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zurichten. Die Kinder, welche in den Sommermonaten von früh 6 bis Abends 8 Uhr in der Anstall zu verbleiben haben, erhalten zur Beköstigung früh und Abends Suppe, Mittags 12 Uhr '/ü Kanne warmes Gemüse pro Kopf aus der Gemüsespeiseanstalt und außerdem Jedes zum Frühstück und Vesper ein Stück Brod, welches die Communbäckerei liefert. Von früh 6—7 Uhr sind die Schularbeiten zu fertigen; Nach mittags ist bei günstiger Witterung eine Stunde Er holung im Freien, die übrige Zeit hinvurch mit Aus schluß der Schulstunden sind jedoch sämmtliche Kinder mit Strohflechkcn zu beschäftigen, wobei die Anstalt gute und geschickte Strohflechterinncn heran zu bilden strebt. Daö gefertigte Strvhgeflechte hat Vie Haus mutter an den Vorsteher abzuliefern und wird von diesem für Rechnung der Anstalt verkauft. Nicht leicht ist die Ausgabe, welche sich der Ar- men-Verein durch Gründung dieser Anstalt gestellt Hal; einmal, weil der außerordentliche Aufwand durch den Erlös der in der Anstalt gefertigten Arbeiten nicht gedeckt werden kann, die Armencaffe aber bei der anhaltenden Theuerung und durch die dadurch bedungenen, deren Kräfte übersteigenden, so zahlreichen Unterstützungen ohnehin ganz erschöpft ist; bann aber auch, weil die sittliche Erziehung, Reinlichhaltung und Beköstigung der Kinder überwacht werden muß. Dies erwägend, wird derselbe in Bezug aufLetzteres dahin streben, daß allhier auch noch ein Frau en verein gebildet werde, welcher sich der Beaufsichtigung unter zieht; ist eS doch ohnehin der edelste Beruf "der Frauen, die Erziehung der Kinder zu leiten. Anlangend den Kostenpunkt aber, so rechnet der Armenverein haupt sächlich mit aus die Unterstützung von Seiten aller Wohlgesinnten, welche den edlen Zweck dieses Unter nehmens erkennen und daher gewiß auch befördern helfen werden; denn nicht allein, daß dem so sehr überhand genommenen Bettelwesen der Kinder Einhalt gethan werden soll, so soll dadurch auch dem immer mehr um sich greifenden Pauperismus vorgebcugt werden. ES wird daher zur Einrichtung der Anstalt ein kleiner Fond auS der Armenkasse bewilligt, demnächst aber auch noch eine Liste zur Zeichnung von freiwil ligen Beiträgen in Circulation gesetzt werden, wobei man, auf den gesunden Sinn unserer Bürgerschaft rechnend, sich der Hoffnung hingiebt, baß, wenn die Unterstützungen, welche zeither dieBettelkinder erhielten, der Anstalt zugewendet werden, dieselbe für die Folge zu bestehen vermag und den gewünschten Nutzen und Segen bringen wird. Dresden. Seit dem 27. April ist der So m m e r- fahrplan unserer Dampfschifffahrt in Wirksam keit getreten, wonach nicht bloS die regelmäßige Ver bindung Dresdens mit den sächsischen Elbuferorten, sondern auch mit Böhmen bis Leitmeritz und mit Preu ßen bis Torgau auf der Wasserstraße hergestellt ist. ES geht täglich früh 6 Uhr ein Schiff bis Leitmeritz; Vormittags 9 Uhr bis Tetschen; Nachmittags 2 Uhr bis Schandau und Abends '/«7 Uhr nach Loschwitz und Pillnitz, von wo bas letzte Boot Abends gegen Uhr nach Dresden zurückfährt. Da Nachmittags 5 Uhr von Tcischen (Bodenbach) ein Schiff nach Dres den «rpevirt wird, so ist dadurch Gelegenheit gegeben, in Frist eines halben Tages Tetschen mit der schönen Kettenbrücke zu besuchen, wenn man auch erst Mittags */« I oder um 2 Uhr per Eisenbahn dahin fährt, btlvmabwärts geht regelmäßig täglich früh 7 Uhr, Vormiltags II Uhr und Nachmittags V-3 Uhr ein Boot nach Meißen und Riesa und AbendS 7 Uhr ein solches bis Meißen. Auch mit Torgau ist eine wöchentlich zweimalige Verbindung durch Dienstags und Donnerstags Nachmittags ^/-3 Uhr hier ab gehende Schiffe hergestellt. Die Ankunftszeiten der Dampfer in Riesa sind so berechnet, daß von dort ab die nach Leipzig, Chemnitz und Berlin abgehenden Eisenbahnzüge zur Weiterfahrt benutzt werden können. Besonders für Reisende nach Berlin ist die neu ein gerichtete Fahrt nach Riesa um 11 Uhr Vormittags sehr bequem, da der Dampfer früh genug eintrisfr, um den '/«5 Uhr in Riesa abgehenden Berliner Zug zu benutzen. — Der König und die Königin von Preußen sind am 25. AbendS zu einem Besuche bei unserm königl. Hofe eingetroffen und im Schlosse abgestiegen. Die Maj. besuchten daö neue Museum, machten einen Ausflug in den Schovncrgrund, sowie nach Pillnitz re. und verließen am 29. Vormittags die Residenz Dres den wieder. — Man hört, daß in der noch in diesem Jahre zusammentrctcndcn Elbzoll-Commisfion von Seite der österreich. Regierung die vollständige Aufhebung der Elbezölle beantragt werden wird. Plauen, 27. April. Gestern Abend 8'/, Uhr ereignete sich hier folgender trauriger Vorfall: In dem Hause des Kaufmanns L. fanden sich zwei Schüler hiesiger Realschule ein, um den ältesten Sohn desselben, dessen Kameraden und Freunde sie waren, zum Spazier gange abzuhvlen. Der junge L. ging, sich anzukleiden, und ließ seine Freunde im Vorhause warten, woselbst K., der Sohn einer Wittwe, ein an der Wand hängen des Nappier erblickt, es herunternimmt und sich über die ungewöhnliche Schärfe ausspricht. Gleicherzeit findet er sich veranlaßt, L., welcher lange auSblied, zum Fortgehen anzutreiben und zu fragen, ob etwa das Rappier geschliffen sei; da eilt L. aus dem hell erleuchteten Zimmer zur Thür heraus in die dunkle Hausflur, seinem Freund entgegen, und in demselben Augenblick ist er von dem Rappier in der linken Brust durchbohrt, so daß er tödtlich getroffen zurückeilt und mit den Worten: „K., du hast mich gestochen, ich muß sterben tobt auf daS Sopha niedersank. Der junge K., dessen intimster Freund L. war, ist der Ver-' zweiflung nahe, und die Familie L., welche in sehr glücklichen Verhältnissen sich befindet, ist über diesen unglücklichen Zufall vom tiefsten Schmerz ergriffen. Paris, 28. April. Heute um 3 Uhr fand auf dem Ministerium des Aeußern und unter dem Vor sitze des Grafen Walewöki die feierliche Sitzung des Congresfes zum Austausche der Rati ficationen des Pariser FricdenSvertrageS statt. Die Bevollmächtigten waren in großer Uniform. Oesterreich war von Henn v. Hübner repräsentirt, Frankreich von den Herren v. Walewöki und v. Bour- queney, England von Lord Cowley, Preußen von Herrn v. Hatzfeld; Rußland von v.Orloff und v. Brun- now; Sardinien von dem Marquis de Viüamara und die Türkei von Aali Pascha und Mehemcd Bey. Von 10 Uhr Morgens an hatten sich die den ver schiedenen contrahirenden Parteien angehörcnden Ge- sandtschaflösecretäre auf dem Ministerium des Auswär tigen versammelt, um die Ratificationen zu cvllationiren.