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sie har auch Anlaß zu den schönsten Thaten der auf. opfernden Äebe gegeben. Eine Frau, welche ein drei jähriges Kind auf dem Arme hielt, konnte sich nicht aus einem Strubel befreien, vergebens arbeiteten Soldaten in dem nahekommenden Boote, sie warf ihr Kind weit von sich, so weit, baß eS die Solbaten ergreifen und ins Boot ziehen konnten. Als dies die treue Mutter gesehen, stieß sie einen lauten Ruf auS und verschwand in den Fluthen! Auf einem Platze suchte eine Frau durch bas Wasser zu waten, aber der Strom ergriff sie, riß sie um und spülte sie fort; sofort sprang ein kaum I5jähriger Mensch in die Fluch, ergriff das arme Weib bei den obenauf schwim menden Haaren und zog es so mit sich fort bis aufs Trockene. Auf einem Balken holte ein schon bejahrter Steuerbeamter vier Frauen aus einem Hause, welches eben zusammenstürzen wollte; die Steine des zusammen- brechenden Gebäudes verletzten den edelnMann blutig, aber sie hinderten ihn nicht, sein Rettungswerk zu zu beenden. Ein junger Mann stürzte sich aus Ver zweiflung in die Rhone, weil sein zusammenbrechendes Haus ihm sein junges Weib zerschmetterte, das er vor wenig Tagen erst geheirathet hatte. Wahnsinnig gewordene Mütter laufen am Wasser hin und suchen ihre Kinder; viele, viele Leichen liegen auf Plätzen, aber Niemand weiß, wer sie sind; geretteten Kindern sind die Eltern ertrunken. Man sieht ganze Züge von Frauen mit Bouillon und anderen Nahrungsmitteln nach den Kirchen ziehen, wo Tausende von Ueber- schwemmten lagern. In einer Kirche waren über 800 Unglückliche versammelt, als auch da die gierige Woge einbrang! doch retteten sie sich noch glücklich. Ein junger Arbeiter wird besonders gerübmt; unerschrocken rettete er viele Unglückliche und blieb 36 Stunden im Wasser! Die. Polizei ist in voller Thäligkeil, um die Erbärmlichen zu verhaften, die die Gelegenheit be nutzen, zu stehlen. — Der Kaiser, der eigenhändig reichlich Gelber spendete und überall mit lebhaftem Enthusiasmus und den Rufen: Es lebe der Vater der Armen! empfangen wurde, reiste am 2. Juni von Lyon ab, nach Velence, Avignon, Tarascon, Arleö w. — Noch ist die Noch schrecklich, so kommen neue Schreckensbotichaften, daß die Loire, Allier und Cher gewaltig austreten und die betreffenden Departements gleichfalls großes Unglück betroffen hat. Die Dämme sind an vielen Punkten durchbrochen, die Eisenbahnen, Straßen zerstört, u. a. ein Viaduct, der zwei Mill, gekostet. AuS Angers schreibt man, daß sich die Loiret sich mit der Loire vereinigt habe, die ganze Niederungsei ein Fluß, eine Wasserfläche! Von Am bosse ist man ohne Nachricht und fürchtet das Schlimmste, da man weiß, daß oberhalb und unterhalb der Damm gebrochen ist. Zwischen BloiS und Tours ist Vie Eisenbahn auf eine deutsche Meile zerstört. In den Magazinen von Orleans sind über 2000 Ctr. Salz geschmolzen. Landleute suchen, ihr vor Hunger brüllendes Vieh mit sich führend, Schutz und Obdach in den Städten. In Jargeau stürzten am 2. Juni 30 Häuser auf einmal ein. Mit «einem Worte: daS Elend ist nicht zu schildern. — -Bei seiner Rückkunft nach Paris ordnete der Kaiser sofort die Vorlegung einer neuen Forderung von 10 -Millionen zur Unterstützung der Ueberschwemmten an. Ueberall werden Subskriptionen eröffnet; die Kaiserin zeichnete für sich 20,000, für den Kronprinzen 10,000 FrcS., die 9 Minister und der Präsident des StaatS- ncithö jeder 1500 Fr., der Präsident des gesetzgebenden Körpers 5000, Barvn Rothschild 40,000 FrcS. Am 4. Juni belief sich die Summe der Unterzeichnungen in den Provinzen auf I'/r Mill. Alle ZeitungS- redactionen fordern auf zu Beiträgen; die des /.Con stitutione!" hatte am 5. bereits 35,000 Fr. abgeliefert. — Nachrichten aus Paris vom 6. Juni melden zwar das allmählige Fallen der Wasser, aber bringen noch Schilderungen der gräßlichsten Noch in allen betroffenen Departements. Der Kaiser wird am 7. wieder nach den Niederungen der Loire reisen. — Auch in Paris strömte seil 23 Stunden unaufhörlich heftiger Regen; spätere Nachrichten melden das Auf hören desselben, doch sei der Himmel noch mit Wolken bedeckt. Madrid. Wie verlautet, soll noch im Laufe deö Monats Juni die Vermählung der Infantin Donna Amalia, Schwester des Königs, mit den präsum tiven Thronfolger von Griechenland stattfinben. Be reits ist der prachtvolle Brillant-Brautschmuck für die Prinzessin aus London hier angekommen, wo er von den Juwelieren unsrer Königin angeferligt wurde. ES besteht in Ohrgehängen, Collier, Braceletts und einem überaus kostbaren Diadem von wundervoller Arbeit, wie denn überlaupt das Ganze die französische Ele ganz, gepaart mit der englischen Solidität der Arbeit, an sich trägt. Die Diamanten des Diadems allein haben einen Werth von 20,000 Pesoö Duros (1 Peso Duro --- 1 Thlr. 12Ngr). Markt- und Verkaufs-Preise Pirna, den 7. Juni 1856. Ä. Schfl. Thlr. Ngr. Thlr. Ngr. Weizen 7 8 zu 160 Pfd. bis 8 26 zu 173 Pfd. Roggen 6 — zu 153 Pfd. bis 618 zu 164 Pfd. Gerste 4 8 zu 140 Pfd. bis 4 17 zu 148 Pfd. Hafer 2 12 zu 100 Pfd. bis 2 25 zu 112 Pfd. Erbsen ü S zu 180 Pfd. bis 5 20 zu 185 Pfd. Wicken 4 5 zu 184 Pfd. bis — — zu — Pfd. Raps — — zu —Pfd. bis zu —Pfd. Rübsen — — zu — Pfd. bis — — 'zu — Pfd. Hirse S — zu — Pfd. bis 9 15 zu —Pfd. Grütze 6 12 zu — Pfd. bis 9 18 zu — Pfd. Linsen 6 — zu — Pfd. bis 7 — zu —Pfd. Bohnen .8 — zu — Pfd. bis — — zu — Pfd. Kartoffeln 1 15 zu — Pg, bis 1 20 zu — Pfd. Der Centn« Heu 1 Thlr. — Ngr. bis 1 ,Thlr. 15 Ngr. DaS Schock Stroh 8 Thlr. 15 Ngr. bis 9 Thlr. — Ngr. Die Kanne Butter 15 —16 Ngr. Schmidt, Marktmeister. Vermischtes. Bei einem der größten Lotterieeinnehmer in Berlin ereignete sich in letzter Woche folgender merkwürdiger Betrugsfall: Ein junger Mensch präsentirte cin LooS, auf welches ein Gewinn von 1000 Thlrn. gefallen ist, und verlangte die Auszahlung. Schon steht der Einnehmer im Begriff, ihm die auf sein Viertel fallende Summe zu behändigen, als er bei Empfangnahme dcS LooseS an der Stelle, wo die Nummer gedruckt ist, eine Erhöhung wahrnimmt und nach sorgfältiger Prüfung eine der Zahlen auf geklebt findet. Der Betrüger, ei» Buchbindcrlehrling, hatte auS einem zweiten Loose eine Ziffer ausgeschnitten, mit Meister schaft auf daS zum GewinnlooS umgcstempelte Blättchen ge klebt, um so den Mißgriff dcS Glücksrads zu corrigircn. Einst weilen befindet er sich in Gewahrsam.