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Freitag. Rr. 86. 2. November 1855. Erscheint Dienstag» und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart. lO Ngr. Inserate Weißeritz-ZeitungM angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Altenberg, am 31. Oct. Bereit« ist nunmehr ein Monat verflossen, seit unsere Stadt durch ein ziemlich bedeutende« Brandunglück heimgesucht wurde, und jetzt, nachdem wir deshalb wieder einigermaßen Beruhigung gefaßt haben, dürfte e« an der Zeit sein, noch einige Worte hierüber zu schreiben, lieber die Entstehungsursache dieses Brandunglücks scheint man hier allgemein darüber einverstanden zu sein, daß selbiges durch Brandstiftung entstanden ist, obschon die bisher mit giößler Umsicht und Energie geführte Untersuchung zu einem Resultate nicht ge führt hat, welches einiges Licht darüber verbreiten könnte. Wie bekannt, ist ja auch das Feuer in der ZwitterstockSgewerkschaftlichen Wäsche zuerst auSge- kommen, in welcher an diesem Tage weder gearbeitet wurde, noch daß sonst irgend ein Aufseher oder Ar beiter eine Verrichtung in derselben gehabt hätte. Daß aber der vermeintliche Brandstifter gerade den Sonntag gewählt hat, an welchem die Treibemaschine still stank, und daher bei einer Feuersgefahr die Stadt für den Augenblick mit hinlänglichem Wasser zum Löschen nicht versehen war, daraus dürfte doch der Schluß zu ziehen sein, baß derselbe daö Niekerbrcn- nen der Wäsche beabsichtigt habe, denn eincsrheilS spricht schon das zweimalige frühere Feueranlegen am Giflhause, daS Auöwerfen von Brandbriefen, so wie anderntheils auch die Wahl gerade dieser Wäsche dafür, in welcher der sämmtlichc Abgang vom Neubaue der daneben befindlichen großen Wäsche auf gespeichert lag. Leider wurde nur das Unglück größer, als der Brandstifter vielleicht beabsichtigt haben mag, da der an diesem Abende sich erhobene Sturm das Löschen ungemein erschwerte, und wie bereits erwähnt, es für den Augenblick an hinlänglichem Wasser fehlte, und eben dieser letzte Umstand veranlaßt uns, die Auf merksamkeit unserer Behörden auf diesen Gegenstand nochmals hinzulenken. Früher hatten wir in der Nähe des jetzigen Römerschachtes den sogenannten Kunst reich, welcher nur beim Schlemmen und Fischen des selben ganz abgelassen wurde, und durch diesen war doch der untere Theil der Stadt stets mit Wasser ver sehen, welches uns aber durch dessen Abwerfen ent zogen worden ist. Es ist zwar diesem Uebelstande durch Herstellung einiger Wasserreservoirs an der ge- werkschaftl. Röhrtour einigermaßen abgeholfen worden, doch wurde gerade bei diesem Brande der frühere Kunst teich fühlbar vermißt, da beim Feiern der Treibemaschine selbige kein Wasser liefert und das Bruni,en-Röbrwaffer nicht hinreichend ist, nur eine Spritze mit Wasser zu speisen. Bei der feuergefährlichen Bauart unserer Häu ser möchte eS aber doch wohl rathsam erscheinen, wenn in dieser Beziehung noch etwas gethan würde; viel leicht, daß sich jetzt noch mit der wohllöbl. Zwitter stocksgewerkschaft ein Abkommen treffen ließe, daß we nigstens der noch nicht zugestürzte Theil diese« ehe maligen Kunstteiches für. die Stabt zu einem Wasser reservoir bei FeuerSgefahr hergestellt würde, damit nicht erst eine halbe Stunde Zeit nöthig ist, ehe das Wasser auö den gewerkschaftlichen Teichen hergeleitet werden kann. Gewiß dürfte solches mit dazu gehören, wenn cS heißen soll, die Löschanstalten sind gut geregelt.; denn was nützt es uns, daß die Spritzen schnell am Orte der Gefahr sind, wenn eö unS am Besten, am Wasser, fehlt? — Auf einen zweiten Uebelstand er lauben wir uns aber auch noch aufmerksam zu ma chen, welcher sich schon vorigen Winter beim Brande des Mutze'schen HanseS herauSstellte. Wie bekannt, besteht der Feuerordnung gemäß allhier auch eine Rettungsmannschaft zum Personenretten und beson ders, um das Stehlen zu verhüten, zum SachenauS- räumen. Hierzu sind nun, einschließlich eines Vor stehers, 16 Mann beordert. Wie nun aber, wenn von diesen 16 Mann seit Errichtung derselben 1 ge storben, I selbst in der größten Feuersgefahr, 1 krank, 1 abwesend, 2 als gewerkschaftliche Angestellte, und l alö in nicht zurechnungsfähigem Zustande davon in Abzug kommen, so wie solches bei diesem Brande der Fall war, so wäre die Rettung der Sachen dies mal nur 9 Personen überlassen geblieben, hätten nicht andere Helfer in der Noth ihren hilfreichen Arm dazu geboten. Gesetzt aber auch, e« wäre die ganze Mann schaft vollzählig erschienen, so würde dieselbe bei so einem Brande nicht im Stande gewesen sein, die Sachen ans einem einzigen Hause zu retten, viel weniger au« acht Häusern. Stellte sich doch diese Zahl als nicht zureichend beim vorletzten Brande her aus, wo nur ein einziges Nachbarhaus in Gefahr war. Daher dürfte auch der Vorwurf, welchen man der Nettmannschaft wegen deS Stehlens einiger Effec ten durch daS Ausräumen derselben macht, als unge recht bezeichnet werden. Stellen sich nun derartige Mängel bei wirklicher Gefahr am deutlichsten heraus, so fand sich auch ein dritter Mangel unserer Feu?r- ordnung wiederholt bei diesem, wie beim vorletzten Brande: Jeder, welcher eine Function dabei hat, eilt gewiß beim ersten ihm zu Ohren kommenden Feuer ruf mit seinem Löscheimer auf seinen Posten, so auch die Rettmannschaft. Dringt nun dieselbe in.daSJn- nere der Häuser, so fehlt es gewöhnlich an der so nöthigen Beleuchtung, um sich in dem fremden Hause zurecht zu finden, wo nicht selten bei der Dunkelheit Einer den Andern über den Haufen stößt oder