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Andern ein Zrugniß zu geben, daß sie gescheit seien, Du hälft Dich noch immer für eine Viertelelle gescheiter; aber Das verstehst Du doch nicht: man lernt in all' der Herrlichkeit und Pracht, daß es Eins ist, ob man mit einem zinnernen oder vergoldeten Löffel ißt, auf dem Teppich oder auf dem selbstgewaschenen Boden herumläuft; cS kommt d'rauf an, ob man in Fried' und Rechtschaffenheit lebt und ein gutes Gewissen hat." Der Dietrichbund fiel mir bei diesen Worten auf den Boden und ich fand fast das Schlüsselloch nicht mehr, so flimmerte mir Alles vor den Augen, und Kathrine lachte mich aus, daß ich wohl nicht zu den Geschicktesten gehöre. Endlich, nach vielen Versuchen, drehte sich der Riegel, der Deckel erhob sich und wie Thau von der Sonne beschienen glitzerte eS uns ent gegen. Ein Diamantenschmuck lag auf blauem Sammet. Kathrine wendete sich nach der Thür und rief ihrem Herrn, daß die Schatulle offen sei, aber kaum hatte dieser einen Blick in die geöffnete Schatulle ge worfen, als er mir mit schwerem Griff die Hand auf die Schulter legte und rief: „WaS ist Das? Da fehlt ja die Broche in der Mitte, mit den großen Diamanten." Ich zitterte wie Espenlaub. Der Dietrichbund in meiner Hand klirrte zusammen: „So ist eS doch, man sieht dir'S an, wer du bist? Man hat eine Probe mit dir gemacht, eine falsche Probe, und jetzt wirst du gleich in Kelten gelegt." So sprach eS in mir. Ich war nahe daran, auf die Knie zu fallen. Da weckte mich die Stimme Kathrinens. „Wie können Sie nur glauben? Ich war ja —" „Ruhig, es kommt auch an Dich, eS wird sich zeigen. Du hast jetzt nichts zu reden. Nicht von der Stelle. Hier bleibst Du," erwiderte der Finanz rath. Er rief nach seiner Frau. Sie kam und er erklärte ihr, daß er sie mit dem Schmucke seiner seligen Mutter habe beschceren wollen, daß aber hier Etwas vorge gangen sei, waS sogleich untersucht werden müsse; eS fehle die Hauptsache im Werthe von mehrer» Hundert Thalern. „Es steht Dir frei," wendete er sich dann zu mir, dagegen Einsprache zu erheben und eS den Ge richten zu überlassen; andernfalls will ich Dich selbst untersuchen, ob Du nichts zu Dir gesteckt, und meine Frau hier wird Kathrine untersuchen." „Mich? mich auch?" rief Kathrine, und der Ge danke, daß auch sie, die so frei und heilig, so auS dem Herzen gesprochen hatte, dem schmählichen Ver dachte preiSgegeben war, ließ mich vergessen, was ich Mir vorzuwerfen hatte. Ich stellte mich fest hin, biß die Zähne übereinander und man suchte mich aus. Ich kann'S nicht sagen, wie mir'S war, und noch jetzt burchbebt eS mich wie ein unnennbarer Schauer, wenn ich daran denke, wie ich an meinem ganzen Körper betastet und untersucht wurde. Ich kam mir vor wie ein Sclave, wie ein Thier, ich war kein Mensch mehr, ich war nicht mehr, der ich bin. lhnd waS noch von Vorwurf in meiner Seele gewesen, war verschwunden. Ein himmelschreiendes Unrecht war mir geschehen; klein, lächerlich, erbärmlich war DaS, was ich gethan, noch tausendmal mehr hätte ich thun können. Freilich habe ich dies Letzte erst später gedacht, denn noch großer wurde meine Pe>'n, als auch Kathrine untersucht wurde. Das war eine Entwürdigung, die kein Mensch verantworten kann, und als die zweite Magd herbeikam und rief: Kathrine habe gewiß den Schmuck in ihrer Haarkrone versteckt, und als sie ihr nun die Haare aufnestelte und Kathrine dastand mit aufgelösten Haaren, todtbleich, da verfluchte ich die ganze Welt, Vornehm und Gering, denn Alle sind darauf auS, einen unschuldigen Menschen zu verwüsten. Ja und unsersgleichen sind noch schlimmer, als die Vornehmen, denn diese wissen nicht, was sie thun, wenn sie unsre Ehre unter die Füße treten, aber diese da, diese Nebenmagd, ist eS nicht ein Fest, ein Triumph für sie, ihre Standeögenossin der Schande preiszugeben und selber dabei im Ehrenglanz zu stehen? Ja, ich verfluchte die ganze Welt, und mich und unS vor Allem. Man fand natürlich nichts, und ich weiß nicht mehr, was ich dachte, nur Dessen erinnere ich mich noch, daß ich zur Kathrine sagte: „Trag'S in Geduld, ich möchte Dir'S gern gut machen, waS Du wegen meiner auSgestanden." Fort raste ich, und wie auSgeraubt rannte ich durch die Straßen, ja meine Seele war wie auS dem Herzen geraubt. Üeberall brannten Lichter, überall war Weihnachtsfreude; mir war das innere Licht auS- gelöscht. Mein Pfälzer jubelte, als ich ihm daS Geschehen« berichtete. „Da siehst Du nun," rief er, „da siehst Du, gutmüthiger Narr, waö die Vornehmen mit unS anfangen. Wer nicht reich und vornehm ist, ist ihnen weiter nichts als ein ungehenkter Dieb. Jetzt wirst Du Dir kein Gewissen mehr daraus machen, ihnen abzunehmen, WaS Du kannst." Die Schmach, die mir angeihan war, half mir allerdings die innere Stimme beschwichtigen, und als ich Tags daraus müßig über die Straße gehe, die Glocken läuten, und ich verfluche eben wieder dir Menschen, die jetzt zur Kirche gehen und nicht daran denken, wie sie ein armeS Herz gekränkt, da begegnet mir plötzlich Kathrine. „Ich kann nicht in die Kirche gehen," sagte sie zu mir. „Geh' Du auch für mich und bete auch für mich, daß Gott unser Herz vor Bitterkeit und Haß bewahren möge, und vergieb Du Deinen Peinigern wie ich." Schnell war sie entschlüpft und ich ging zur Kirche. Ich mußte meinem Pfälzer etwas vorlügen, als ich'S lhat. Ich betete für Kathrine, für mich konnte ich es nicht, und doch kam wieder etwas von Frieden über mich. Ich lauerte fortan Kathrinen auf, wo ich konnte, aber sie hielt mir nicht Stand; nur einmal sagte sie mir flüchtig, sie könne sich nicht mit mir abgeben, eS würde unS aufgelauert und eS fiele neuer Verdacht auf uns. (Schluß folgt.) Mittheilungen über die Verhandlungen der Stadtverordneten in Dippoldiswalde. 21. öffentliche Sitzung am 11. Novbr. 1856. Gegenwärtig die Stadtverordneten: Nacke, Vorsitzender, Jehne, Wuschig, Reichel, Dörner I., Klemm, Gün ther und Ochernal, sowiederErsatzmannLouiS Schmidt. I) Erklärte daS Collegium sein Einverständniß mit der von dem Stadrathe beschlossenen Bermiethung deS von »em vor maligen RathSregisirator Schmidt im Wachgebäude innegehabte Logi» an dessen Nachfolger, Herrn Gcrddorf, gegen einen jähr-