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L84 — Seht ihr dort den Commandanten, wie er die Bürger mit Pqllisqden beladen, den Kugeln der Fe stung entgegentreiben läßt ? Seht, wie ruhig er von seinem Rosse ans die Unglücklichen herabschaut, wie ste ihre Habe selbst noch in'S Lager tragen müssen, um dort noch Hxe Weiber und Töchter der Schande Preis zu gebe» Wh der Verzweiflung zu überlassen!" „Mr habt leider nur zu sehr recht," antwortete Gülhenstekn in Verlegenheit; „aber dieser Kyne- moni ist kein Schwede!" „Aber ein Unmensch ist er! Gott, was müssen wir noch fürchten von der Gefühllosigkeit dieses Ir länders ! Wie werbe ich, der Vater dieser unglücklichen Stadt, eS vermögen, meine Kinder zu schützen?!" — „Wendet Euch an Oesterling," erinnerte Gül denstern; „ev ist ein Deutscher Und Hai ein braves Herz!" Durch diese wohlmeinende Rede besänftigt, schämte sich Werner seines Ausbruchs des Zornes, zu dem ihn die heftigen Beschwerden wider Schwedens Volk gegen den bessern Einzelnen getrieben hatten. Dieser vergab gern, was so verzeihlich war und griff nach seinem Hut, um sich zu entfernen. „Auf fröhliches Wiedersehen!" schloß Werner seinen Abschied. „Kehrt Ihr zurück, so betrachtet mein HauS als das Eurige mit Allem, was eS enthält! Gott geleite Euch aus Euerm Wege!" „Gott mit Euch!" seufzte der fromme Prediger in seiner Schwachheit, mit sehnsuchtsvollem Blick. — Hoch stand die Sonne, als Güldenstern über den Schutt deS Rondels ritt, um fein Versprechen zu lösen. Achtlos auf die reizende Gegend, welche sich vor ihm ausbreitete, erheiterte ihn die Milde deS Frühlingstages nur erst allmälig wieder, und auf- athmend blickte er umher, die Schönheit des ElbthaleS bewundernd. Rechts deS breiten Strom's baö lieb liche Pillnitz am Fuße des Borsbergeö, der in ein langes Weingebirge sich verlor; links die waldigen, dorfbegrenzten Höhen, und vor sich in neblicher Ferne die Thürme Dresdens! Verloren im Anschauen dieses Paradieses ritt er langsam dahin, bis die rauschenden Wellen der rochen Müglitz ihn mahnten, sein Pferd zu wenden. Rasch flog er nun am Ufer hin, durch das enge Thal, dem SläVtchen.Dohna zu, dessen Thurm ihm schon von fern her zuni Wegweiser diente. Mit pochendem Herzen erblickte er das Schloß Gamig, den Aufenthaltsort seiner Fridoline, und Vie wehmülhig- sten Empfindungen tauchten in ihm auf, denn er wußte RichtS von ihr, ob er noch im Geiste ihr angehöre. Jetzt gestarrte nicht die Zeit, darüber weitere Nach richten einzuziehen; die Pflicht, die er dem Prediger gelobet, tfitb ihn weiter. Rastlos ritt er weiter, bis er in Dohna war. Auch hier hatten die Schweden Entsetzen verbreitet und scheu wich Jedermann vor ihm aus und floh, nichts Gutes von dem schwedischen Offizier erwartend. Doch seine Brust erfüllte die Liebe zur Heimath, zur theuern Vaterstadt, wo er die glück lichsten Jahre seines Lebens zugebracht hatte. Plötz lich blieb er halten vor einem Hause; eS war dasselbe, wo sein Vater gelebt hatte bis an sein Ende. „Wem gehört dieß HauS jetzt?" fragte er einew daher laufenden Knaben „Dem Sladischreiber Müller." „Halte mir mein Pferd, lieber Junge," bat Gül- Instern, indem er dem zitternden Knaben die Zügel mit einem Geldstück reichte, und rasch zur Stiege hin aussprang. Verlegen trat der Besitzer ihm entgegen, und die Kinder suchten Schutz bei ihrer Mutter. Nur ein Mann blieb regungslos in einem großen altertbüm- lichen Lehnstuhle sitzen, ohne die vor das Gesicht hal tenden Hände sinken zu lassen. Seine Stellung ver- rieth die höchste Traurigkeit. (Fortsetzung folgt.) V e r rn i s ch t e S. Die 20,000 Thlr. der Lottert« sind zum 4. Theil »ach Wurzen gekommen. Ein Achtel hat ein dortiger vermögender Zimmermeistcr, ein halbes Achtel das Sctzerpersonal (2 Gehülsex und «in Lehrbursche) der dasigen Druckerei,. und da« andere halb, Achtel haben ganz arme Leute ln Lassa und Collmen. Leipzig zählt jetzt 160 Buchhandlungen und 36 Buch druckereien, die in der Regel etwa l00Pressen und 60 Schnell pressen im Gange haben und zusammen 700 Setzer nnd Drucker beschäftigen. Vor zwanzig Jahren gab Man als etwas Außer ordentliche« an, daß iu Leipzig jährlich SV Mill. Bogen Papier bedruckt würden. Es wird diese Summe jetzt mehr als verdrei facht sein. Im Jahre 1675 zähltePariS 540,000Einwohner. Bitt zum Jahre 1789 erfuhr die Zahl keine wesentliche Aenderung. Um diese Zeit beginnt eine allmälige Zunahme, die jedoch erst im Jahre 1817 riesige Verhältnisse annahm. Im Jahre 1840 betrug dieselbe 1 Millionen 54,000, ist aber seither ziemlich gleich geblieben, da die Demolirungen im Innern der Stadt viele Ein wohner des alten Paris über die Bannmeile hinauSdrängten. Die Zahl der Hilfsbedürftigen belief sich 1853 auf 65,000. Die Eisenbahnen haben im Jahre 1854 bei 13 Millionen Rei sende von und nach Paris befördert, was auf den Tag eine» Verkehr von beiläufig 36,000 Menschen auf fämmllichen Bahn höfen giebt. Die Zahl der im Verkehr befindlichen Wagen be trägt 11,000, mit Hinzurechnung deS TranSportfuhrwerkeö 27,000. Die Omnibus befördern im Innern der Stadt über 25 Millionen im Jahre, und die verschiedenen sonstigen Mieth- wagcn nehmen in derselben Zeit über 18 Mill. Fr. ein. WaL die Nahrung betrifft, werden täglich 493,000 Kilogramme Brod, das ist bei einer Million Pfund, verzehrt. Die Zahl der ge schlachteten Rinder soll jährlich 716,000 betragen. Schänke» befinden sich innerhalb der Barriörcn 4400. Ein Oberräder Stciubruchbcsitzcr hat, nach dem „Fr. Anz.", dieser Tage beim Graben in seinem am sogenannten Mittelweg gelegenen Stcinbruch einen merkwürdigen Fund ge macht, nämlich einen .vollständigen versteinerten Menscheukopf, und zwar in einer Tiefe von 20 Fuß. Der Finder hat bereit« den Besuch von vielen Männern der Wissenschaft erhalten und Alle betrachteten mit höchstem Interesse den versteinerten Zeugen aus grauer Vorzeit. Derselbe ist bereits für ein naturwissen schaftliches Cabinet in Aussicht genommen. Am 11. April und an dem folgenden Tage fing man ans der Rhede von Havre 5 Exemplare eines an jenen Küsten sehr seltenen Fische», nämlich de» NordkaperS oder Butzkopfs. Der größte dieser Fische maß über 16 Fuß in der Länge und fast 1v *Fuß im Umfange. Er wurde für 150 Fr. versteigert und so fort auf der Eisenbahn nach Paris geschafft, um dort auSgestopft zu werden; hen nächst schönsten der Fische lauste die Stadt Havre zu 125 Fr. für das städtische Museum.