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Freitag. IVr. 44. 6. Juni 1856. Inserate werden mit 8 Pfg. für die Zeile berechnet und in allen Expeditionen angenommen. Ein unterhaltende- Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Weißeritz-Zeitung Erscheint Dienstag« undi Freitag«. Zu beziehen durch all» Postanstal- ten. Preis pro Ouart.lv Ngr, TageSgefchichte. Dippoldiswalde. Am vergangenen Sonnabend hatte sich die unweit Altenberg gelegene Bärenburg eines gar hohen Besuches zu erfreuen. ES war die Wittwe des verstorbenen Königs Friedrich August, welche sich vorgenommen, alle LieblingSorte ihres Ge mahls noch einmal zu besuchen. Die Königin führ gegen IO Uhr Morgens hier durch und zunächst nach der Oberforstmeisterei zu Bärenfels, von wo sie, nach dem sie dort zu Mittag gespeist, sich nach Bärenburg begab, um in der dortigen Försterwohnung die Zimmer auszusuchen, in denen ihr sei. Gemahl sich gar oft so w'ohl befunden; auch die „FriedrichShöhe" ward von ihr besucht. Gegen 5 Uhr Nachmittags reiste die Königin wieder von da ab, über Schmiedeberg und Dippoldiswalde, wo sie von dem so starken Ge witter überrascht wurde, Altenberg, den 4. Juni. Am vergangenen Sonn abend gegen Abend zogen sich mehrere Gewitter über unserer Stadt zusammen, und der Horizont ward da durch in das tiefste Dunkel gehüllt. Die Wolken, die erst auf der Erde aufzuliegen schienen, wurden endlich durch einen Sturmwind gehoben und zertheilt, worauf sich die Gewitter in einem heftigen anhaltenden Re gen mit untermischten Schloßen entluden. Mehrere außergewöhnliche starke Schläge ließen vermuthen, daß eS in der Nähe eingeschlagen habe, doch hat gewiß unser alter, aber guter Blitzableiter, die Pinge, wieder gute Dienste geleistet -und den Blitz angezogrn, so daß unsre Stavt vor Unglück verschont blieb. Am Tage darauf hörten wir, daß der Blitz leider auch in der oberen Mühle bei Eichwald eingeschlagen habe, wo durch dieselbe ein Raub der Flammen geworden sei. In Böhme», Saatzer Kreises, sollen Schloßen im Um- kreise von 8 Stunden vielen Schaden angerichtet haben. — Die äußerst fruchtbare Witterung, welche den günstigsten Einfluß auf das WachSthum und Ge deihen unserer Feldfrüchte ausübt, wird doch veran lassen, daß die hohen Getreidepreise bald weichen werden. Schellerhau, am I. Juni. Eine Feier besonderer, seltener Art stimmte heute im GvtteShause allhier die Herzen frommer Christen hiesiger Kirchfahrt zum Lobe und Preise des Allerhöchsten. Die alte Orgel, sehr wahrscheinlich im Jahre 1771 von einem gewissen Ranft in Neu-Geising neu erbaut, befand sich in einem solchen Zustande, daß sie durchaus nicht mehr vermochte, durch ihre Töne religiöse Gefühle zu er wecken, zu beleben und zu bestärken, daß ihr Klang im Gegentheile in jedem nur einigermaßen gebildeten Menschen einen nur widrigen Eindruck hervorbringen und zurücklassen mußte, und deren Mangelhaftigkeit durch keine Reparatur beseitigt werden konnte. Diesem vön vielen Seiten her gefühlten und erkannten Uebel- stande ist nun unter Gottes Beistände durch Vollen dung einer neuen, dem Raume der Kirche angemes senen und entsprechenden Orgel abgeholfen worden, und ihre Weihe war eS, welche viele fromme Zu hörer im Hause dcS Herrn allhier vereinigte. — Der Gottesdienst begann mit Gesang ohne Orgel des 1. und 2. VerseS aus dem Liede Nr. 57,. worauf der hochwürdige Herr Superintendent N. v. Zobel die Weihrede hielt, in welcher die Nothwendigkeit, Wichtigkeit und Wohlthätigkeit einer guten Orgel tref fend dargelegt und geschildert wurde. Nach den Schluß worten der Weihrede: „Allein Gott in der Höh' sei Ehr'!" stimmte die Versammlung mit Begleitung der vollen Orgel den Gesqng Nr. 41 an, wobei Herr Cantor Fischer aus Altenberg, welcher dfe Prüfung des vollendeten Orgelwerks übernommen hatte, auch das Orgelspiel übernahm. Hierauf folgte die gewöhn liche Liturgie, und der Herr Pastor Franke zeigte dann in der Predigt, nachdem in der Einleitung derselben der neuen Orgel, sowie de« Erbauers derselben und aller Derer, welche durch Wort und Thal dieses herr liche Werk beförderten, anerkennend und rühmlich ge dacht worben war, den großen Werth der öffentlichen Gottesverehrung, welche dieselbe auch für uns noch immer hat. Herr Carl Traugott Stöckel, Orgel bauer auS Dippoldiswalde, der Erbauer dieser Orgel, hat sich durch dieses Orgelwerk ein lange bleibendes Denkmal allhier gesetzt, und so wie der Dank aller Mitglieder hiesiger Kirchfahrt und die rühmlichste An erkennung der hochgeehrten Kirchen-Inspektion für Schellerhau ihm nachfolgt, so ist derselbe auch wegen seiner Kunstfertigkeit und seines rühmlichen Kunst- fleißeS, sowie wegen seiner großen Uneigennützigkeit und seltenen Akkuratesse mit Recht Allen zu empfehlen, welche auf Erbauung einer neuen Orgel Einfluß haben, da besonders der sehr beschränkte Raum dcS Platzes für die Orgel in hiesiger Kirche die Thätigkeit seines Geistes nicht wenig in Anspruch nahm und ihm dieses Werk so herrlich gelungen ist. Der Herr der Welten aber, dessen Ruhm wir hienieden imGotteS- hause im Vorgefühl himmlischer Wonne besingen, wolle unser Gotteshaus mit seiner neuen Orgel bis in die ferne Zukunft gnädig und mächtig beschützen und er halten und seinen Segen reichlich Allen schenken, welche im hiesigen GvtteShause aus- und eingrhen, daß jetzt und später auch durch diese wohlgelungene Orgel das Reich Gottes zu uns komme! H.