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in einigen Ställen das Vieh in Gefahr war, zu ertrinken. Aus den Fluren der genannten Orte ist an den verschiedenen Felbfrüchten großer Schaben angerichtet worden. AuS der Lommatzscher Pflege schreibt man, daß die jüngsten, mit Gewittersturm begleiteten Regen die Kornsaaten, welche üppig und dicht stehen und kräftige lange «ehren entwickelt haben, so nieverge- worfen hatten, daß die Felder das Aussehen gaben, als seien sie niedergewalzt. ES war daher ein aber maliges Mißrathen des reichen Feldfegens zu fürchten; aber der Herr der Natur half: ein sanfter Wind hob bald die niederliegenden Saaten wieder, so daß kaum der sechste Theil beS KorneS lagert. Wir können, wenn Gott die Saaten weiter behütet, mit Zuversicht einer der reichsten Kornernten entgegen sehen. Königstein. Der hiesige Bürgermeister Advocat Krebs ist wegen Kassendefecten und Schulden flüchtig geworden. Er war mit gefälschten Pässen- versehen und Man vermuthet, daß er seinen Weg nach einer Hafenstadt genommen hat, um nach Amerika zu gehen. Der Flüchtige wird steckbrieflich verfolgt. Bad Elstw. Die Curliste beS hiesigen Babes bis zum 10. Juni bringt die Ziffer der anwesenden Personen bereits auf 192, worunter 160 Kurgäste, in 112 Parteien. Im vorigen Jahre schloß der 9. Juni Mit nur 89 Curgästen in 64 Parteien ab. Auö dem Erzgebirge, 10. Juni. So viele theils kleinere, theils umfangreiche Brandstätten hat bas voigtländische und erzgebirgische Sachsen bei-, nahe ganz gleichzeitig, und zwar vorzugsweise in Städten, wohl noch nicht gehabt: sie befinden sich in Oederan, Neustädte! bei Schneeberg, Zöblitz, Geyer, Eibenstock, Schöneck und Lengenfeld. Mehr oder minder rüstig wird auf allen diesen Brandstätten ge baut. Welcher Bedarf an Baumaterial — die Wälder empfinden es — und an Arbeitskraft! Die letztere will in der Thal auch nicht mehr auöreichen: an ge schickten, fleißigen und kräftigen Arbeitern ist bereits Mangel. Wenn übrigens die Wohlthätigkeit, die, beiläufig bemerkt, fast lediglich in den Städten den Mittelpunkt ihrer Wirksamkeit hat, bei den letzten Brandunglücksfällen eine gewisse Ermüdung an den Tag legte, obwohl immer noch sehr Rühmliches ge- geleistet worden ist, insbesondere von Leipzig und Dres den aus, so darf dies nicht Wunder nehmen. Ver- hältnißmäßig hat Eibenstock die meiste Theilnahme und Unterstützung gefunden: abgesehen von einer außerordentlichen Menge Sachen jeglicher Art sind ihm 26,000 Thlr. baarcS Geld auf dem Wege privatlicher Wohlthätigkeit zugeflossen. Seine weitverzweigten Han delsbeziehungen selbst nach dem entferntem Auslande haben der unglücklichen Stadt nicht unerhebliche Dienste geleistet. Paris. Der Stellvertreter des Papstes bei der Taufe des Kronprinzen,, der Cardinal Patrizi, ist bereits hier eingetroffcn und mit großen Feierlich keiten empfangen worden. Cr wohnt in den Tuilerien. Am Tage darauf stattete er der Kaiserin einen Besuch ab und übergab ihr die (geweihte) goldene Rose, welche ihr der Papst zum Geschenke macht, sowie die gestickten Windeln, die Pius IX. dem kaiserlichen Prinzen schickt. DaS Programm für das Fest ist bereits veröffentlicht. Am 14. Juni kündigen Geschützsalven den Beginn und das Ende der Taufcrremonie an, die um 5'/r Uhr in der Kathedralkirche von Paris stattfindet. Nach der Ceremonic speisen Ihre Majestäten im Stadtbause. Abends werden däS Stadthaus, der Platz und seine Zugänge festlich geschmückt und beleuchtet, ebenso der Thurm St,-JacqueS la Boucherie und die öffentlichen Gebäude. Am IL. Juni früh 6 und Abends 6 Uhr Geschützsalven der Invaliden. DaS Tagsest geht gleich zeitig auf der Esplanade der Invaliden und qn der Thronbarrivre vor sich. Auf der Esplanade stellen zwei große Theater abwechselnd militärische Scenen dar; zwei andere Theater sind zum Spielen , Seil- tänzen re. Kletterstangen bieten den Liebhabern ihre Preise dar. Von 2 Uhr ab werden 300 BallonS mit Zuckerwerk vom Mittelpunkte der Esplanade aus nach allen Richtungen entsandt. Um 4'/2 Uhr entsteigt der Esplanade eiwgroßer Ballon und wirft Fallschirme nut Beuteln voll Zuckerwerk unter die Menge, An der Thronbarrivre sind zwei Theater, eins für mili tärische Scenen und daö andere für SeiltäNze. Auf jeder Seite des Platzes befinden sich Kletterstangen mit Preisen. Um I Uhr GratiSvorstellüngen der 12 Theater, der drei CircuS und des Hippodrom. Nacht fest. Die Tuileriengarten, der Eintrachtsplatz, dir große Allee werden durch farbige Gläser und Laternen beleuchtet; auch werden zwei Feuerwerke, welche einen gothischen Bau mit Taufkapelle barstellen, abgebrannt. — Die Berichte aus den überschwemmten Provinzen klingen bei weisem beruhigender. Ueberall ziehen sich die Wasser zurück, aber auch überall treten ihre großen Schäden hervor, welche Alles, was man befürchtete, übertreffen. DaS gute Wetter und die Hoffnung auf eine vortreffliche Ernte in allen Gegen den, welche nicht durch die Überschwemmung gelitten haben, macht die Gemüther etwas zuversichtlicher. Nicht so in finanziellen Kreisen. Hier hat man die Nothwendigkeit vor Augen, in welche die Regierung sich versetzt sieht, große Auslagen zu machen, und die Börse wurde von Gerüchten über eine neue Anleihe und von der bereits festgesetzten Consolidirung von Schatzscheinen beunruhigt. Petersburg, 2. Juni. Die Gnadenerlasse, die während der Anwesenheit des Kaisers in War schau publicirt wurden, überstiegen nicht unsere ersten Hoffnungen; allein es wird hier noch immer davon gesprochen, daß der KrönungStag für das Königreich noch mehr bringen soll. Das Mehr dürfte sich in dessen nur auf die Wiedergabe der polnischen Sprache, die auf's.neue in Gerichten und Schulen eingeführt werden soll, beschränken. Die Erpectionöreise des Kai sers geht nun bald zu Ende, und man erwartet hier seine Rückkunft zum II.Juni. Diesen Reisen wird xine stete CabinetSbeschäftiguNg folgen, bis die KrönungSzeit oder vielmehr die Vorbereitungen dazu, die schon ge machtwerden, sie auf einige Zeit unterbrechen. Der neue Minister des Auswärtigen Fürst Gortschakow beabsich tigt in Gesellschaft mit dem Justizminister Grafen Panin dem Kaiser mehre Vorlagen, in Bezug auf die Umgestal tung unserS Gerichtswesens zu machen. Der Antrag auf eine bessere Besoldung der Beamten soll das Wesentliche diese- Antrags bilden. Wenn man dieses Ziel erreicht, so werden auch die Mißbräuche, über die man bei unS seit langem klagt, befriedigt werden; denn diese entsprangen am häufigsten der dürftigen Lage, in der sich fast alle untern Gerichtsbeamten des Reichs be fanden. Cs ist eine wahre Regenerationszeit für,uns; man redet nur von neuen Einrichtungen und Reformen, die für unS in Zukunft so heilsam sein sollen.