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156 Allgemeiner Anzeiger. An sammtliche Gemeindevertreter der Ortschaften im Amtsbezirke Dippoldiswalde und > in den angrenzenden Patrimonialdörfern. , Die NothwMdigkeit gemeinsamer Maßregeln der Gemeinden gegen das zunehmende Bettel unwesen ist bereits in verschiedenen Gegenden des Vaterlandes anerkannt worden und die hieraus zu Stande gekommene Verbindung der Ortschaften umfänglicher Bezirke nach bestimmten Satzungen hat bereits schon sehr befriedigende Ergebnisse geliefert. Nach solchen Erfahrungen hielt sich das Direktorium des landwirthschaftlichen Vereines der Umgegend von Dippoldiswalde verpflichtet, sowohl in den Versammlungen desselben auf vorgängige Einladung der Gemeindevorstände, als in besonderen Sitzungen unter Theilnahme einzelner Com- munvertreter und Localgerichtspersoyen über eine Vereinigung der Ortschaften im Amtsbezirke Dip poldiswalde und der angrenzenden Patrimonialdörser zu dem angegebenen Zwecke zu verhandeln. In Uebereinstimmung mit den hierbei gefaßten Beschlüssen ist folgendes Statut entworfen worden Um mit Erfolg den Belästigungen von Vaga- bonden und Bettlern zu begegnen und das Auslaufen und Ansprechen armer Personen und deren Kinder zu verhindern, anderer Seits aber auch hilfsbedürftige Reisende in geregelter Weise zu unterstützen, haben sich auf die nächsten sechs Jahre, von und mit dem Jahre 1855 bis zum Schluffe des JahreS 1860, unter zeichnete Stadt- und Landgemeinden durch ihre gesetz lichen Vertreter, sowie Rittergutsbesitzer, diese für sich und ihre Besitznachfolger, zu strenger -Beobachtung nachfolgender Bestimmungen geeinigt und verpflichtet: 1 In jedem Orte wird, so weit es nicht bereits geschehen, nach den OrtSstatuten oder, im Mangel derselben, durch die Gemeinderäthe (bezüglich Ver tretungen) eine Armendeputation gebildet und zu deren Theilnahme die im Bereiche der OrtSflur wohnenden Geistlichen und Schullehrer, Staatödiener und Aerzte eingeladen. Die Rittergutsbesitzer sind entweder in Person oder durch einen Bevollmächtigten stetige Mitglieder der Deputation und bei persönlicher Theilnahme Vorsitzende derselben. 2. Die Älrmendeputation hat die zur Armenpflege erforderlichen Mittel zu bestimmen, daher die Hilfs bedürftigkeit der Ortsarmen zu ermittel», für Erwerb derselben durch Arbeit Sorge zu tragen, deren Ver halten zu überwachen und die Armencaffe zu ver walten, dagegen der Gemeinderath (in kleinen Com- munen Vorstand und Aeltester) die Aufbringungs weise der erforderlichen Anlagen an Geld oder Na turalien festzusetzen. 3. Zu Verabreichung der Gaben an durchreisende Fremde ist von der Deputation aus den Einwohnern VeS OrteS ein Armenpfleger zu bestellen und dieser jedenfalls zu verpflichten, von des Reisenden Legiti mation Kenntnkß zu nehmen und denselben, wenn er hiernach ») bereits das 40. Lebensjahr erreicht hat, ober t») während' der letzten vier Wochen arbeitslos umher gewandert, oder c) von der vorgeschriebenen Reiserichtung abgewichen, vber , . 4) bereits in die Heimath zurückgewiesen worden, oder o) sein Paß abgelaufen, oder k) über seinen letzten nächtlichen Aufenthalt keinen Nachweis.zu geben im Stande, ober x) durch Getränke berauscht, oder k) ist er Ausländer, Mit der Erlaubniß zum Wan dern außerhalb Landes nicht versehen ist, anzuhallen und in den Fällen unter u, cl, e, x und k dem Richter oder einem Gerichtsschöppen des OrteS zur Abführung ins König!. Bezirksamt Dippoldis walde zu überliefern ober in den weiter gedachten Fällen unter Voraussendung der Legitima tion an diese Behörde zu weisen, dagegen demnächst erkrankte Individuen, die ohne Nachtheil für ihre Ge sundheit die Reise nicht fortsetzen können, der Armen deputation zu überweisen, dagegen alle andere an sprechende Reisende mit einer Gabe von mindestens 1 Ngr., welche jeden Falls in daS Wanderbuch oder den Paß einzutragen ist, zu unterstützen. 4. Dieses Almosen ist jedoch zu versagen, wenn sich irgendwie herausstellt, daß der Ansprechende mit Reise geld versehen ist oder auf einer zurückgelegtcn Weg länge von 1 Meile bereits eine Gabe von gleichem Betrage erhalten hat. 5. Indem jedem Orte die Versorgung der daselbst heimathsaiigehörigcn Individuen obliegt, haben alle Einwohner desselben darüber, daß weder Erwachsene noch.Kinder in ober außer bem Orte betteln gehen, mit aller Aufmerksamkeit zu wachen und jede dieS- fallsige Wahrnehmung den OrtsgerichtSpersonen oder dem GenSd'armen zur weiteren Anzeige bei der Obrig keit mitzutheilen. «. Niemand darf einem Bettler irgend eine Gabe, gleichviel ob in Genüssen, Bekleidungsstücken oder baarcm Gelbe, bei Strafe von 5 Ngr. zur OrtS- armencasse oder im Wiederholungsfälle deS doppelten Betrage- der zuletzt erlegten Geldbuße, verabreichen. 7. / !- Damit Jedermann hiervon Kenntniß erlangt/ sind an allen Eingängen jedes OrteS Verbotstafeln mit der Aufschrift: /- Hier ist außer dem Armenpfleger — wohnhaft Nr. ... — das Verabreichen irgend einer Gabe an Ansprechende bei Strafe verboten. l '