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den sind nicht acuter, sondern chronischer Art, das Re sultat langwieriger Erschöpfung und Entbehrung; die jetzt unter den Gesunden und Dienstfähigen aufgezählt werben, tragen den Keim derselben Seuche, welcher die Andern erlegen sind, mit sich herum. Man rech net, daß sich unter den 14,OVO Mann, die noch mar- schiren und Schildwache stehen können, kaum 2000 vollkommen gesunde Leute sich befinden, in der Thar, die Armee war am Anfang Januar ein Heer von Invaliden, und da hatte der Krimsche Winter noch nicht begonnen.' Selbst die Sanguinischsten verspre chen sich keine AngriffSoperaiiön vor Ende des Mo nats, und wie viele von den 5:1,000 Mann, die nach der Krim zogen, werden Ende Januar noch auf den Beinen sein? Wenn nicht ein Wunder geschieht, so stehen wir auf dem Punkte, unsere eine und einzige Armee, den Gegenstand unserS gerechten Stolzes, den Schrecken unserer Feinde, das Bollwerk unserer Frei heit und Unabhängigkeit zu verlieren." Brüssel, 21. Jan. Ein ungeheurer Brand hat daS hiesige große Opernhaus verzehrt, baS, vor Kur zem ausgebaut, für eins der schönsten Thealergebäuve Europa'ö galt. Die Glmh war so stark, daß nichts als die bloßen Mauern übrig geblieben sind. Aus der Krim. Die neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplätze, die heute bereits bis zum 12. Ja nuar reichen, melden nichts von Bedeutung. — Der „W. Z." wird unterm 7. Januar'ÄuS Odessa berichtet, daß vor der Hand ein offensives Bor gehen von Seiten der Russen kaum zu erwarten sei. Nach Ausschlag eines vom Fürsten Memschikoff ver anstalteten KriegSratheS soll der Beschluß gefaßt wor den sein, den Angriff der Alliirten abzuwarien und vorläufig die Belagerer durch ein steteS lebhaftes Feuer aus den Werken in Unruhe zu halten und in ihren Arbeiten zu stören. „ES ist schwer", heißt eS in dem Belichte sodann weiter, ,,den Gedanken abzulehnen, daß die Belagerung der Stabt Sebastopvl nicht mit Erfolg gekrönt werden wird, sei es in Folge anhal tenden Bombardements oder eines Sturmes, welchen man für verschiedene Termine schon bei den Russen erwartet batte; dir Einnahme SebastopolS würde zwar über daS Schicksal der russischen Flotte, entscheiden, für den Feldzug der Alliirten in der Krim aber keine weitere Folge haben, als daß sie auf ihrem gegen wärtigen Waffenplatze vom Feinde unbelästigt bleiben werden, während die russische Armee, im Besitze der nördlichen Küste der Bai von Sebastopvl, in ihrer bisherigen Stellung verbleiben und den Angriff des Gegners entweder über die Bai, oder dmch tue De- fileen von Inkerman abwarten wird. Eine wirkliche Entscheidung würde die erstere größere Schlacht liefern, welche zwischen beiden Heeren vorfallen sollte. Der von den Alliirten combinirle Angriff scheint in der Art beschlossen worden zu sein, daß gleichzeitig von Eupatoria und Balaklava aus zur Offensive geschritten werden dürfte." Die Concentrirung des russischen, wie eS heißt 60,000 Mann starken EorpS bei Perecop dürfte um den 12. Januar vollzogen sein und Vie ein getretenen .anhaltenden und starken Fröste erlauben forcirte Märsche und erleichtern den Transport von Provisionen, welche nach Perecop gebracht werden müssen, da die Gegend selbst eine blose Wüste ist. — AuS Balaklava, 3. Jan., wird dem „Hamb. Corresp." geschrieben: ES mag übertrieben scheinen, und dennoch ist eS eine mathematische Wahrheit, daß die Leichen unsrer in sämimlichen Lagerlazareihen Pep? storbenen hinreichend sind, eine englische Öuadratmci^ Bodenraum vollständig zu bedecken. Jetzt zwar haben sämmtliche nervöse Krankheiten an Bösartigkeit, etwa- nachgelassen; daö eingelrelene, wenn gleich seines Kitts digkeit wegen kaum so zu nennende Frostwett^r hält sie in Schach; dafür greifen aber Dyssenlerie, ScorhM und hektische Fieber, diverse Hautkrankheiten und icht artige Frostbeulen mit Besorgniß erregender Hsftjg- leit um sich. Die Stimmung der Truppen zeigt apch nicht mehr jene freudige Heiterkeit, vermittelst welcher man den Unannehmlichkeiten seine ätzende Schärfe nimmt. Die lachenden, sorglosen Physiognomien w^ den täglich seltener, diejenigen, welche Mißmuth und verbissenen Ingrimm auSdrücken, mehren sich dagegen von Liunbe zu Stunde. Nicht das Heimweh hat die ominöse Verwandlung hervvrgebracht, nicht die Sehn sucht nach Rückkehr zum Vaterlande, sondern die Sehn» sucht nach dem Besitz von Sebastopvl, eine Sehnsucht, welche sich nachgerade bei Soldaten und Offizieren zur Manie zu steigern droht. Offiziere und Soldaten be- ginnen zu murren, sie wollen den Platz mit stürmen der Hand nehmen oder in diesem Sturme untergehen; fieberhaft lauschen sie auf daö ersehnte Kampssignal, und — eS bleibt aus. — Bisher verrichteten Vie um wohnenden Tataren bei den gefallenen Pferden VaS Abdeckerhanbwerk, für dessen Ausübung ihnen bas Fell des ThiereS zuerkaunl wurde. Jetzt lhun sie die- auch nicht mehr, denn ihre Vorrathshöhlen und Gruben sind mit Pserdehäuien überfüllt. Gehl man durch dstS englische Lager, so findet man nicht selten Kadaver ge« fallener Pferde zwilchen Baraken und Zelten liegest, denn das Wegdringen und höchst oberflächliche Ver scharren dieser Cavaber wird als erniedrigende Arbeit betrachtet und gemeinhin nur von Solchen erecutirt, die zu Strafdiensten commandirt sind. ES ist dieser Umstand nicht nur deswegen, weil die Cavaleristen fast immer müssig sind, sondern ganz besonders auch auS SanitälSgründen ernstlich zu rügen. Von den Talaren erhalten wir nur dann noch Pferde oder Maulesel, wenn sie ihnen gewaltsam abgekauft wer- deu. Die Leute lieben ihre Thiere viel zu sehr, wie sie sagen, alö daß sie diese zu Tode martern lassen wollen. Ueberhaupl ist die Freundschaft der tatarischen Bevölkerung zu den Alliirten sehr im Nachlassen be» griffen. — Die „Morning Post" giebt.die Stärke deS britischen Heeres vor Sedastopol am 1. Jan. d. I. folgendermaßen an: Unteroffiziere 2191, Trommel schläger 656, Gemeine 3d,085, also zusammen 40,032 Mann ausschließlich der Offiziere. Davon waren krank ober verwundet 565 Unteroffiziere, 107 Trommelschlä ger und 12,747 Gemeine, zuiammen 13,419 Mann; felddienstfähig also 27,513 Mann. — Die „Times" hat eine Masse von Jammer briesen aus dem Lager, auö denen sie täglich etwchZ zum Besten giebt. In einem dieser, vom 1. Januar daiirlen Briese eines chirurgischen Gehilfen, heißt eS unter Andern,: „Die Holzhülten sind angekvmznefl, aber woher die Möglichkeit, sie ins Lager zu schaffe» - Wir haben Roth uns Kleider und Nahrungsmittel zu verschaffen, und die Türken müssen zum Tran-pptH von Munition herhalten. Die Intendantur ist schau derhaft schlecht. Lord Raglan ist hier sehr.unbeliebt, Unsre Therapie ist sehr vereinfacht, auS dem triftig,ip