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Protokoll-Auszüge der Stadtverordneten zu Altenberg. 9. ordentl. Sitzung, am 21. Octbr. 1854. Gegenwärtig die Stadtverordneten: Hildebrandt, Vor sitzender, Knauthe«vn . Behr, M e n d e, A Idiyku - thijun. und die Ersatzmänner Pfanne und Walther. 1) Zuvörderst gelangte die mittelst Eonnnunicat deS Stadt« rathS behufs der Wahl neuer Stadtverordneten und Ersatzmän ner übersendete Wahlliste in Vortrag. Nachdem dieselbe einer vollständigen Prüfung unterworfen, beschließt inan, sein Bedenke» über einige in bcsagterListc aufgeführte hiesige Bürger dem Stadt rath anzuzeigen, und nimmt hierbei gleichzeitig Gelegenheit, Denselben zu veranlassen, den Bürgerschein an neu herziehende oder an hiesige Einwohner, welche das Bürgerrecht in hiesiger Stadt zu erwerben suchen, für die Zukunft nicht eher einzuhändi gen, bevor die gesetzlichen Abgaben in die städtischen Caffen haar erlegt worden sind. Was die Anfertigung und Auslegung be legter Wahllisten betrifft, so ist man der Ansicht, daß solche in 4 Exemplaren statifindcn soll. 2) Ferner wurde das von der Frau verw. RathSdtener Stenzel allhicr eingcreichte Bittgesuch um eine kleine Pension abgclehnt. 3) Wurden die mittelst Eonnnunicat des Stadtraths i» Abschrift beigeschlossenen zwei Bittschriften deS Elementarlehrec Herrn Melzer allhier, bezüglich einer Gehaltszulage pro Jahr l O Thlr. und eineS Holzäguivalcnt - Zuschusses, pro Jahr 8 Thlr, unter nachstehenden Gründen ab,p lehnt, als erstens di« dasige Schulkaffe in ganz erschöpftem Zustande sich befindet und bei gegenwärtig drückender Zeit auch der reell denkendste Man» oft nicht vermag, etwas in dieselbe einzuzahlen, sondern mit ver doppelten Kräften fast Hag und Nickt arbeiten muß, um nur für sich und die Seinen daö liebe trockne Brod zu erwerben, und weil man sich zweitens der angenihmen Hoffnung hinHiebf, daß Petent (trotz eines kleinen Zuschusses,zu dem nöthigen Brenn material) mit seinem Gehalt, einschließlich der von ihm beziehen, den Privatsiundengeldcr, — sein Auskommen haben dürfte. Altenberg, am 14. Januar I8SS. derselbe sofort in einem Bergkübel mittelst Haspel herausgezogen ward, entgjng er nur rnst Mühe einer zweiten Gefahr, indem der Kübel nntergefaßl haben soll, und derselbe leicht hätte abgesprengt werden kön nen. Leider hat sich bei der ärztlichen Untersuchung ergeben, daß der Unglückliche beide Beine gebrochen, die Achsel ausgefallen, den einen Arm gebrochen und auch noch bedeutende Contusionen am Kopfe erhallen hat, so daß man anfänglich an seinem Aufkommen zweifelte; jedoch kört man jetzt mit Freuden, daß eS durch GoikeS Beistand dem Herrn Ur. Kleemann gr- lingrn wird, diesen jungen Mann seiner liebenden Gattin zu erhalten. Allerdings eine harte Prüfung für das junge Ehepaar, welches die Flitterwochen mit Tagen des Schmerzes, der Notk, des Kummers, ver tauschen muß, kenn lange wird der arme Mann zu bringen, ehe er nur nothdürftig seine Gliedmaßen wird wieder brauchen können. — Ein anderes Unglück hat auf derselben Bergrevier den Grvbenjungen Eisler in Zinnwald betroffen, indem ihm beim Kübel-An schlagen eine im Schachte hereinfallende Wand bedeu tend am Kopfe beschädigt hat. — DaS alte Jahr wurde mit bergmännischen Unglücksfällen beschlossen, daS neue Jahr hat sich fast mit dergleichen angtfangen! Möge der Himmel seine schirmende Hand über alle Berg arbeiter halten und ferneres Unglück gnädigst ab wenden ! Beim Schluß unsres heutigen BlalteS geht uns über Attenberg noch Nachricht zu über fol genden Unglücksfall: Am 15. d. M. ist in Böh- misch-Zinnwald auf der sogenannten Güniher- Zeche der Bergarbeiter Tandler Mittags beim Her ausfahren fahnloS geworden, in Folge dessen er den ganzen Schacht bis in das Tiefste hineingestürzt ist. Unglücklicherweise sind seine Kameraden schon vor ihm auSgefahren und er zuletzt. Während nun erstere glauben, Tandler sei früher auSgefahren, liegt der Verunglückte hülfloS unter dem Schachte, bis seine vor 8 Wochen erst mit ihm verheirathete Frau, da ihr Mann über die Zeit außen bleibt, sich bei dessen Käme- raden erkundigt, worauf die Nachmittagsschichrer sofort einfahren, und ihren unglücklichen Kameraden beieitS - tewüßtl-S-unter dr m Schachte liegen finden; als nun Grunde, weil wir nur fünferlei Arzcnkien haben. Die meisten Kranken liegen aus dem Boden, in den Klei- Vern, mit höchstens zwei Decken; THee und sonstige unentbehrliche Dinge fehlen unS." Ein Offizier schreibt -,>-m 28. Decbr.: „Sewastopol scheint mir stärker als zu ffein. ES heißt noch immer, die Festung soll >4fi Stunden bombarbirt werden; dann geht'S zum Sturm. Schlägt dieser fehl, dann kriegen wir sie nie. Da- böse Wetter hat unsere Soldaten furchtbar mit- genvmmen; der Dienst in den Laufgräben reibt sie «Mts;! sie legen sich in den dicksten Koih und schlafen ein; es thuk einem das Herz weh, ihnen diese Rast versagen zu müssen. Von meinem Regimenle, daS 758 Mann stark ausrückle, sind noch 313 beisammen; 443 sind in den verschiedenen Hospitälern, in Bala- klava, Skutari oder im Lager. Wir halten oft 24 Stunden lang kein Fleisch; eS fehlt an Brennholz, so daß unsre Leute ihre Fleischration oft ganz roh verzehren. Die Holzhütten werden wir wohl benu tzen können, wenn der Winter vorbei ist. Amerika. Frühere Mittheilungen, daß es den Auswanderern in Neu York in den letzen Mo naten kaum möglich geworden ist, ein anständiges Un terkommen zu finden, werden in folgendem Briefe, den Pie „Times'' mittheilt und der auch Auswande rern auf dem Conlinent zur Warnung dienen möge, bestätigt. „Die Zeiten," heißt es in diesem vom 24.,Deebr. datirien Briefe, „sind hier sehr schlecht. - Sämmtiiche Artikel, Lebensmittel allein ausgenommen, .sind um 30 Proc. gefallen. Wir haben einen stren gen Winter, Alles ist zugefroren und Tausende sind arbeitslos. Durch den Stillstand aller Unternehmun gen, durch die verminderte Circulation in Folge über- mäßiger Einfuhr und der großen Baarausfuhr nach England sind sänimtliche Magazine mit europäischen Artikeln überfüllt. Es treiben sich hier 20,000 Emi granten ohne Beschäftigung herum. Möchte doch ein Menschenfreund in Europa die Leute jetzt vor dem , Herüberkvmmen warnen; sie gehen dem Hungertode entgegen. Unsere mildlhätigen Beisteuern reichen nicht > aus; unser Armenhaus beherbergt 7000 Personen, darunter 6000 Fremde. Es werden in unserer Stakt , jährlich 2 Mill. Doll, zu wvhlihätigen Zwecken ver ausgabt; aber eS reicht nicht auS. Wir werden die Ankömmlinge besteuern müssen, um der AuSwande- Wng Schränken zu setzen. Unsere Stadt ist voll von halbverhungerter Unglücklichen, welche um einen Bis- sen Brot betteln und die Nacht beim Feuer per Po- lizeistationen zubringen. Golt stehe ihnen bei!"