Volltext Seite (XML)
GS waren einmal zwei alte Soldaten. Eine alle Historie von Edmund H oefrr. (Fortsetzung.) Der Fremde, denn daß es ein Mann war, sah man an dem struppigen Bart und der alten formlosen Mütze, — schaute den Redenden eine Sekunde lang ernsthaft an, wandte den Blick dann zu deck andern und sagte mit heiserer Stimme: „Kennst du mich auch nicht mehr, CaSper?" — „Der Teufel kennt dich und nicht ich!" war die rauhe Antwort. „Und waS mein Kamerad da nicht weiß, weiß ich auch Nicht. Wir sind Eins." — „Hat der Christopher einmal einen Bruder gehabt hier im selbigen Regiment mit euch beiden?" fragte der Fremde wieder kaltblütig. — „Ja, ich habe einen Bruder gehabt hier im sel bigen Regiment," erwiederte Christopher selbst, „Gott sei eS geklagt." — „Und er ist tobt," setzte CaSper finster hinzu. „Weißt du was von ihm? Und wer bist Du?" — „Ich bin Christophers Bruder." Sie fuhren beide zurück wie vor einem Gespenst, und der Ruf, den sie unwillkürlich ausstießen, war lauter als erlaubt. Aber sie faßten sich bald wieder, und näher tretend, sprach CaSper rauh: „Lüge nicht, Patron; Christophers Bruder ist tobt. DaS wissen wir." — „Er lebt, denn ich bin'S," entgegnete der Fremde hartnäckig. „Seht mich an. Kennt ihr den Hieb noch von KesselSdorf, den ich für dich kriegte, Casper?" — . „Ja, ich seh ihn da an dir," sagte Christopher finster. „Du bist'S; damals warst du noch ein braver Kerl, und ich kann an die Zeit ohne Zorn denken." — DaS Lachen des Andern klang beinah ingrimmig, mit dem er antwortete: „Ja, siehst du? Drum sagt ich'S auch. Ich kenne ja meinen ehrlichen Bruder, ich Nichtsnutzige«! Hund!" „Woher kommst du, Wilhelm?" fragte CaSper endlich in die Pause hinein.— „Woher sollt' ich kommen, wenn nicht, wo ich Hause, im Wald?" „Du streichst noch immer umher, Wilhelm?" fragte CaSper wieder: — „WaS sollt' ich sonst thun?" erwiederte er trotzig.— „Und waS willst du hier, wo'S dir an den Kragen gehn kann, wenn sie dich kriegen?" — Er lachte bitter. „Ja stehst du, CaSper, da draußen sind sie auch auf mich auS, darf mich nicht viel sehn lassen. — Wb die da" — und er beutete zum nächsten hohen Giebeldach hinauf, wo die Krähen in langer Reihe hockten, Pit der Winter zur Stadt und zur Wärme ihrer Oeffen getrieben; „Vie da und ich, wir sind Kameraden und haben ein Dhun. Wenn'- draußen nichts mehr zu brechen giebt, geht'- mit uns nach drinnen." — „Und hast du'S hier besser?" fragte CaSper ernst; wie man steht, führte er die Unterhaltung, vü er nicht im Dienst war. Der Christopher stand auch'darum stumm dabei. — „Besser?" wiederholte der Strolch. „Das kommt darauf an. ES fällt doch eher einmal etwas ab. Und nunmehr fiel eS dem dummen Kinde ein, unpaß zu werden. Sonst wären wir schon wieder hinaus: Sp mußt' ich aber bleiben und was zu beißen suchen Und da biß ich denn zuletzt in dir harte Nuß, euch beide aufzusnchen, für michnicht, aber für dasKind." — Schon wie er das Kind zum erstenmale genannt waren die beiden Soldaten zusammengefahroy, Ehrt« stopher war vor- und CaSper zurückgetretett; auch jetzt bei der Wiederholung zuckten sie wiederum, und Christdpher sagte leist, aber seine Stimme klang drohend in ihrer Tiefe: „waS ist daS für rin Kind?" — „Run, wessen denn, wenn Nicht mein'-?" — „DaS von damals?" fragt« Christopher, „aber daS müßt' an die dreißig Jahre zählen." — „Der Junge ist tobt," gab er zur Antwort. ,.D«r hatte den Einfall, vor 'n Jähret sieben nach Ostindien zu gehn. Da, hat mir 'n Kamerad von ihm gesagt, der desertirte, — da ist er todtgestochen worden. — Rein, dies ist 'n Mädchen, und sie ist erst geboren, als ich auS dem Nest wieder heraus war." — ES war eine lange Pause; endlich fragte CaSper eintönig: „Und wo ist die Eva geblieben?" — Gr lachte man konnte eS roh nennen, da eS zu solchen Worten war. „Ja, Kamerad, die hat schon vor manchen Jahren ave Viere von sich gestreckt. Das war doch mein bester Witz, als ich das Mädel dir abspenstig «Nachte, gelt, CaSper! WaS wolltest du alter vierzigjähriger Kerl auch mit dem jungen Dinge? — Die paßte besser zu mir." — „Schuft!" brach Christopher aus, allein der Andere legte ihm die Hand auf die Schuller. „Laß eS gut sein, Kamerad," sprach er finster. „DaS ist nun lange vorbei. Laß den schlechten Patrotr sich an seiner Schande gaudiren, weiter bracht S ihm ja nichts. — Und daS Kind von ihr ist hier und ist krank?" fuhr er dann fort. — , / „Ja," sagte der Bettler wieder trotzig. „Und um derentwillen komm' ich zu euch, für mich beim Teufel nicht. Sie heißt auch Eva und ist ein zazteS Ding und jetzt an die achtzehn Jahr', und verkommt mir. Ihr habt ja Groschen, so helft, ihr weichherzigen Zartthuer. Könnt sie auch selbst kriege«,/ wenn ihr wollt. Mich können sie einstecken, hab'- Gejagtwerden dick satt," Die beiden allen Leute sahen bald einander, bald den Fremden zweifelvoll an, denn eS war 'n schlechter Mensch, ein Vagabund und ein Lügner,, da mocht' ja an alledem kein wahres Wort sein, uyd für den alten Herumtreiber selbst führten sie weder Herzen, noch Groschen bei sich. Und als ob der Wilhelm ihre Gedanken merke, stand er da vor ihnen mir höhnischem Lächeln in dem verwüsteten Gesicht, sonst aber ganz still, und er hatte die Hand auf den Kopf seines HundrS gelegt.' DaS Thier saß mich regungslos, wenn e» nicht hie und da einmal vor der Kälte zusammeuschquerte. Die Kürassiere standen gleichfalls unbeweglich, und doch wogte und wallte eS sicher in diesen vier Wesen. DaS konnte man zumeist am Karabiner deS Christophers sehn, den er blieb nicht stetig unter dem Arm, sondern schwankte vor brr innern Bewegung des MapneS bald so, bald so, daß der Mtzndstrahl nun matt an dem Lauf vorbcifiel, und rwn sich jäh und hell darin spiegelt«; und jedeSmal, wenn eS so scharf auS dem blanken Eisey heraus flammte, knurrte der Hund dumpf und zornig. , „Ra, prost Mahlzeit!" murmelte. CaSper endlich, „bas ist mir 'ne saubere Geschichte Christopher. Aber wer sagt unS" — u „Daß der alte Hump nicht lüg»?" unterbrach ihn höhnisch der Bettler. „Freilich, freilich, weiser CaSper,