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Dienstag. Nr. 19 6. März 1855. Verden iE 8 Pf . für dtt Zeise berechne« und kn' «-«« Expedlttoiie» «ügenrüimen.» » I ?tz. /, - n-nh. > - - - Verantwortlicher Rtdactenr: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Erscheint Dienstag» »mdi Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. 10 Ngr. Weißerih-Mung Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmabür ' s' Kaiser Nikolaus ist todt! Diese Nachricht durchzuckte wie ein Blitzschlag alle Telegraphen Europas und verbreitet sich noch heute von Ort zu Ort, von Mund zu Mund. Schon längere Zeit litt der Kaiser an einer Lungenkrankheit, zu der sich vor Kurzem eine Grippe gesellte, die sich am Tage vor seinem Tode auf den rechten Lungenflügel geworfen hatte, wo durch der Zustand des Kranken einen so bedenklichen Cha rakter annahm, daß der Leibarzt, l)r. Carell, sofort den Aasgang, der auch eingetreten ist, vorauSsah. Dies war am Mittwoch Abend. Ein starker Fieberanfall war ein getreten und dauerte die Nacht durch, so daß der Kaiser nicht schlafen konnte. Dabei machte sich ein Gichtantheil bemerkbar. Während des Donnerstags verschlimmerte sich der Zustand des Kaisers, die Aerzte wurden immer be sorgter um den Kranken. Am Abend noch bat — auf den Wunsch der Aerzte — der älteste Sohn des Kaisers, Großfürst Alexander, seinen Vater, er möchte das Abend mahl nehmen. Dieser weigerte sich noch zur Zeit. Am andern Morgen machte ihm der I)r. Mandt die Mitthei lung, daß eine Lungenlähmung möglich sei. Der Kaiser nahm die Nachricht ruhig auf und erkundigte.sich nur, wann sein Tod erfolgen würde, unter andern mit den Worten: „Wann ersticke ich wohl?" Am Morgen noch rahm der Kaiser das Abendmahl, nahm Abschied von Frau und Kindern, segnete Jeden einzeln, auch die Eickel , nit kräftiger Stimme bei vollem Bewußtsein und mit großer Ruhe und Fassung. Dann ließ er sich mehre ihm . besonders treu ergebene Personen vorführen und nahm fluch von ihnen, sowie von der gesammten Dienerschaft, Abschied. Der Kaiser blieb bei vollem Bewußtsein bis zum Mittage, und nach leichtem Todeskampfe war er ver schieden — den 2. März, Mittags 12 Uhr 10 Min. Nikolaus I. Pawlowitsch war der dritte Sohn des Kaisers Paul I. und der Maria Teodorowna (Sophia Dorothea), Tochter deS Herzogs Eugen von Würtemberg, wurde am 7. Juli (2S. Juni) 1796 im Schlosse Gat- schin bei Petersburg geboren und starb also in seinem 59. Jahre. Am 1. Dec. 1825 starb sein ältester Bru der, Kaiser Alexander, und Nikolaus gelangte, durch die freiwillige Entsagung seines ältern Bruders Konstantin, 1825 auf den Thron des russischen Reichs, den er somit fast 30 Jahre lang inne hatte. Am 13. Juli 1817 vermählte er sich mit Charlotte (geb. 13. Juli 1798), der ältesten Tochter des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen, aus welcher Ehe sieben Kinder hervorgingen: 1) der Großfürst und Thronfolger Alexander, geb. 29. (17.) April 1818, vermalt seit 28. (16.) April 1841 mit der Prinzessin Maria von Hessen-Darmstadt; 2) die Großfürstin Maria, geb. 18. (6.) August 1819 und Witwe des Herzogs Maximilian von Leuchtenberg seit I. Nov. (20. Oct.) 1852; 3) die Großfürstin Olga, geb. I I. Sept. (30. Aug.) 1822 und seit 1846 mit dem Kronprinzen von Würtemberg vermählt; 4) die Groß- fürstin Alexandra Nikolajewna, geb. 24. (12.) Juni 1825, gest. 1844 als Gemahlin des Prinzen Fried- rich von Hessen-Kassel; 5) der Großfürst Konstanten; geb. 2l. (9.) Sept. 1827, Großadmiral, vermählt am I I. Sept. (30. Aug.) 1848 mit Alexandra, Tochter des Herzogs Joseph zu Sachsen-Altenburg; 6) der Großfürst Nikolaus, geb. 8. Aug. (27. Juli) 1831, und 7) der Großfürst Michael, geb. 25. (13.) Oct,.»8^, Der 2. und 3. Sohn des Kaisers find zur Zeit in der Krim und erhalten jedenfalls erst heute oder morgtn die Nachricht von dem Trauerfalle. An ipehpen deutschen Höfen hat die Nachricht einen sehr tiefen Einbruch ge«. macht, besonders ist das — außer dem Rtißland ver wandten preußischen Hofe — von dem österreichischen zu sagen,„von dem sogar ein Erzherzog tm Auftrage drg Kaisers nach Petersburg geht. — Der jetzige Kaiser Alexander H., welcher nach den über Berlin eingegangenen Nachrichten die Regierung angetreten, auch bereits die übliche Cour empfangen hat, ist, so viel bekannt, friedlicherer Natur, als sein Vater und sein jüngerer Bruder. Daran knüpft Mancher Frie» denShoffnungen in dieser bewegten Zeit, während mancher Andere, der gern schwarz sieht, sich auch hier zu neüen Befürchtungen veranlaßt findet. Lassen wir r;nS dadurch nicht beunruhigen. Es ist eine Eiche gestürzt, es ist ein Löwe gefallen! Der aber dem Mächtigsten der Erde in seinem drohendsten Auftreten plötzlich ein Ziel setzen kann, der wird auch die Schicksale der Völker lenken — nicht nach unsrer Asterweisheit, sondern nach seiner Allweisheit! Tagesgeschickte. -s-* Umgehend Lauenstein, 2. März. Von meh reren Seiten hort man, daß die Stelle eines Ober- grenzcontroleurS und eines berittenen Grenz aufsehers, die bis jetzt in Lauen stein ihren Sitz hatten, nach Geising verlegt werden soll, und somit die Vortheile, die dadurch einem kleinen Städtchen zugewendet werden, wenn solche oder andere königl- Beamte in ihnen wohnen, von Lauenstein entfernt, und nach Geising übertragen würben. .< Dresden, 4. März. Der Eisgang der Elbe hat bis jetzt hier einen über alles ErwarM glücklichen Verlauf genommen. Hellte Vormittag Uhr war der Wafferstand bis auf 1 Elle 16 Zoll über Null herabgegangen und die Elbe fast ganz eisfrei; von da an ist derselbe wieder etwas im Steigen und Haiti?