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Der sächsische Erzähler : 31.05.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-194105314
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19410531
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19410531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-05
- Tag 1941-05-31
-
Monat
1941-05
-
Jahr
1941
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 31.05.1941
- Autor
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Beiblatt z« Sttumaer 125 Der Sächsische Erzähler Soaaabead, de« S1. «ai 1041 - Die Heimat Wem Schutzwall elsemer Rohre Besuch bei einer Alakgruppe in Mitteldeutschland (von unserem K. P.-Sond«rb»richt«rstaüer) auch um «Marit, r«n Flakbatterie Mirtwürdig, daß di« Kanon«» seit d«n Lagen d«r «Faulen Grete" von d«n Soldaten fast immer al» mehr ober ««Niger zart* Mädchen gesehen und mit entsprechenden Namen belegt werden. Man ging» indessen bestimmt kehl, «mm man di« Lautstärke, die solch «in Wesen entwickeln kann. al» da» hmwtsächlichste vergleichimerkmol an- i«hm und dabet di» tief» Lieb« außer Betracht lassen würde, di« den deutschen Soldaten non leher mit seiner »ass« verbindet. So ist «» auch um «Marita" bestellt, di« mit ihren Geschwistern zu einer sch««' ren Flakbatterie vereint, irgendwo im welltaen Flachland Mittel, deutschland» zwischen Leckern, Viesen und grünen Saaten die Luft» «acht hält. In Vtnd und Vetter, tag»über und vor allem in der Nacht wird p» unablässig von den Kanonieren betreut. Da gibt «« kein Rasten und kein Rosten. Unermüdlich wird an der Ausviidung der vrbtenunaimannschaften gefeilt, wird jeder Griff bi, zur Srlmmung höchster Präzision geübt, damit di« Batterie den einfllegenden Feind jederzeit mit wirksamen eisernen Grüßen empfangen kann. Idyll zwischen Stiefmütterchen und Gemüse Weiß« Rauchfahnen, die in weiter Fern« au» Fabritschornstelnen aufsteigen und langsam im dunstigen Wattenmeer verschwtmmen, las sen erkennen, daß «» hier «in wichtige» Industriezentrum zu schützen gilt. Die Verantwortung ist groß. Deehalb muß der Dienst so straff wie möglich gestattet «erden. Daß unser« Matartillertsten trotzdem ihren Humor nicht verlieren, sondern ihrem pfltchterMtem Soldaten dasein geradezu Gallisch« Setten abzugewinnen verstehen, beweisen di« hübschen imd behaglichen Unterkünfte. Zwischen sauber hergertch' teten und «tngezäunten Beeten, auf denen Stiefmütterchen und aller hand Gemüse prangen, führen Kvüppelwege zu den einzelnen kleinen Häusern, die mit ihren Lächern nur wenig aber den Erdboden herau«- rdgen. »Hptimtstenhütt«" lesen wir über einem der Eingänge, und auch im Innern bemerken wir so manchen finnigen Wandspruch oder. Scherenschnitt, die von der ungetrübten Stimmung unserer Soldaten erzählen. Freilich, di« Stund«, des Lu»ruh«ns sind gezählt; denn innerhalb der Flatzone, die da« Schutzgebiet mit seinen zu sichernden Schwerpunkten in weitem Umkrei» umgibt, muß immer ein Teil der Batterien zum sofortigen Einsatz «gen Ueberraschungsangriff« in Alarm- bzw. Feuerbereitschaft gehalten werden. 3m Schuhe der Zlakzoue Bel der Schnelligkeit der modernen Kampfflugzeuge heißt «», auf dem Posten fein! Jedem vom Flugmeldedienst irgendwo beobachteten Gegner tritt nach dem Ueberflüarn einer bestimmten Warnlint« die Jagdabwehr entgegen. Leim Einflkegen in die Flakzon« wird er dann auch vom Boden her mit einem Seschoßhagel empfangen. Dies« Ko»« ist dem Schutzobsekt so wett vorgelagert, daß der Gegner mit größter Aussicht auf Erfolg von der da» Objekt unmittewar umgebenden Wurfzone abgehalten werden kann. Denn hier droht insofern die Hauptgesahr, al» etwa abgeworfene Bomben auf ihrer Parabel-Bahn da» Ziel mit einiger Wahrscheinlichkekt erreichen würden. Die Luft- vertetdlaung jede» großen Schutzgebiete», in dem mehrere wichtige Schuhobjekte zusammengefaßt sind, ist einer Flakgruppe übertragen, die sich in eine beträchtliche Anzahl von Untergruppen gliedert. Deren Batterien wiederum verteilen sich auf den ganzen umgebenden Raum, da der Feind von allen Setten erwartet «erden muß. Irrig wäre nun die Auffassung, daß jede» einzelne Gebäude, jede Brücke und jede Straße «ine» bestimmten Gebiete» vollkommen zuverlässig geschützt werden könnte. Hierzu würde dl« Flakartillerie der ganzen Welt nicht au»r«tch«n. Man muß sich vielmehr auf die Sicherung der wichtigsten Anlagen, deren Erhaltung im Interesse de, ganzen Volke» liegt oder die au» militärischen Gründen nicht ausfallen dürfen, beschränken. Entscheidend ist bierbek di« Abwehr gegnerischer Angriffe oder Aufklä- runaeversuche. Selbstverständlich sind unsere Offiziere und Mann- schäften von dem brennenden Ehrgeiz erfüllt, den Feind durch wohl- gezielte» Vernichtungsfeuer zum Absturz zu bringen. Die Hauptfach« ist und bleibt jedoch, daß die Absicht de, Gegner, verhindert wird. Wenn es gelingt, dke anfliegend« Maschine vom Schutzobjett abzu drängen oder in so groß« Höhe« zu treiben, daß sie keinen gezirlten Bombenwurf "anbrinaen kann, so ist darin schon «in ganz gewaltiger Erfolg zu erblicken. Bereit» au« diesem Grund, muß sich der Lale vor Ersolgsvergleichen mit ander«« Waffengattungen hüten. Darüber hin- au» Md jedoch di« ungeheuren Schwkeriakeiten zu berücksichtigen, vor di« sich der Flakartillerist durch Wind, Wetter und Feindverhalten ge stellt steht und dl« auf dem Gebiete der Ballistik zwang-läufig zur Einkalkulierung völlig neuer Gegebenheiten geführt haben. Siege deutschen Erfindergeister! Lin« ansehnlich« Strecke abseit» von der Batterie befindet sich ebenfalls in gmer Tarnung der tzeuerleitstand. Hier vollzieht sich mit Hilf« hochempfindlicher Meß- und Rechengeräte, di« deutschem Ersin- dergetst und deutscher Präzisionsarbeit ihr« Entstehung verdanten, da» beinah« unglaublich« Wunder, daß nach Messung von Entfernung, Seiten- und Höhenwinkel auch so schwer bestimmbar« Komponenten wie Fluggeschwindigkeit, Drall, Wind, Luftdicht«, Pulvtrtemperatur u. dgL —- orr Flakartillerist n«nnt sie „Vorhalte" — in di« Rechnung «inbezogin und in Gekunbenfchnell« mit den oben genannten Ein- aangrwerten mittel» Additionen, Multiplikationen und trigonometri scher Funktionen automatisch zu Schußwerten verarbeitet werden. Diese gelangen auf elektrischem Weg« zu den Geschützen. Mit höchster Konzentration verfolgen die Richtkanoniere di« an der Zielvorrichtung aufblitzrndtn Lampen. Bald schnell, bald langsam heben oder neigen sich di« vier Kanonenrohre, schwenken gleichzeitig recht» oder link», ohne im geringsten von der haargenauen Parallelstellung, die di« brei- teste Feuerwirkung gewährleistet, abzuweichen. Der Batteriechef, der vom Feuerleitgerät au» seine Befehl« erteilt, kennt nur «inen Kum mer: die GelegeHrit, den Feind mit Vernichtungsfeuer zu empfangen, ist fetten. Er zieht nächtlich« Angriffe vor uw kann bann meistens nm mit Störfeuer bekämpft werden. Lurch Wollenbänke und den Dunst, der über Industriezentren zu lagern pflegt, dringen selbst di« Strahlen der schweren Scheinwerferbatterien, die ebenfalls in weitem Gürtel um da» Schutzgebiet aufgestellt sind, nicht hindurch, und auch der sonst so freundliche Vollmond erweist sich in diesem Falle als hin derlich, da er da« suchende Licht der Scheinwerfer nicht zur Geltung kommen läßt. Deshalb muß sich die Flak in den meisten Nächten auf ihre Horchgerät« verlassen, di« an vielen Celänd«punkten wie rkefige Ohren in da» dunkle Nicht, hineinlauschen. Di« Meldungen mehrerer solcher Gerät« werben dann in einem besonderen unterirdischen Slus- wertungrraum von den Batteriroffizieren auf rechnerischem Wege verarbeitet und tekefonksch an die Geschütze wettergegeben. Hinter der Arbeit, die mit Pkanquadraten und Rechenschieber an den Kommando tischen der Auswertungsräume vollbracht wird, steckt eine ganz uner hört« geistige Leistung. Trotz der räumlichen Eng« drängt sich unwill kürlich der vergleich mit dem Hörsaal einer Technischen Hochschule auf. Denn hker wie dort herrscht heißes forschende» Bemühen, werden Er- fahrungen ausgebaut und neue Methoden gesucht und gefunden. Alle Fäden in der Hand der Gruppenkommandeurs Um di« schwere Flak und mit ihr die leichte Flak, die namentlich den Schutz gegen Tief- und Sturzkampfangriffe zu übernehmen hat, ferner die Horchgeräte sowie die Ballon- und Drachensperren einer Schutzgebiet«» im Ernstfälle wirkungsvoll zum Einsatz bringen zu können, bedarf e» selbstverständlich einer klaren Gliederung de» ge samten Befehlsbereich«» und einer straffen, einheitlichen Führung. An den Gestchtsständen der Untergruppen wird nicht nur da» Zusammen wirken der einzelnen Batterien gesteuert, sondern auch unermüdlich an der weiteren Ausbildung der Unterführer gearbeitet. Außerdem «er den hier in regelmäßigen Abständen die Leistungen jede» einzelnen Kanoniers überprüft, so daß auch auf dem Gebiet« der Luftverteidi gung der Eignung,grundsatz Anwendung finden kann. Al« Träger der höchsten Verantwortung hält der Gruppenkommandeur in seinem Ge» fechtsstand alle Fäden in seiner Hand. In ständiger Verbindung mit den Flugwachkommandos muß er in der-Lage sein, di« voraussichtlich« Flugrichtung jtt>» gemeldeten Eindringlings möglichst im voraus zu beurteilen und mit sich«r«m Fingerspitzengefühl im entscheidend«» Augenbttck da, iyarmflgnal sür d«n zivilen Luftschutz gchm. Ein ebenso hohe» Maß an Entschlußkraft erfordert der »«fehl zum Sperr- feuer, der di« Makzone km Fall« massierter Angriffe in «in« einzige Feuerwand verwandeln kann. Di« Erfolg« unserer Flak lasten sich nicht durch di« ZHttn abge schossener Flugzeug« ausorücken, sondern nur nach der Abwehr des Feindes und Verhütung unermeßlichen Schaden» einigermaßen richtig einschätzen. Die Männer dieser stolzen Waffe erfüllen ihre Pflicht auch in der Heimat mit der Selbstverständttchteit de« deutschen Soldaten und ohne viel Aufheben» davon zu machen. Ihr wachen- und monate- lonaes Warten versandet nicht in Nachlässigkeit oder Langeweile. Es ist krastgeballte Sprungbereitschaft und ein ständige» Ausholen zum Schlage. Aus Sachsen Dre-ben, 31. Mai. »ei der Arbeit tödlich, verunglückt. In Weixdorf kam der Schlossermeister Alfred Schäfer Lei der Arbeit an einer Maschine mit dem Kops einem beweglichen Ma schinenteil zu nahe und wurde dabei schwer verletzt. Schäfer starb bald nach dem Unfall. Meißen, 31. Mai. Grundstück infolge Erdrutsche- ringe- stürzt. Am SÄoßbera stürzte am Freitag infolge eines Erd rutsches ein Wotzngrundstück ein. Mn Bewohner wurde dabei getötet, mehrere andere erlitten erhebliche Verletzungen. Grün« bei Chemnitz, 31. Mai. Gr wollte rin Stück mit. fahren. Ein fünfjähriger Junge setzte sich, ohne daß dies vom Fahrer bemerkt wurde, auf daS Trittbrett eines Lastkraftwagens und wollte ein Stück mitfahren. Beim Abspringen geriet der Junge unter die Räber und wurde so schwer verletzt, daß er bald nach der Einlieferung inS Krankenhaus starb. Chemnitz, 31. Mai. Die Straße ist kein Fußballplatz. Die Unsitte, daß Kinder auf der Straße Ball spielen, hat schon manche Fensterscheibe, aber auch schon oft die Gesundheit eines Menschen gekostet. In Chemnitz wurde eine ältere Frau auf der Gießerstraße von -einem Ball, den Kinder geworfen hatten, derart getroffen, daß sie zu Fall kam und dabei erhebliche Ver letzungen erlitt. Dl« Frau mußte inS Krankenhaus gebracht werden. »lauen, 31. Mai. Ritterkreuzträger au- einer Plauener Familie. Kapitänleutnant Herbert Wohlfarth, dem der Führer nach seinen letzten großen Erfolgen gegen einen feind lichen Geleitzua daS Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz verliehen hat, ist mit Plauen eng verbunden. Sein Vater, der setzt in Berlin-Marienselde wohnt, besuchte von 1884—1894 daS Plauener Seminar. Viele Jahre wirkte er in Japan. Dort, in Kana zawa, wurde auch der junge Seeheld am S. Juni ISIS geboren. Noch heut« wohnen in Plauen Verwandte der Familie, bei denen Herbert Wohlfarth oft zu Besuch weilte. in tropirekan 6«i»l«t«n backraftan ckan vlaiiaeft »oft«««» iGuaftan — »Laem*«.^rrn»lmlttal »eftüiran iim. 8i»,Inck kür eil« Zleftarung ckar (Zamuickimtt in tton Xolonian vlaltoeft unentirudttiaft. lerin. Sie Gestalt gemeinsam, da» s_, — ... . „ ... aber die Züge der Frau im Lodenmantel warm alter und grö ber. Wmn er sich dagegen Anna- Gesicht vergegenwärtigte, er schien eS ihm in , tauchte ihr Bild vor ihm auf, daß er mit einem Male Sehn- sucht^empfand, bei ihr zu, sein. Da auf dem 1- gerastet und komun von Lls« In n g -1. i a ä s m » n n (l4. portsetrung.) (k-iaMöruM verboten.) Eine spinnige Ide« war's gewesen, zu glauben, das Glück könne ihm nochmals hold sein, und ihm auf der Oktoberwiese die Gim in die Arme führen. Zwei Nachmittage hatte er nutzlos vertan. „ Gestern war's hier noch erträglich zugegangen. Die Sonne hatte geschienen, und eine schier unübersehbare Menge fescher Madln war am Arm von Soldaten und Burschen zwischen Budm, Schaukeln und Karussells auf- und abspaziert. Heute waren sie nicht mehr so zahlreich gekommen. Kein Wurcher bei dem Mistwetter! Martin Irak unachtsam in eine Pfütze und fluchte laut, als daS schmutzige Master hochaufspritzte. Nix war's mit der Gmi. Manches lachende Mädchmgesicht hatte ihn zu locken ver sucht, aber er war übellaunig weitergegangen. Das Geld, das er in der Tasche batte, gab er nicht aus. Was sollten ihm die gepriesenen Sehenswürdigkeiten der Schaubuden, die er alle schon kannte? Ohne Gini machten sie ihm keinen Spaß, und ein anderes Madl einzuladen, dazu ver spürte er kein Verlangen. Zwei kostbare UrlaubStage hatte er auf Vorschuß für diese Fahrt nach München geopfert, und nun warm sie umsonst ge wesen. Mürrisch setzte er sich in die Bude beim Sieber und verzehrte ein halbes Dutzend am Rost gebratener Gchweins- würstl mit Kraut. Plötzlich schaute er auf.- - Zwei Frauen betraten den Raum, und die eine ... sie trug einen braunen Lodenmantel mit grünem Kragen ... sah Anna Schober zum Verwechseln ähnlich. Martin starrt« sie an und verbeugte sich verwirrt, als die Leiben Frauen an seinem Trsch Platz nahmen. Nein, er hatte sich doch getäuscht. In der Nähe, denn die Fremde saß ihm gegenüber, hatte str kaum mehr Aehnlichkeit mit der Wendlerin. Sie hatten wohl die alttche, hochgewachsene ' ' ' ' ' schmale Gesicht, und die dunklen Augen, - sich Lage^'Annä»"Äsicht verg«gen^E ' " n biesem Augenblick jung, und so lebendig^nahe «Pfand, Lei ihr zu sein. tsam war dieses Erlebnis. hatte er fast vier Monate Tag für Tag einige Stunden Mendlerhof verbracht, hatte mit Anna gearbeitet und —ind kein anderes Gefühl für sie empfunden als da- der Freundschaft. Und jetzt, fern von ihr, wandelte sich dieses Ge fühl. Die Freundin, deren fraulicher Reife und Würbe er sich immer ein wenig unterlegen gefühlt hatte, sah er plötzlich mit anderen Augen an. Hatte die Brauschin nicht kürzlich zu ihm gesagt, daß die Wendlerin schon die Vierzig überschritten habe? Dann mußte Anna neun oder aar zehn Jahre älter sein al» er, doch in dies« Stunde wollte ihm der Unterschied der Jahre nicht Vitt bedeuten. Aber darum handelte es sich nicht. Bon größerer Bedeutung war, daß Anna ihm niemals mehr als nur eine herzliche und freundschaftliche Zuneiaurm entgegengehracht hatte. Niemals... biS zu diesem Augenblick. Die warme, dunkle Stimme der Frau, die ihn vom Balkon hrrab anrief, war eine ander« gewesen. Augen und Mund hatten glücklich gelacht. Oder schien eS ihm nur so, weil er heimlich wünschte, daß eS so sei? Er stand auf, als er Anna die Treppe tzerabkommen hörte, ging ihr entgegen und blieb überrascht im HauSetngang stehen, als er sie sah. Sie trug ein schwar-seidenes, enganliegendes Dirndlkleid. Weiße Borten zierten den Halsausschnitt. Eine schwere, schwarz seidene Schürze bauschte sich um ihre Hüften, und als einzigen Schmuck hatte Anna zwei rote Geranienblüten in den Aus schnitt der Bluse gesteckt. Jung sah sie auS, so jung, daß Martin sie unverwandt an schauen mußte, und unter seinen Blicken flog eine schnelle Röte über das Antlitz der Frau. „Wollen Sie etwas Hübsches sehen?" fragte sie, und ihre Stimme hatte den leise bebenden Ton verhaltener Erregung, „wir haben Zuwachs bekommen. Heute nacht hat Enzian uns ein Kälbchenlbeschert." „Mn Männlein oder ein Fräulein?" fragte Martin. „Ein Dirndl", antwortete Anna und ging ihm voraus zum Kuhstall. Das Neugeborene stand, mit einem Strick an der Wand befestigt, schon sicher und kräftig auf seinen Beinen und leckte mit rauher Zunge die liebkosende Hand, die seine weichen Nüstern berührte. Argwöhnisch wendete Enzian ihren Kops und begann leise und beunruhigt zu schnauben. Martin streichelte auch sie. — „Reg dich nicht auf, wir tun deinem KaiVi nix. Bist brav gewesen, Enzian, sehr brav." MS sie später in der Stube saßen, gab Martin der Freun din daS Buch, da» er ihr mitgevracht hatte. Anna freut« sich. „Hatten Sie so Vitt Zeit, um auch noch an mich zu den ken?" fragte sie überrascht und wurde rot, al» Martin ihr ant wortet«, daß er sogar sehr viel an sie gedacht habe. Rasch stand sie auf und machte sich an der Gardine zu schaffen, deren Falten in Unordnung geraten waren. Daß ihr die. Blicke de» Manne» folgten, spürte sie wohl, Und da« Glück, daS sie üb« seine Bemerkung empfunden hatte, ließ ihr Herz schneller schlagen. Ich habe sogar sehr viel an Sie gedacht, hatte er gesagt. ' Wenn VaS zutraf . . . und warum sollte eS nicht so ge wesen sein ... dann hatte der Sepp gelogen, und eS gab in München kein Mädchen, daS auf ihn gewartet hatte. Wie fing sie eS nur an, ihn nach dem Zweck seiner Fahrt in die Stadt zu befragen, ohne neugierig oder zudringlich zu erscheinen? Als habe Martin ihre Gedanken erraten, begann er selbst von München zu erzählen. Anna lacht« befreit auf. „Mrf dör Wiese waren Sie? — Hat Sie der Festrummel so gelockt, oder waren eS die Brathändl, deren Duft Sie bis nach Schaffendorf verfolgte?" — Langsam kam sie durch die Stube auf ihn zu. Weich umfloß daS dämmrige Licht ihre Ge- statt und hob ihr Gesicht hell au» der schattigen Umgebung. .(Lortsetzm« WL0 —" > - ».E. , Gedankenverloren saß er vor seinem Teller. Nein, nicht der Hofi allein, die Frau war es. die ihm ver traut und lieb geworden war. Er machte den Versuch, sie sich auS seinem Leben Wegzudenken, und fühlte, daß es unmöglich war. Hier, viele Kilometer weit von ihr entfernt, durste er es sich schon gestatten, seinen sonderbaren Gedanken nachzuhängen und sich auSzumalen, wie eS wäre, wenn ... Halt, Martin, nicht weiter! ' Vergiß nicht, was die Leute im Dorf und auf den Höfen schwatzen. Willst du, daß sie recht haben? Ach, was gehen mich die Leute an! Anna ist frei. In neun Monaten ist da» Trauerjahr um. Wer sollte sie hindern können, an eine neue Ehe zu denken? Trotzig schob Martin da- Kinn vor, holte seine Pfeife aus der Tasche, stopfte sie und stand auf. Die beiden Frauen nickten freundlich, als er sich abschied nehmend verbeugte. .Hübscher Mensch'', sagte die eine lächelnd, „er schien miß gestimmt zu sein. Wahrscheinlich hat ihn sein Madl versetzt." Martin verließ die Festwiese und sprang auf eine «Len ab fahrende Trambahn. Sein Zug ging erst rn einer Stunde, da hatte er noch Zeit, in einer Buchhandlung der inneren Stadt nach einem kleinen Geschenk für Anna Umschau zu halten. Es war ihm plötzlich eingefallen, daß er ihr etwas mitoringen könne. Aus Süßigkeiten machte sie sich nicht viel, aber ein Buch würde sie sicher erfreuen. , AIS er im Zuge saß, dessen Abteile schon erleuchtet waren, packte er Len schmalen Band aus, den er für Anna gewählt batte. Es war die Novelle eines jungen, noch unbekannt«! Schriftstel lers, und hieß: „Das unverzagte Herz". Er schmg das Buch auf und begann zu lesen. „Da sind Sie ja wieder!« Anna stand auf der Altane und beugte-sich zuMartin herab, als er, den Fuß auf die Steinstufe deS 'Eingang- Wend, stehen blieb und zu ihr hinaufschaute. „Ja, da bin ich wieder ... Gott sei Dank!" „War eS denn nicht schön in München?" „Nein, hier iM schöner ... ich werde fv bald nicht wieder fortfahren." Anna lachte und rief ihm zu, daß er unten auf sie warten möge, sie käme gleich. ' Martin fetzte sich auf die Kausbank, und «S war ihm lieb, daß Anna ihm noch Zeit ließ, sich auf diese Begegnung vorzuve- reiten. Ihr Anblick droben auf der Altane hatte ihn begrüßt, als freue sie sich, daß er nun wieder da sei,alS habe sie schon lange und ungeduldig auf ihn gewartet. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein, weil er selber nicht mehr ganz unbefangen war? Noch gestern nacht hatte er versucht, die lockenden Bilder und Gedanken von sich zu weisen, die, da» erkannte er deutlich, nicht ungefährlich waren. Zeh« Jahre Unterschied, Martin, bedenke daS Wohl! Hatten sie wirklich so viel zu sagen? Anna Schober sah jünger au», und ihn konüte man gut um ein Paar Jahre älter schätzen. SeemannSjahre zählten doppelt Mi prägten sich -em Gesicht schärf« ein.
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