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85 Weißerih-Zeitung Berantwortlicher Rcdacteur: CarlJehne in Dippoldiswalde. 30. Octoöer 1855 werden mit 8 Pf."'für die Zetke b-rechttet ^und ' kn alltsi Expeditionen ' angenötnmnt. Dienstag. Erscheint Dienstags undi Freitag». Zu beziehen durch alte Postanstal ten. Preis pro Quart. lONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Tagesgeschichte. Lauenstein, 27. Ockbr. Bor 8 Tagen hat auf dem hiesigen Rittergute ein bedauerlicher Vorfall statt gefunden, der leider ein Menschenleben gekostet und leicht noch mehrere kosten konnte. Das an das Ge sinde verabreichte Brod ist von neuem Mehle, worin sich Mutterkorn befunden, gebacken gewesen, und sämmt- liche Personen, die davon genossen haben, sind davon betäubt geworden und der 17jährige Sohn VeS dortigen Schafmeisters Rentzsch unter großen Schmerzen daran gestorben. Mehrere Andere liegen noch krank. Die Sektion deS Verstorbenen, bei der auch ein Dresdner Arzt gewesen, hat die Einleitung einer Untersuchung gegen den RrttergutSpachter Vvhland zur Folge ge habt. Es ist schrecklich, daß beim Verbackenlassen solchen MehleS, oder vielmehr beim Mahlen solchen Kornes, nicht mit mehr Vorsicht zu Werke gegangen wirb. -f- Dresden, 24. Octbr. Am 21. Octbr. wurde in einem Weinberge zu Lockwip bei Dresden durch ein stehen gebliebenes, an einem Pfahle lehnendes Ge wehr, welches einem Bauerburschen daselbst angehörte, ein Kind von 4 Jahren durch das Umfallen des Ge wehrs dermaßen im Rücken verletzt, daß eine drei Zoll große Wunde entstand, und wenig Hoffnung, das Leben zu erhalten, übrig ist. In Leipzig hat sich ein Hilfsverein gebildet, der Getreide und Kartoffeln auS erster Hand einkauft, um sie zum Kostenpreis an Unbemittelte abzulaffen. Der selbe verfügt bereits über ein Capital von 23,000 Thlr. Aus der Krim. Die neuesten Nachrichten reichen bis zum 24. Oktober und bringen die Nachricht, baß beiEupaloria bis dahin kein weiteres Vorgehen der Alliirten stattgefunden hat, sondern die am 22. dort in südlicher Richtung gegen Simferopol vorgerückten Truppen am 24. wieder nach Eupatoria zurückgegan gen waren. Bei Kinburn Hai sich ebenfalls nichts Verändert. — Marschall Pelissier hat an daS französische Kriegsministerium ein Jnventarium der in Sebastopol Vorgefundenen Gegenstände verschiedener Art einge- senbet. Ausgeschlossen sind die broncenen und eisernen Geschütze aller Caliber. Wir entnehmen dem Ver zeichnisse einige gerade auf die KriegSführung be, züglichen Posten. Die Verbündeten fanden in Sc- bastopol: 407,314 Kugeln, 101,755 Hohlgeschoffe, 24,080 volle Kartäischenhülsen, 262,482 Kilogramm (L 2 Pfund) Pulver, 470,000 Cartouchen zu Flinten- unb Carabinerkugel« in gutem Zustande, 160,000 der gleichen beschädigt, 80 Wagen, 26 Schmiedeblasebälge, 26 Ambofe, 6 Jollen, außer den zum Hafendienst bleibenden Booten, viel Schiffsbauholzwerk, 52,000 Kilogr. altes Schiffskupser, '50,000 Kilogr. altes Tau werk, 25,000 Kilogr. dergleichen neues, 200 Stämme, 730,000 Stangeneisen und Stahl, 7000 Eisenplatten, 8000 Eisenblechblätter, 60,000 Kilogr. Nothkupfer, 20,000 Kilogr. Zinn, 3800 Kilogr, Nägel aller Art, 200 Fässer Theer, 3000 Kilogr. kleine Kessel, 8 große Kupferkessel zu etwa 50,000 Kilogramm, 50,000 Ki logr. altes Kupfer, 80,000 Kilogr. alles Eisen, 350 Haspitalbetten, 600 Bücher und Pläne, 2000 Tonnen klare Steinkohle, 2 Dampfmaschinen zu 30 Pferde- kraft und eine dergleichen Hochdruck von 16 Pferde kraft, für die Bassins, 19 eiserne Krahne rr. An Le bensmitteln fanden sich vor: 500 Tonnen Brod, 150 Tonnen Mehl, 9 Tonnen Gerste, 117 Tonnen Schwarz korn, 18 Tonnen Hafer, 54 Tonnen Hirse, Gdtveide auf den Böden LOO Quanrrch- 60 Tonnen GMfleksch. Vermischtes. Ans Berlin vom 25. schreibt man: Durch dle Umsicht unsrer Criminalpolizei ist e« gelungen, hier einen Schwindler zu entlarven, welcher schon seit einer Reihe von Jahren fast in allen Hauptstädten Europa'», namentlich in London, Pari», Konstantinopel, Turin, Frankfurt a. M., Brüssel, eine förmlich historische Rolle gespielt hat. Nur die grenzenlose Frechheit, mit welcher sich dieser Betrüger gerade in die allerhöchsten Kreise der Gesellschaft gedrängt hat, laßt eS erklären, daß nicht längst von Seiten der Polizei gegen ihn eingeschritten ist. Diese Per sönlichkeit wohnte hier seit drei Monaten in der BehrenSstraße. An der Thür derselben befand sich ein königl. Wappen mit der Inschrift in goldnen Buchstaben: „Prinz von Armenien." Der angebliche Prinz trug eine sehr feine Toilette, einen großen sil bernen OrdcnSstern mit einem roth emaillirten Kreuzö auf der Brust. Der Prinz hatte namentlich in London eine bedeutende Rolle gespielt und wurde seiner mehrmals in Corrcspondenz- Arttkeln aus jener Weltstadt, selbst in hiesigen Blättern Ere wähnung gethan. Er war in London als Vertreter der kam-> kasischen Fürsten ausgetreten, um in dem jetzigen Kriege mtt Rußland dem englischen Ministerium ein Schutz- und Trutz« bündnist gegen Rußland anzubieten. Er erliest auch in fast allen englischen Zeitungen sehr energische Proklamationen gegen Rußland, in welchen er das russische Kaiserhaus ganz dreist be schuldigte, daß ihm dasselbe sein Königreich Armenien untzsrlbst seine Diamanten geraubt habe. Dte ihm vom Kaiser Von Ruß land confisctrien Güter sollten an 15 MA- sein- Namentlich brachte ein zu Paris erscheinendes Älatt unter dem 13 Mai 1853 eine geharnischte Proklamation de» angebliches Fürsten gegen Rußland. Derselbe benutzte die damalige Kossuth- Affaire, «m mit Beziehung darauf sich populär zu machen, in-