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Waldhkim, 19. August. Wiederum verließ heute nach vierjähriger Detention ein politischer Gefangener die hiesig« Strafanstalt. ES ist dies der wegen Hoch- verraths zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe ersten Grades verurtheilt gewesene, jedoch vor seiner Ein lieferung zur Zuchthausstrafe zweiten Grabes in der Dauer von 10 Jahren begnadigte vr. msri. Günther aus Potschappel. Der vor einigen Jahren im Gna denwege fernerweit erfolgten Strafherabsetzung auf 5 Jahre hat jetzt Se. Maj. der König gänzlichen Straf erlaß folgen lassen. Elster, 16. August. Der heutige Tag hat für unser Bad eine ganz besondere freudige Bedeutung. Wir sehen nämlich aus der Curliste, daß die Zahl der in diesem Javre zum Besuche hier eiiigetroffenen Per sonen zum ersten Male seit dem Bestehen des Bades di? Zähl von lOljO und somit die höchste Zister früherer Jähre bereits beträchtlich überschritten hat. Wie fest auch bei allen Denen, welche Gelegenheit hatten, von uttsern Quellen nähere Kenntniß zu nehmen, die Ueber- zeUgung von deren hervorragender Heilkraft steht, so ist doch die hier allgemein herrschende Freude über die ihnen vom In- und AuSlande zu Theil gewordene Anerkennung, aüsgedrückt durch eine so beträchtliche Ziffer, eine um so begreiflichere, je mehr die öffentliche Stimmung auch in Badeangelegenheiten gewöhnt wor den ist, Zahlen am überzeugendsten zu sich sprechen zu lassen. Eilenburg, 12. August. AuS sicherer Quelle erfährt man, daß das Prvject einer direkten Eisen bahnverbindung von Frankfurt a. d. O. über Lübben, Torgau, Eilenburg nach Leipzig wenigstens für jetzt vollständig aufgegeben worben ist. Dagegen beabsichtigt man in Eilenburg, unsre industrielle, fabrik reiche Stadt durch einen Schienenweg mit Leipzig in Verbindung zu setzen. Die an der Spitze dieses Unter nehmens stehende Commission hat rücksichtlich des TrackS die Linie im Auge, welche der Chaussee so ziemlich parallel laufen unl? das sächsische Städtchen Taucha berühren würde, während auch bereits Vor schläge aufgetaucht sind, die anrathen, blos einen Schienenftrang bis nach dem sächsischen Städtchen Wurzen zu legen und dort auf die Leipzig-Dresdner Bahn einzumünden. Berlin, 14. August. An unserm Hofe soll seit der Rückkehr des Königs von Marienbad eine große Aufregung gegen Dänemark herrschen. Es soll der König von der offenbar durchaus rechtlosen Willkür, die in Dänemark gegen die Herzogthümer geübt wird, die doch, als Theile beö Deutschen Bundes, ein volles Anrecht auf besten Schutz haben, sich überzeugt haben und in dieser seiner Ueberzeuguna durch den Kaiser von Oesterreich in der Zusammenkunft zu Teplitz nur bestärkt und befestigt worden sein. Man verhehlt es am Hofe gar nicht, daß der König nächstens ganz energische Schritte gegen Dänemark zu thun gedenke. Die Beseitigung der unseligen dänischen GesammtstaatS- verfaffung und der von ihr unzertrennbaren Unter drückung ver deutschen Herzogthümer wird hoffentlich bald auch den aufrichtigen dänischen Verfassungsfreunden selber als im eigenen konstitutionellen Interesse geboten erscheinen, und dann werden ebenfalls die Westmächte, vor allen England geneigter werden, den unhaltbaren Gesammtstaat durch die Personalunion zu ersetzen. Berlin, 17. August. Die Nachricht, baß die österreichische Armee tyobil gemacht werden soll, wird hier zwar Vielfach afigezcheifelt, indessen hält man sie doch Nicht für Mlz grundlos. Wie aus Wien berichtet wird, soll von der österreichischen Regierung sowohl in London, als in Paris, die Erklärung ab gegeben sein, daß die Provokationen Sardiniens sie zu entschiedenen Schritten der Abwehr drängten, und daß sie eS diesen Cabineten anheimstelle, im Interesse des Friedens Vorkehrungen zu treffen, daß Sardinien sich ein angemesseneres Verhalten zum Grundsatz nehme. Man will auch wissen, daß von Seiten des französi schen Cabinets in Folge dessen eine Mahnung nach Turin ergangen sei; indessen scheint dieselbe wenig gefruchtet zu haben, und es ist daher wohl möglich, daß Oesterreich eine Demonstration macht, um Sar dinien seinerseits zur Mäßigung zu bestimmen. Wien, 17. August, Die Einberufung der beurlaubten Mannschaften, sowie der Reserven, bestätigt sich vollkommen; doch vernimmt man neuestens, daß vorläufig nur die italienische Armee auf den Kriegs fuß gesetzt werben soll. Andererseits wird jedoch ge. meldet, daß auch die in Galizien stationirten Regimenter completirt werden. Paris. In der Breslauer Zeitung fand man vor kurzem eine auö Berlin gemeldete Nachricht, der KaiserderFranzosenhabe eine Reise nach Karls bad beabsichtigt, um sich von einem Leberleiden zu heilen; er habe diese Reise jedoch der politischen Motive halber, die man an dieselbe wahrscheinlich geknüpft haben würde, aufgegeben. Diese Nachricht wird auS vollkommen authentischer Quelle bestätigt. Schon im Monat Mai fand sich in Berlin ein junger französischer Arzt ein, der als eine ausgezeichnete medicinische Capacität in Paris von seinen Fachgenossen hoch geschätzt ist. Er bkrathschlägie sich hier mit einem unserer berühmtestes Pathologen, schilderte demselben die Krankheitssymptome seines Patienten und zog na mentlich Rath darüber ein, ob der Karlsbader Brunnen den KrankheitSznstänven deS Letztem Abhülfe zu ge währen geeignet sei. Bei der Erwähnung seines Patienten versicherte er wiederholt, nur die absolute Sicherheit der Heilung werde denselben bestimmen können, sich nach Karlsbad zu begeben. Der Arzt reiste sodann »ach Wien und Prag, wie eS scheint, um auch dortige ärztliche Celebrikäten zu Rache zu ziehen. In den letzten Tagen des Juli erhielt unser hiesiger Arzt eine kostbare Tabatiere aus Paris zuge- schickt, von einem Schreiben seines jungen College» begleitet, in welchem er gebeten wurde, daS Geschenk als ein Zeichen der Erkenntlichkeit anzunehmen. Der Uebersenber fügte hinzu, er werde vielleicht errathen, . wem der Rath, ver von ihm gefordert worden, zu Gute kommen sollte. Leider habe die Consultation nicht zum Ziele geführt, denn (so hieß eS wörtlich in dem Briefe) „ein Kaiser ist selbst in der Wahl seiner Heilmittel an die Politik gebunden." Unser Gewährs mann hat nicht nur die Dose gesehen, sondern auch das Schreiben gelesen, und der Werth des Geschenks sowie der Name deS Schreibers beseitigen jede Wahr scheinlichkeit einer Mystifikation.