Volltext Seite (XML)
«r. 84 Meißeritz-Zeitmig Freitag. Erscheint Dienstag» und Freitag». Zu beziehen durch alle Postanstal» ten. Preis pro Quart. 10 Ngr. Ein unterhaltend-» Wochenblatt für den Bürger und Landman». 13 Juli 18SS. Inserat« werden mit 8 Pf. für dir Zeile berechnet ^und In alle« Expeditionen angenommen. Verantwortlicher Rcdacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. TageSgefchichte. Dippoldiswalde, II. Juli. Der Himmel, der anfangs mit zweifelhaftem Gesicht den Vorbereitungen ,um Vogelschießen zugeschaut hatte, hellte sich am zweiten Tage vollständig auf, so daß bis Dienstag Abend und noch weiter hinaus die Vergnüglichkeiten des Festes ungestört genossen werben konnten. Wer die beschattete Aue zur Genüge auf« und abgewandelt war, fand Erholung und frische Labe im Schießhause, in den verschiedenen Zelten und an den mannichfal- tigen Tischen und Körben; denn vom Wein und bai rischen Bier bis zum „Grauen", vom feinsten Braten und Backwerk bis zu Sardellen „Stück für Stückt Pf." war für alle Klassen und alle Geschmäcker allseitig ge sorgt. Für daö- Ohr sorgte außer dem Geiger am Eingänge, der unverdrossen seine falschen Töne ver nehmen ließ, außer der nur auf Effekt berechnete«. Musikbande der akrobaiischen Künstler und der hell- tönigen Drehorgel des Caroussrl's — das hiesige Stadt musikchor in anerkennungswerther Weise. Zu sehen gab eö noch mehr: Sebastopol und Paris, Lufispringer und Hellseherinnen, Schlangen und Krokodils und anderes Unge—thier. Hier schoß man mit Wind büchsen in's Schwarze oder — daneben; — die Ju gend aber und wer sonst vergaß, daß er alt geworden, schwärmte zu Noß und Wagen auf dem Earousscl. Auch der Freitanz unter dem Laubdache eines Kasta nienbaumes fand immer seine Theilnehmer, wie er auch stets seine Zuschauer hatte, die dem jungen Volke — durch kein spöttisches Lächeln geschmälert — ihre Freude gönnten. Zwischen all' diesem Leben und dieser Bewegung stand fest und still eine grüne Pyramide, die am Sonn tage — der als der 8. Juli der Gedächtnißtag ist an die vor 400 Jahren erfolgte Befreiung der chursächsischen Prinzen Ernst und Albert aus den Händen deS Ritters Kunz v. Kauffung, — die Inschrift trug: „Albrecht dem Beherzten, geb. am 17. Juli 1443, — Dem Führer des deutschen Reichs- hauptpanieres. — Dem ritterlichen Fürsten und Ahn herrn deö sächsischen Königshauses. — Geredet aus Ränbcrshand am 8. Juli 1455." — Am Abende deS zweiten und dritten TageS wurde die Pyramide mit farbigen Lampen beleuchtet, wie überhaupt Abends der ganze Festplatz in buntem Lichte prairgte. - Auch dieser Bau ist gesunken und alle Herrlich keit der Vogelwiese; nur die Könige herrschen noch. Montags um die sechste Stunde geschahen drei der glücklichen Schüsse, durch die zu Schützenwürden zu gelangen ist. Die neuen Könige sind die Herren Walzmeister Langer auö OberkarSdorf und Maurer ¬ meister Richter von hier; Marschälle die Herren Schneidermstr. Heerklotz und Tischlermstr. C. Vog ler. — Wir sind fertig. Hat der Leser ein Vergnü gen zu genießen vergessen, wir eins mitzntheilen, — wir wollen'S künftiges Jahr, so Gott will, besser machen. - . 12. Juli. Während der Tage unsres Schie ßens sind die Bewohner hiesiger Stadt durch mebre Einbrüche beunruhigt worden. Schon am Sonntag Nachmittags erfolgte ein Einbruch in ein Landhaus unfern der Stadt, während in der.Nacht vom Mon tag zum Dienstag an sieben verschiedenen Orten der Stadt von frevelhafter Hand cingedrungen wurde. Das Entwendete ist nicht von großem Werthe, doch sind allem Vermuthen nach die Diebe an einigen Orten verscheucht und dadurch von Zufügung größeren Schadens abgehalten worden. Bedeutender ist der in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch erfolgte Ein bruch in das HanS des Herrn Schlosserobermeisters Jäkel. Die Verbrecher sind durch ein Fenster von der Gasse eingestiegen, haben die Jnnungslade, sonst weiter nichts, entwendet und sind nach der Hinteren Seite entflohen. Die Lade ist auf einem entfernteren Orte aufgefunden worben, — fast ganz unbeschädigt — und doch gehören zwei Schlüssel dazu, um sie zu öffnen; die Papiere rc. ,-die in ihr lagen, haben die Diebe darin gelassen und nur den Cassenbestand von über 25 Thlrn. genommen. Bis jetzt fehlen noch die Spuren zur Entdeckung der Verbrecher. Dippoldiswalde. Am 4. d. M. fand in unserer Stadt die Jahresfeier d?S Gustav-Adölph- Vereins statt. Der Versammlung ging Morgens um 9 Uhr eine religiöse Feier in der festlich mit Blu men geschmückten Kirche voraus, wobei der Herr Pastor Köhler aus JohnSbach die Predigt hielt, während der Liederkranz durch angemessene Gesänge die gottesdienst liche Feier verherrlichte. Nach beendigtem Gottesdienste wurde im Rathhauösaale die eigentliche Versammlung deS Vereins abgehalten und dieselbe durch Hrn: Super, v. Zobel mit einer würdevollen Anrede eröffnet. Nach dem der Letztere hierauf einen ausführlichen und höchst interessanten Bericht über- die Verbreitung und das Wirken deS Gustav-Adolph-VereinS überhaupt, als auch des hiesigen ZweigvereinS, gegeben hatte, wurde - zur NechnungSablegung verschritteN und eS ergab sich für diesmal eine Einnahme von 1lÄ Thlrn» Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß die Rechnung noch nicht abgeschlossen war und deshalb .sich die Einnahme nach Eingang der rückständigen Posten noch um ein We sentliches vergrößern werde. Von der Einnahme wurde ein Driltheil für die Gemeinde Humpoletz in