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IXe. 8 Weißeritz-Zeitung Freitag. Erscheint Dienstag» und Freitag«. Zu beziehen durch alle Postaustal ten. Preis pro Quart. lO Ngr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. 25. Januar 1856. Inserate werden mit 8 Pfg. für die Zeile berechnet . und in alle» Expeditionen angenommen. Verantwortlicher Ncdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Im verflossenen letzten Viertel jahre—Ocldr. bw Ende Decbr. 1855- sind in hiesiger Siparcasse von 586 Einlagen 9597 13 7 eingezahlt u. in 174 Rückzahl. 4366 16 3 ausgezahlk. Altenberg. Nach den so stürmischen Tagen, wie wir solche seil den Weihnachtsfeierlagen sehr häufig hallen, ist für unS Gebirgsbewohner die seil 8 Tagen eingelrelene milde Witterung recht wvhlthnend; nicht allem, baß unsere Holz- und Kohlenvorrälhe dabei weniger in Anspruch genommen werben, als Anfangs 'dieses Monats, ist cs auch unfern Armen eher mög lich, ihr kümmerliches Leben weiter zu fristen, denn für Arbeit und Verdienst wird, Dank sei eS unfern Be hörden, immer möglichst gesorgt, wenn auch der Lohn im Winter bei den kurzen Tagen kärglicher zugemessen wird, als im Sommer, und daher bei aller Sparsam keit oft nicht ausreichen will, die nöthigsten Lebens mittel zu beschaffen: Wie nun aber jedes Ding seine zwei Seiten hat, so auch hier. Einerseits ist die jetzige milde Witte rung sehr willkommen; eS ist dadurch dem Wasser mangel doch wenigstens zum Lheil abgeholfen, die gewerkschaftlichen Teiche haben einigen Zugang er halten, wodurch die Möglichkeit geboten ist, die wegen Wassermangel feiernden Grubenarbeiter wieder voll ständig zu beschäftigen; — andererseits würde es aber auch erwünscht gewesen sein, wenn unsere Schlitten bahn noch eine Zeit lang ausgehallen hätte, denn nicht allein, baß bei guter Schlittenbahn weit mehr Verkehr allhier cintritt, so wird auch durch daSZwitter- sahren auf Ven sogenannten.Kästelschliiten der arbei tenden Classe Gelegenheit geboten, sich ihren Unter halt zu verichaffen, da nicht allein Bergleute, sondern auch andere Handarbeiter hierzu angenommen werden. Zwar ist bis jetzt schon manches Schock Fuhren Zwitter vom Römerschacht bis vor die Pvehmühlen gefahren worben, bemungeachtel aber bleibt noch manche Poch mühle unverfahren, was nicht der Fall sein würde, hätte die Schlittenbahn noch 4 Wochen ausgehallen, zumal täglich gegen 200 Mann die Mühlbergstraße abwärts flogen und aufwärts keuchten. Man muß eS selbst'mit eignen Augen ansehen, um einen Begriff von der Thätigkeit und Emsigkeit zu erhalten, mit welcher Mancher bemüht ist, einen hübschen Tage lohn zu verdienen; doch zu beneiden ist deshalb ge wiß Keiner, da öfters auch viel Gefahr damit ver bunden ist. Ebenso wie bei der Eisenbahn mit Dop pelgleisen sind auch hier zwei Gleise, daS eine für die beladenen, das zweite für die leeren Schlitten, und zwar ganz nahe beisammen, da überhaupt der ganze Mühlbergweg nur die Breite eines gewöhnlichen Com- municativnsweges hat. Ist Nun die Bahn gut, so sind die auf dem Joch sitzenden Lenker des Schlittens allenfalls im Stande, den Schlitten den steilen Berg herab während deS HinabfliegenS im Gleise zu er halten, wird aber EiSgrund, dann tritt Gefahr ein, denn der Schlitten ist schwieriger zu lenken, er gehr quereinwärkS, oft verkehrt den Berg herab, und ge wöhnlich stürzt er, uNten angekommen, um. Da nun bald ein zweiter, dritter und vierter sofort nachkommt, so wird bald ein Knäuel fertig, welches nur selten ohne Schaden abgeht. Einen solchen Unglücksfall hatten wir am vergangenen Sonnabend zu beklagen, wo der Bergarbeiter Köhler mit seinem beladenen Kästelschlitten den SteinselS, hiuab mehr fliegt, als fährt, da die Bahn aus lauter Eisgrund bestand. Nicht ahnend, daß vor ihm einige Kameraden umge worfen haben, sieht er mit Grausen von fern den Knäuel sich entwickeln, vermag aber nicht, seinen Schlitten auf dem Eise zu erhalten, daher ihn der selbe so zu sagen gerade in die umgeworfenen Schlitten hineinschiebt, wodurch derselbe dermaßen an den Beinen beschädigt worden ist, baß er nach Hause getragen werden mußte, und soll diese Beschädigung, da das Fleisch von den Oberschenkeln losgcdrück^ sei, eben so gefährlich, ja noch schmerzhafter sein, als ein Bein bruch. Unglücklicherweise kommt auch Köhlern der Bergarbeiter Kästner nachgefahren, welcher natürlich seinen Schlitten im Fluge ebenfalls nicht aufzuhalten vermag; doch trotzdem, daß selbiger mit dem Kopfe zwischen die Schlitten eingeklemmt worden, ist er nur mit einer leichten Verletzung des einen Backens weg gekommen, es hatte hier offenbar der liebe Gott seine Hand über ihn gehalten. Möge er es auch ferner thun! — Jedoch nicht allein am Mühlberge, sondern auch in der Stadt selbst ist durch das Tbauwetter Eiö entstanden, welches die Straßen und namentlich die am Abhange liegenden Gassen passiergefährlich macht, und es hätte nicht viel gefehlt, so hätten wir vorige Woche rin zweites Unglück zu beklagen gehabt. Nämlich ein hiesiger achtbarer Bürger, welcher des Abends einen nothwendigen Geschäftsgang gehabt, dabei aber pflichigetreu große Eile bewiesen, 'kommt auf dem Rückwege die sogenannte Ehrharbl'sche Reihe herunter, fällt auf dem Eise, da die eine Anhaltestange schon seit einem Jahre verschwunden ist, rutscht darauf fort, und gerade mit dem Gesicht in den am Garten befindlichen Strauch, welcher dem guten Manne Spuren seines Daseins in daS Gesicht gegraben, welche bi-