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Freitag. IVk. tzO. 12. Vrtaber 1855. W-Pmh-MMS 5V» Znsnate werd,- »11, ä g dl« --Me'«rwq«t s^-unb - in «Mi TrptbllloNe« angtnomnw« 'm.- , Mch'int .. und« 8l«ta»ß > L« bezieht» durch «üe Wsianstas-; ten. Pret-pro^ i tt- Qsittt, tORgr. , -i, . !>5^ i< 7 < Ein mtechalteyde^Mpchen-ratt für -en Bürger und Landmann. Veräntwortlicher Nedactcnr: Carl Jehne in Dippoldiswalde. > u.,i, > Die gegenwärtige Lage der Dinge. f . - -ji - Durch den Fall SebastopolS ist daS Drama, welches jetzt vor unfern Augen abgespielt wird, in eine neue Phase getreten, und, es ist namentlich in die Diplomatie wieder -ein neues Leben gekommen. Auf Oesterreichs Unentschlossen heit hat jene§ folgenschwere Ercigniß einen' großen Druck ausgeübt, und'wenn es nicht zuM Frieden kommt, wozu dib Aussichten jetzt noch sehr düster sind, so wird Oester reich genöthigt sein, sich wieder den Anschein zu geben, als wolle es in zweiter Reihe gegen Rußland kriegerisch mit vorgehen. Um aus dieser drückenden Lage herauszu kommen. muß Oesterreich Alle- aufbieten, um wieder FriedenSconferenzen während des Winters, wo die Waffen ruhen werden, in Gang zu bringen. Bereits verhandelt der österreichische außerordentliche Gesandte v. Prvkrsch und der ordentliche Gesandte v. Hübener in Paris mit dem Minister WalewSky über den dritten Garantiepnnkt, die Beschränkung der . russischen Pontusflotte betreffend. Vor dem Fall SebastopolS war man in Wien der Meinung, die russische Pontusflotte dürfe nicht sehr beschränkt werden. Jetzt ist Oesterreich hierin auf einmal anderer Meinung geworden. Nachdem die russische Flotte factisch vor Sebastopol vernichtet ist, ist Oesterreich urplötzlich zu der Einsicht gekommen, die russische Flotte müsse beschränkt werden. Oesterreich thut mit seiner Anerbietung weiter nichts, als daß cs den Lhatsachcn nachhinkt, und es kommt dabei um ein gut Stück zu spät. Die Westmächte sind mittlerweile zu einem fünften Punkte weiter gegangen. Soviel ist gewiß, daß die Wcstmächte nach einem so entscheidenden und an Opfern schweren Siege ihre Forderungeu steigern werden. Napoleon wird keinen Frieden machen, wenn Rußland nicht mehr und weitergehende Garantien giebt, als in Wien verlangt wurden. Ob der fünfte Garantiepunkt einfach in der Bezahlung der Kriegskostcn, deren ein ziemliches Sümmchen herauskommen wird, bestehen wird, oder ob man die Abtretung der Krim oder die Lostrennung Bessarabiens fordern wird, darüber fchsen noch die Nach richten. Wenn aber Rußland schon die 4 Garanticpunkte in Wien zu hoch und weitgehend, und den Apfel zu sauer sand, den cs dort verzehren sollte, so wird es jetzt nicht größere Lust haben, den fünften Garantiepunkt anzunehmcn. Die Freunde des Friedens können hiernach selbst berechnen, nm wie viel Procent ihre Hoffnungen gestiegen sind. Was Oesterreichs Stellung betrifft, so täuscht man sich in Paris und London darüber nicht: man weiß, Oesterreich würde gar nicht auf Station 3 angekommcn sein, wenn man nicht gewußt hätte, daß die guten Bundesgenossen bereits auf Station ü ««gelangt sind. In der Krim werden gegenwärtig alle Anstalten zn einem Hauptschlage aus offenem Felde gegen die Russen getroffen. Von Englaüd und Frankreich, ans werden fort während neue Sendimgen an Truppen, namentlich Caval- lerie nach der Krim gemacht. Das beweist, mit welcher Sorgfalt und Entschlossenheit die Westmächte den Kampf in der Krinr fortzuführen gedenke», nachdem das, schwie rigste Stück Arbeit, die Bezwingung Sebastopol» gemacht ist. Noch ist aber ein Stück blutige Arbeit in der Krim zu machen. Die russischen HeereSmaffen in jener Halhipfel sind an-Zahl den Verbündeten weit überlegen; viele russi- sche Äerntruppen, namentlich Reiterei, woran «S de» Mr- bündeten sehr fehlt, sind noch gar nicht im Kampf« gewesen. Die russischen Truppen haben an den steilen Ufern der Tschernaja, die mit Schluchten durchzogen find, von Natur befestigte Stellungen, welche man auch noch durch tüchtige Schanzen und Erdwälle verstärkt hat und , täglich mehr befestigt. Hier wird man die angreifendew PerbsilchM» erwarten. Die Stellung der Russe»! hat aber Such IW schwachen Seiten. Hierzu rechnen wir die Schwierigkeit der Verpflegung. Seitdem das asowsche Meer im Besitz der Verbündete« ist, können die Russen Verstärkung, Lebens mittel und Munition nur über die Landenge von Perecop beziehen. Welche erstaunliche Menge von Wagen, gehör«» dazu,.um die Bedürfnisse der Armee nur für einen Tag über unwegsame Straßen zu besorgen. Wie muß sich die Schwierigkeit der Truppenverpflegung im Winter steigern, wo viele Wege bodenlos werden! Der zweite Punkt der schwachen Seite der russischen Stellung liegt darin, daß die russischen Hcere eine zu weit ausgedehnte Linie, von Perecop bis an die Tschernaja bilden müssen, da sie eben so wol in der Flanke, wie in der Front angegriffen weiden können. Jetzt haben die Verbündeten 20,000 Mann bei Perecop ausgeschifft, welche sich mit den dort stationirtrn Truppe» vereinigen, nnd einen Angriff der Russen in der Flanke zu beabsichtigen scheinen. Der Hauptschlag wird wahrscheinlich an den Ufern der Tschernaja fallen und jener nördliche Angriff hat wohl nur den Zweck, die Russen auf zwei Seiten anzugreifen und ihre Stellungen zu schwächen. Die Alliirten hüten sich sorgfältig, tele graphische Tepeschen über ihre Stellung und ihre Pläne zu veröffentlichen, da der Telegraph solche Nachrichten mit Blitzesschnelle über Petersburg nach der Krim trü gen würde, wo dann solche Nachrichten den Russen zu gute gehen würden. Schon in den nächsten Tagen haben wir Nachricht«- über einzelne Gefechte zu erwarten. Vor her Hand handelt flchs nm eine , Reihe taktischer Aufmärsche und kleiner« Kämpfe, welche dazu dienen, den Feind zu tä-schsn und die Aufstellung der Truppen so zu bewirke-, daß sie jm geeigneten Augenblicke rasch zusammengezogen werden kön nen. Würde cs den Alliirten gelingen, die Russen bei Eupatoria zu schlagen, so wäre ihnen der letzte Weg, Lebensmittel zu beziehen, abgefchizitten. Indessen werden.