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I2ö Geschäft« werden einen nie gekannten Aufschwung nehmen, alle ErwerbSzweige werden blühen und die Löhne steigen, was wir besonders der arbeitenden Klasse herzlich wünschen. IL Taqcö geschickte. Lauenstein, I> März. Der gestern hier abge- haltene Jahrmarkt hat, nach den Aeußerungen der Verkäufer, den gehegten Erwartungen nicht entspro chen; man hörte fast allgemein Klagen über wenigen Absatz. Die schlechte Witterung hat dazu allerdings viel beigetragen, da gerade in den Mittagsstunden ein arge- Schneegestöber cintrat, was wohl Manchen vom Kaufen abhielt. „Wenn dieser Markt schlecht ist, was sollen denn die folgenden bringen?'^ so hörte man vielfach äußern, und diese Besorgniß ist nicht unbegründet: der Mittelstand kauft nur das Aller- uöthiaste, die höheren Stände beziehen ihren Bedarf von Märkten in größer» Städten. Mustert man unsere Budenreihen, so vermißt man gar viele der älteren Marktbesucher; diese sind zwar wieder durch neue ersetzt, jedoch verschwinden auch sie so schnell wieder, als sie gekommen. Zu diesen Klagen gesellte szch diesmal eine neu-, hervorgerufen durch eine an mehrern Buden angeschlagene Bekanntmachung, in Folge deren diejenigen Verkäufer, welche gelöste Stände haben, das Stätte- und Budengeld auch dann be zahlen sollen, wenn sie den Markt nicht besuchen, und sollen sie nur von der Abgabe befreit sein, wenn sie sich acht Tage vorher abmelden. Jedenfalls ist hierbei unsere Marktdeputalion davon ausgegangen, unsere Stadtcasse vor Verkürzung zu schützen, da der Auswand für das Budenbauen daraus bestritten wer den muß, ob nun viel oder wenig Stältegeld einge nommen wird. Einerseits gebührt nun den um unfern Stadtsäckel besorgten Männern alle Ehre, andererseits aber erscheint die Maßregel etwas har«. Müssen die Verkäufer doch schon daS Stättegelb voraus be zahlen, nicht wissend, ob sie etwas lösen oder nicht. Werden sich nicht noch mehr Verkäufer zurückzichen, wenn ibnen oben beregte Abgabe noch auferlegt wird für den Fall, daß sie den Markt einmal nicht besuchen und die Frist zur Anmeldung schon vorüber ist? ES können in den letzten Tagen vor dem Markt nicht nur die Witterung, sondern auch viel andere Hinder nisse ihnen den Besuch nicht möglich machen. Möchten diese Zeilen dazu beitragen, daß man die Verkäufer vor Nachtheik eben so schützt, als die Stadtcasse, — daß man vielleicht einen Mittelweg zur Ausgleichung finde. Berlin, 12. März. Der kaiserlich französische Gesandte Hierselbst hat unserm Ministerpräsidenten Frei herrn v. Manteuffel heute eine Depesche des Grafen WalewSky übergeben, in welcher dieser als Organ der Pariser Conferenz unter Mitiheilung des betreffenden Protocollertractes an Preußen die Einladung richtet, aus Gründen des europäischen Interesses und als Mitunterzeichner deS Vertrags von 1841, Bevollmächtigte zur Theilnahme an den Verhandlungen der Conferenz zu senden. Preußen wirb dieser Einladung Folge lei-ston. (Tel. Dep. d. D. I.) Berlin, 10. März. Der Generalpolizeidirector v. Hchnckeldey ist heute Vormittag in einem Duell mit Hrn. v. Nochow, Mitglied deS Herrenhauses, von demselben tödtlich in die Brust getroffen worden lind wenige Minuten nachher gestorben. Die Veran lassung des Duells ist einem Vorgänge zuzuschreiben, welcher sich bereits im Juni vorigen JahreS im hiesi gen Jockey-Club, der sich alljährlich bei dem Pferde rennen im „Hotel du Nord" versammelt, ereignet hat. Das Factum bestand darin, daß mehrere Mitglieder deS Clubs, zu denen auch Herr v. Rochow gehörte, von einem Constabler-Offiz'ier, welcher plötzlich in ihrer Mitte erschien, beim Hazardspiel überrascht und in Folge dessen verhaftet wurden. Es haben hierauf mehrfache Explikationen und Verhandlungen stattge funden, in deren Verfolg eine sehr verletzende Eingabe erfolgt sein sott, und diese letztere hätte Herrn v. Hinckelbey zu einer Herausforderung des Herrn v. Nochow vermocht. Gestern hat Herr v. Hinckeldey sein Amt nicdergelegt und heute Vormittag 10 Uhr hat daS unglückliche Duell stattgesunben. Herr v. Hinckelbey ist auf den ersten Schuß geblieben und seine Leiche nach dem königl. Schlosse von Charlotten- burg gebracht worden, woselbst kurz zuvor der Secun- dant VeS Gefallenen, Geh. Oberregierungsrath v. Münchhausen, erschienen war, um Sr. Maj. dem Könige das Vorgefallene zu berichten. Se. Majestät sollen auf daS Heftigste erschüttert gewesen sein. Hr. v. Rochow, Secrelär deS Herrenhauses, jedoch zugleich Lanbwchroffizier, hat sicheln letzter Eigenschaft auf der hiesigen Commandantur als Arrestant gemeldet. Der ganze Vorfall hat eine überaus lebhafte Sen sation erregt und die Agitation, welche die jüngsten Kammerdebattrn in den Reihen des hiesigen Mittel standes hervorgerufen halten, wesentlich gesteigert. Paris, 8. März. Wenn den Gesprächen in den politischen Salons zu glauben ist, wären die Con- ferenzen au einem Punkt angelangt, wo Härte der Härte begegnet, oder mit andern Worten, wo die beiden contrahirenden Theile weit auseinander gehen. Welche der westlichen Federungen den Widerstand Rußlands herausfodert, wird nicht angegeben, daß er aber hervortritt, hält man für unbestreitbar. Die beiden Bevollmächtigten des Zar sollen viel Beredt- samkeit anwenden, viel Logik aufbicten, um zu beweisen, daß die von England und Frankreich gestellten Be dingungen über alle Billigkeit hinausgehen. Mit diesem Stande der Dinge bringt man die Einberu fung der 140,000 Mann für I8ä6 unter die Fahnen in Zusammenhang. Ob mit Recht, muß dahingestellt bleiben. Als eine Seltsamkeit wird erzählt, daß eigent lich Niemand, selbst nicht der Graf Walewski, die eigentliche, tiefliegende Absicht des Kaisers genau kennt. Keiner von Men Ministern hat sein volles Vertrauen, und er sagt ihnen in der großen Frage nicht mehr, als er überhaupt laut werden zu lassen für räthlich erachtet. Er spricht zu den Ministern wie zum Publicum mit Berechnung und Zurückhaltung. Jeder Minister erfährt gerade so viel, als ihm zu wissen nöthig ist, und nicht mehr. Graf Walewski hat Befehle für die gewöhnlichsten Fälle; bei jedem Zwischenfalle, bei jeder diplomatischen Wendung der Dinge muß er neue Instructionen von seinem Herrn cinholcn. Diese besondere Weise zu regieren, die Dinge vorzubereiten und auszuführen, ist die Ursache, daß man den Friepcnöäußerungen, welche hier und da aus dem Munde deS Kaisers kamen, nicht jene Be deutung zuschreibt, die sie sonst in Anspruch zu nehmen