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wissen? Der Tod ist gewiß, aber Tag und Stunde ist ungewiß und unS verborgen." „Ich weiß sie gewiß," entgegnete Heinrich. „Diesen Morgen halt' ich einen Traum, worin mir mein seliges Hannchen als Engel erschien. Erst lächelte sie mit unbeschreiblicher Holdseligkeit, dann winkte sie mir mit der einen Hand, indem sie mit der andern gen Himmel nach einem schönen, schönen Sterne zeigte, dann breitete sie die Arme nach mir aus, als verlangte sie nach meiner Seele, und wollte sie mit sich emporyeben, und endlich sprach sie — ach, der liebliche Ton, mit dem sie sprach, tönt unaufhörlich wie Musik in meinen Ohren. — Sie sagte: „So wie du es auf den Abend sechs Uhr vom Thurme schlagen hörst, erschein' ich Dir wieder, und dann stirbst Du. — Folgst Du mir gern?" — „Mit Freuden!" rief ich, „mein Hannchen, mit Freuden!" — und hier erwacht' ich." „Träume, mein lieber Sohn," sagte der Pfarrer, „gehen unS allerdings zufällig aus, aber nicht gerade, wenn wir es wünschen und wollen. Schlage Er sich die Gedanken aus dem Sinne. Er hat ein bedeutendes Fieber, ich werde ihn, so Gott will, zur Freude seiner Eltern, die ja seiner Hülfe in ihren alten Tagen be dürfen, und für die Er zu leben wünschen muß, ge sund machen und beim Leben erhallen." „Sie werden sehen, Herr Pastor," entgegnete Heinrich, „so wie ich'S auf den Abend Sechs schlagen höre, so sterb' ich, und eS ist auch recht gut für mich." — Hier trat der Vater wieder herein, Heinrich schwieg, und der Pastor überließ den Sohn der Aus sicht des Vaters, und ging nach Hause, um, wie er sagte, eine Arzenei zu holen. „Aber," dachte er unterwegs bei sich selbst, „was soll ich ihm geben?" — Plötzlich, als wenn es Gott ihm eingäbe, erinnert er sich, was für ein Mittel einmal ein berümter Aezt in einem ähnlichen Falle mit glücklichem Erfolg angewendet hatte. Ein junger, auf der Universität — e— Studirenber hat eines Abends einige seiner Jugendfreunde bei sich. Sie sitzen eben recht vergnügt nach Tische noch beisammen, als ihr Wirth sich aus dem Zimmer entfernt. Nach einigen Minuten tritt er verstört und leichenblaß wieder unter sie, und erzählt: am Ende des langen Ganges vor seiner Wohnung sei ihm eine weiße Gestalt er schienen, und habe ihm zugerufen: „Wenn Du eS diese Nacht zwölf Uhr schlagen hörst, wirst Du sterben." Die Freunde,' in der Meinung, er treibe Scherz, lachten Anfangs über sein Abenteuer; da sie aber sahen, daß er sich auf keine Weise von dem Gedanken an seinen Tod um Mitternacht abbringen läßt, wird ihnen sein Zustand bedenklicher und sie holen den Arzt. Dieser läßt sich von dem Kranken, den man in's Bette hatte bringen müssen, seine Geschichte erzählen, und bei den Worten, die die Erscheinung gesagt haben soll: „Wenn Du eS hörst Zwölf schlagen" — fällt ihm plötzlich ein: „Wenn er eS aber nun nicht hört?" - Daö Hören muß verhindert werden. Er verordnet ihm einen Schlaftrunk, und der Kranke verschläft glücklich die Mitternacht, erwacht am andern Morgen in Gegenwart deS ArzteS und seiner Freunde, sieht, daß es Tag ist, dankt im Stillen dem Himmel, daß er die Uhr verhört hat, schämt sich seiner Phantasien, und lacht zuletzt mit seinen Freunden darüber. — An Sterben ist nicht mehr zu denken. Der Pfarrer, voll Freude bei der Erinnerung an diese sonderbare Begebenheit, die er vor Jahren einmal gelesen hat, trägt kein Bedenken, ein Opiat aus seiner Hausapotheke zu nehmen, und es seinem Kranken in den Fliederthee, den unterdessen die Mutter zubereitet hat, zu schütten. Heinrich trinkt den Thee, verfällt bald darauf in einen ruhigen Schlaf, erwacht, zum großen Schrecken des ihn beobachtenden Pfarrers, kurz vor sechs Uhr auf einige Augenblicke, fragt, die Augen mit Anstrengung aufreißend, die Anwesenden: ob eS nicht bald Sechs Uhr schlagen werde? und schläft, — wie freute sich hier der Pfarrer! — ohne die Ant wortabzuwarten, wieder ein, und hört eS nicht schlagen, und schläft fort bis an den Morgen kurz vor sechs Uhr, wo sich der Pfarrer bereits eingefunben hat, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen. Heinrich er blickt ihn, er sieht seine Aeltern am Belte stehend, er sieht das brennende Licht und das Theezeug auf dem Tische an der Wand — Alles wie Abends vorher. ES ist ihm, als hält' er nur einige Minuten geschlummert. — Er verwechselt den Morgen mit dem Abend — er fragt nach der Uhr — indem man ihm antworten will, es sei nahe an sechs Uhr früh — schlägt die Thurm uhr. Er hat sechs gezähtt. Er reicht die Hand nach den Umstehenden; er seufzt ihnen ein schwaches: „Lebt wohl!" zu; er ruft, Vie Arme emporhebend, mit starker, fröhlicher Stimme: „Ich komme, mein theureö Hann chen!" — er stirbt. — Und sein grünendes Grab ragt nun am Grabe deS Mädchens. Vermischtes. Der Vielfraß — so heißt der Titel einer neuen Zeit schrift, die im Staate Maine in Nordamerika erscheint. Um ihrem lächerlichen Titel Ehre zu machen, beschäftigt sich dieselbe nicht bloS ausschließlich mit gastronomischen, d.h. auf den lieben Magen bezüglichen Gegenständen, sondern läßt sich auch, statt mit Gelde, mit Erlegung von Lebensmitteln bezahlen. Das JahreS-Abonncment kostet — ein Kalb, für ein halbes Jahr ein halbe» Kalb, für drei Monate zahlt man einen Hammel, für bloS einen Monat einen Truthahn. Inserate werden je nach dem Umfange mit Eiern, Hühnern re. bezahlt. Der in- ventiöse Herausgeber dieses BlattcS wird wenigstens nicht am Hungertyphus sterben! — Deutsche Grafen. Man zählt gegenwärtig in Deutsch land 717 gräfliche Familien, nämlich in Oesterreich 339, in Norddeutschland 252, in Süddcntschland UV. Eigentlich deutschen Ursprung» sind aber davon nur 384; die übrigen stammen auS anderen europäischen Ländern, die meisten (54) auS Italien, aus Polen (49) und auS Ungarn (41) ; 3 sogar aus Griechenland und 1 auS Portugal. Dem Uradel gehören unzweifelhaft 459 Familien an und von den übrigen sind wiederum 212 alter Abkunft, d. h. mindestens schon vor zwei Jahrhunderten dem Adel urkundlich verbunden. Ungleichen Verbindungen fürstlicher Häuser sind 13 Grafenfamilien ent sprossen. Zur katholischen Kirche bekennen sich 476 Grafen häuser. Zeitungswesen in Oesterreich. Die Zahl der von Wien durch die PostamtSzeitungS - Expedition versendeten Zei- tungSblätter im Jahre 1848 war 1,189,934 Exemplare im Jahre 1849 dagegen 7,166,273, im Jahre 1850 ferner 8,538,749, im Jahre 1851 aber 10,260,814 Exemplare. Hierauf ergab sich im I. 1852 ein Rückgang ans 9,262,018 Exemplare, hingegen 1853 wieder der Beginn eines Aufschwun ges in der Zahl von 9,791,743 Exemplaren, und 1854 von 13,390,151 Exemplaren. Da 1855, soweit die amtlichen