ein Buchfink saß auf dem DachgestmS unb pfiff lustig, und wie man sich in solchen Augen blicken gern an einen Aberglauben hält, nahm sch mir ein Wahrzeichen und sagte mir: „Pfeift der Vogel immerfort, bis du in'S HauS gehst, bann gehst du keck hinein und eS gelingt; hört er aber arss und fliegt fort, dann ist eS ein Zeichen, daß du in'S Un glück kommst, du kehrst noch um, verbrennst dein Buch und willst gar nichts." Als ich näher gegen daS HauS kam, hörte der Vogel wirklich auf und flog davon. Ich zitterte, aber schnell faßte ich mich wieder und dachte: „Pahl was soll der dumme Aberglaube, Wie kannst du dich nur an so »vaS heften? Jetzt thust du eS gerade zum Trutz, nur frisch d'rauf los, eS muß gelingen, und eS gelingt." Ich trat in das Zimmer. Der Finanzrath Menninger stand hinter dem Tische und zahlte mehrere Einlagen aus, die erhoben wurden. Ein Anderer trug das Neueingezahlte ein. Daß gerade Menninger da war, das erschreckte mich anfangs, reizte mich aber gleich darauf wieder: daS war ja der Mann, der eine so schwere Sünde begangen hatte. Ich wartete still, der Angstschweiß rann mir über den ganzen Körper, mein Büchlein klebte mir in der Hand, als wollte eS sich gar nicht von mir trennet». Endlich kam die Reihe an mich, ich reichte still mein Buch hin, der Finanzrath schob die Brille von den Augen weg auf die Stirn, schaute eine Minute in das Büchlein, Alles war stuMm, nur der gleich mäßige Pendrlschlag der Uhr war vernehmbar; mein Herz pochlr schnell wider die Brust. „Sie haben gut gespart," sagte endlich derFinanz- rath, öffnete den Eingang des Tisches und sagt«: „Kommen Sie herein." Ich ging ihm nach in ein innere- Zimmer. Hier stand die offene Kaffe. „Wollen Sie Papier oder Silber?" „Papier." „Efroß oder klein?' „Klein." Er gab mir ein Päckchen mit einem bedruckte» Papierbande, daraus stand: „IVO Thaler." Er ersuchte mich, nachzuzählen, währender daöUebrige anSrechnete und dann zurecht legte. Ich konnte die einzelnen Thaler nicht auseinander legen, so zitterte ich, und als er sich umwendend fragte: „Jst'S richtig?" nickt« ich still. Er legte nun noch mehreres Einzelne auf