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Der sächsische Erzähler : 22.02.1941
- Erscheinungsdatum
- 1941-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-194102226
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19410222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19410222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1941
-
Monat
1941-02
- Tag 1941-02-22
-
Monat
1941-02
-
Jahr
1941
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 22.02.1941
- Autor
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Der Sächsische Erzähler Soxuabex», de« 22. Fedr««r 1V41 anderen rüber. Wir wollen doch eiwnal sehen, ob das nn Aber die Hoffnung schmilzt wie frischer Schnee kn Wur «in leeres Bildgerät bringt der erste von Eng' sti« Beobachtung, daß uns« Zielgebiet noch immer Sqderweb« liegt. Aber diese Wolken scheinen r emhlkng zu zerreißen. Die zweite Maschine steht ja schon, startklar. j „Neuer Start in einer Stunde!" befiehlt der Oberleutnant. Jachst« Besatzung fertigmachen!" Liner -er besten Alügzeugführer Nächste Besatzung — das sind wir. Da ist einmal der Man« am Knüppel, Leutnant B, der erst« sm Quaktest: Der Sechsundzwanzigjährige hatte eben sein Studium , an verschiedenen Nu« ist«» wieder einmal so «eit. Di« letzte Luk« ist zugeworsen. Lin schmaler H«b«l muß nur noch umgelegt «erden, damit pe hält Und da» ist meine Arbeit — di« Arbeit de» Lor d sch ützen, Bo r d- Mechaniker» und Kriegsberichter». Noch «in Triff und ein« leichte Drehung an den Saurrstoffanschlüffen . . . Mr starten «och England , „Fertig zum Start?" kommt «ine Frage von vorn. Lin letzter Blick: All« Hebel an den Umpumpschaltern stehen richtig. „All«» v. Kl" «Tut, wir starten!" So fliegen wir wieder gegen England. Rist«« am Lag« und im hellsten Sonnenschein, der di« Wolkendeck« von oben ver goldet. Wir fliegen, wi« wir in den unvergeßlichen Monaten der großen Tagesangrisf« gegen England stürmten. Nur haß wir heute mutterseelenallein auf die Insel zusteuern, und daß wir anstatt der tödlichen Bomben die massigen, fast ungefüge wirkenden, hohen Bild geräte an Bord haben. Wir tragen diesmal keine vernichtende Fracht nach England hinüber, wir «ollen Heute sogar etwas holen: Luftbilder von der Hafen st adt B. . . ., über di« stählerne Vernichtung brauste. Wir sind schon so hoch, daß schneidende Kälte durch olle Ritzen un serer Maschine dringt. Trommel und Hülsensack sind längst auf die Maschinengewehr« geschoben.. Da ist es gut, die Finger etwas zu be wegen, damit di« Hände nicht allzu steif werden, wenn es später viel leicht zu schießen gift. „Da vorn die Küste!" Und aufpafsenaufIäger! Senkrecht fällt der Blick durch den gläsernen Drehkranz des Maschinengewehrs in die Tiefe. Noch kann es allerdings nicht so weit sein, daß uns Gefahr droht. Denn drunten liegt — nur noch vereinzelt durch schnell verwehende Wolken verhüllt — das Meer. Sein Wogen und sein stürmischer Wellen gang wurden zu zartester Maserung auf blaugrüner Fläche. Kaum er kennt das Auge noch etwas von ihnen. Eintönig dröhnen die schweren Motoren ihr Lied. Noch immer geht es aufwärts. Kaum einer von uns spricht «in Wort. Nur Leut nant Sch. . . . pfeift leise ein kleine» Lied vor sich hin, das wir olle mithören können. Ihn läßt seine nach Taten dürstende Unrast nicht schweigen. Fast unbeweglich sitzt Leutnant B. ... am Steuerknüppel. Und die Vielzahl von Funkgeräten, vor denen Unteroffizier Br. . . . sitzt, verbietet „Nebenbeschäftigung" von vornherein. So rinnen die Sekunden und Minuten. Einmal vier Worte: „Da vorn die Küste!" Dann wieder gespanntes Schweigen. Alle Augen schauen aus: Jäger? Wo? Hoch schweben wir, so hoch, daß wir im Raume still zu stehen scheinen und die Erde sich nur unendlich langsam unter uns bewegt. Quälend, beängstigend langsam ändert sich das Bild in der Tiefe. Die Küste will und null nicht näher kommen. Da, diese Landzunge, auch sie scheint still zu sieben. Unsere Höhe nimmt jedes Gefühl non Geschwindigkeit. Die unendlich zusammenge- schrumpften Konturen der Landes wollen kaum von der Stelle rücken. Und dabei stürmen wir mit einigen hundert Stundenkilometern durch den Raum. (Schluß folgt) — Letzter Gruß au- dem Weltkriege. In Lohne (West falen) erreichte dieser Tage ein Büchlein die Heimat, das im Jahre 1914 die Ettern einem Löhner Kriegsfreiwilligen mitge geben hatten. Er ist bald darauf in Belgien gefallen. Erne Verkettung von Umständen enthielt den Angehörigen jedes per sönliche Andenken an den Gefallenen vor. Nach 26 Jahren nun hat ein Soldat aus Hamm in einer nordfranzösischen Stadt ein Büchlein entdeckt, das die Widmung der Eltern als Eigen tum des Löhner Soldaten auswies. Er erwarb das Büchlein von seinem jetzigen französischen Besitzer. Wie eine Eintra gung in französischer Sprache besagt, war das Büchlein in Bel gien im Jahre 1914 gefunden worden und dann im Lauf: der Zeit in das Bücherregal geraten, aus dem es jetzt hervorgeholt äeroffizier Br . . ., dann steht ein Kamerad werden konnte. „Vergißmeinnicht" lautet der Titel des FSüch- gleichberechtigt, bewährt und geachtet neben dem leins, das als Vermächtnis des Sohnes jetzt an die Ettern zu- lrückkäm. Wir starte« zum Flug RSK. (Fr OLF.) »»nn^plog, de« ... 1041 Durch di« Fenster unseres Schlafzimmer» schaut man weit hknaus mss Meer. Dämmernd grau stehen Himmel und See in der Frühe il, farblose Fläche zwischen den HölzrahMen. Der Morgen reift spät, frst gegen 10 Uhr besinnt er sich mit Licht zu erfüllen. Drei Betten stehen in unserem Zimmer. Drei Auaenpaare suchen >m Morgen tmMer zuerst di« graue beasaste Fläch« zwischen den dünk en Fensteroorhängen ab. Wird es heute gehen? Und wie mag es. »niben kn England ausschauen? In ab« raus!" Leutnant Hu. . .. ist dss erster aus dem Bett geklettert. Wie ge- , »ähnlich. Denn zelliger al» wir sind ja die Hunde wach, und die knur- en und jaulen im dämmernd. anbrechenden Morgen so lange, bis sich iner ihrer, erbarmt. Und dieser «ine ist fast immer Leutnant Hu. . .. irnn er hat unbestreitbar das w«ichste Gemüt von uns allen. Er ist chon «kn« Seele von «inem Kerl. Jetzt steht er im Schlafanzug am breiten Fenster, rekelt und streckt ich und knurrt uns dabei, feine Wetterbeobachtungen zu. Das volle enge Haar steht noch wirr um sein schmales Gesicht. „Im Westen noch dicker Dreck. Bodennebel. Sicht kaum 300 Me ter", quetscht er sich einen Satzbrocken nach dem andern aus seinem vom geftrimn Fluge leicht entzündeten und angeschwollenen Mund«. „Aber die Wolken scheinen sich aufzülocker«. Sieht immerhin hoff nungsvoll au». Es wird heute schon gehen!" „Nu aber rau»! N« wal" fallt er dann in seknen heimischen Dialekt und wendet sich dabei an uns zurück. Richtig mein Jrmge! Bel Lew Wetter heißt es möglichst rasch in die Uniform zu kommen. fertig znm Start! Am Frühstückstisch präsentiert uns Oberloupiant Wa. . . schon die rtzten genauen Wettermeldungen von der Küste, vom Kanal, von Süd md Mittelengland. Er steckt heute voll Unternehmungslust und Opti- nismus. Der junge Morgen hat alle Schatten des Abends verjagt. ,Jch will Kkeselpampe heißen, wenn wirres heute nicht schaffen! vir fliegen jedenfalls so lang« nach drüben, bis einer das richtige Letter vorfindet. Ran an den Speck!" Er reißt alle mit. Auch unser Wetterfrosch, einer der tüchtigsten, unter jenen gewissenhaft«» Männern, die ein Mitgestnnter einmal we gen ihrer steten Bedenken und ihrer Spkegelfarhe „Grüne Brems klötze" taufte, ist beute durchaus zuversichtlich: „lieber Süd england wird noch mMere Wolkendecke gemeldet. Aber bald nach Mitte« dürst« es aufretßen!" „Also los!" befiehlt der Oberleutnant „Liner geht nach dem ... - ...... h das nicht hinyautl" kn der Sonne. igt der erste von England mit heim und . . " ' ' ' - unter Wolken und wie Eisschollen im- rageduchblStter einer AernaufklLrerstaffel Mtt Fernaufklärern über England Vorkämpfer -e- Angriff-—Künder deS Tieges — Berichte über Kampf und Ein satz von Flugzeugführer Beobachter^Sunker u. Pordschutze — Eiserne Kamerad schaft und stillrA Heldentum Bon Kriegsberichter Georg Hinze (PK.) »I. technischen Hochschulen abgeschlossen, al» er im August des Jahres Sdv seinen Zivilanzua mit der Uniform vertauscht«. Ruhe, Zuverlässigkeit, überragendes technisches Können und Willen sind seine hervorstechend sten Eigenschaften. Und dann die fast fanatische bedingungslos« Ge radheit seine« sich selbst auferlrgten Wege». Seine Abneigung gegen nutzlose Zettvertrödelei geht so weit, daß ihm selbst da» Lesen von Romanen überflüssig, wenn nicht gar verwerflich erscheint. Wenn wir an den Abenden nach unseren Büchern greifen — der Oberleutnant sich wieder in den geliebten Han» Grimm zum soundso vielten Male ver- tieft, Leutnant Qu. über Hans Heyk» „Großen König" rote Wangen bekommt und Leutnant Sch. von der erdnahen derben Geschichte vom ^Hengst . Maestoso Austria" immer wieder schmunzelnd ausschaut— dann hat Leutnant B. bestimmt eine komplizierte Berechnung oder ein technisch«» Werk in den Händen. Bücher, au» denen man etwas lernen kann, sind nun einmal die einzigen, die er schätzt. Und wenn wir an flugfreien Nachnstttagen einmal zwischen den Klippen am Strande Herumturnen und mit unserem unzertrennlichen Begleiter „NeguS", der sich dann fast in eine Gemse verwandelt, um die Wette klettern und springen» dann steht Leutnant B. sicher über «ine seltsame Muschel oder «inen Resttümpel im Sand gebeugt und studiert die Fauna und Flora des Meeres. Er ist das, was man im besten Sinn« de» Wortes einen fanatischen Wissenschaftler nennen könnte: Aber ein Wissenschaftler mit Schneid und kaltem Draufgängertum! Richt umsonst gilt er in der Staffel alseinerder besten, wenn nicht überhaupt der beste Flugzeugführer. Und in sei nem Flugbuch ist manch besondere» Fliegerstückchen mit nüchternen Worten in nüchterne Spalten gepreßt. Echte Kameraden und Kämpfer Gegensätze ziehen sich nun einmal an. Darum paßt auch der quicklebendige Beobachter, Leutnant Sch, so gut zu dem ab wartenden, überlegten Flugzeuasührer. Alles an ihm ist Tempo und Beweglichkeit, unbändige» überströmendes Krastgefühk, das sich immer wieder erneut verschwenden will. Leutnant Sch. spricht im Schnellzug- tempo und prudelt selbst seine fremdsprachlichen. Kenntnisse so rasch und ohne Rücksicht auf grammatikalische Gesetze heraus, daß den Ein geborenen oft nur staunendes Dastehen mit offenem Munde übrig bleibt. Die beiden fliegen seit dem Beginn des Feldzuges im Westen zu- sammen und gedenken gemeinsam noch manche Tat zu wägen. Leut nant B. . . . wird das dann wohl allerdings al» Ehemann tun. Das Urlaubsgesuch ist bereit» geschrieben und die Braut in Breslau mag auch schon alle» für di« bevorstehende Eheschließung vorbereitet haben. Jetzt gilt.es nur noch, den fast, zur Herzensangelegenheit gewordenen Auftrag B . . . mit Erfolg durchzuführen. Der dritte im Bunde ist der Bordfunker Unteroffizier Br .... mit seine» beiden Leutnants seit Anfang Mai zusammen. Ihm wurde bereits her Abschuß eines feindlichen Jägers bestätigt, und da» will schon etwa» heißem für einen Mann einer Aufklärungsstaffel. Gemeinsam bestandene Kämpfe und Gefahren, ein paar Dutzend gemeinsamer Feindflüg« haben die drei zur Einheit zusammenge- schweißt. Run stehen sie nebeneinander als Kameraden. Alle Dienst rangunterschiede sind endgültig verwischt, wenn sich die Einstiegklappe ihres Flugzeugs vor dem Feindflug unter ihnen geschloffen hat. Wenn es dann aus der Muschel der k*r-Haube klingt: „Komm, Leo, gib mir mal die Signaltafel nach vorn!", dann spricht nicht mehr der Leutnant Sch . .. zu dem Unteroffizier Br ünd Kämpfer anderen. nc ,ge still sitzon, und zum Lesen ver- . ... ..clngfte LE-.EMchMfqh «ch, w gehe auf mein Zimmer, habe da noch ein bissel zu raumen und zu kratnen. Zunr Abendessen bin, ich wieder unten." Sie nickte den beiden alten Leuten zu und verließ rasch dcn Raum. - Onkel Augustuahiii die Brille von der Nase und blickte seine Fjrau an. „Komisch, findest du nicht?" fragte er. „Wieso komisch? Ich weiß nicht, chaS du hast'; meinte seine Frau kurz. August Hoym grunzte irgend etwas Unverständliches, schob sich hie Brille wieder .auf die Nase und las weiter. Tante Mo nika aber lächelte still auk ihre Strickerei. ' Iris saß indes droben untätig in ihrem Zimmer. -Der matte Schein der - Lamp: lag auf den weißlackierten Möbeln, dem runden rosengemustcrten Teppich und der Couch mit atz den vielen Kissen, er zog auch die Bilder von Iris' Eltern in seine Helligkeit . Mit großen Augen sah daS Mädchen hinauf. Und Plötzlich liefen zwei groß: Tränen über ihre Wangen. Hastig wischte Iris diese Tränen fort. Sic konnte sich nicht erinnern, wann jemals sic geweint hatte. Weshalb tat sie es setzt? Die Eltern waren lange tot,.und sie hatte eS doch so gut hier im Haus: des Onkels, all die Zeit über und jätt noch. Dennoch — es war gut. daß sie bald in andere Verhältnisse ^Aein Volk mW dein Geschlecht haben dir vieles gegeben, sie ver- langen dafür ebensoviel von dir. Sie höben dir den Leib be hütet, den Geist geformt, sie fordern auch deinen Leib und Geist für sich. Wie frei du als einzelner die Flügel regst, diesen j Gläubigern bist du für den Gebrauch deiner Freiheit vergnt- «örtlich. Freytag. kam und fremde Menschen rennenlernte. Dort würde es ihr wieder gettngen, mit sich selbst zufrieden und sicher und ruhig zu sein, wie zuvor. Denn das erkannte sie jetzt jäh: sie war rrgendwie nicht mit sich einverstanden und hatte ihre alte tebenszuversichtliche Art verloren — sie grübelte zuviel . . . Es war ganz finster draußen. Der Wind verstärkte sich immer m:hr. Er rauschte in den Nußbäumen im Garten und in der alten Linde, die dicht am Hause stand. Das Hündchen, das es sich so recht gemütlich auf Iris' Schoß zurechtgemacht hatte, war gar nicht damit einverstanden, als es plötzlich in sei nen Korb gelegt wurde. Es knurrte und versucht.«, wieder über den Korbrand zu klettern. Aber Iris sah gar nicht hin. Unruhig schritt sie im Zimmer auf und ab, wie um sich eines quälenden seelischen Druckes zu erwehren, und blieb dann wieder unvermittelt stehen, um durch die Scheiben in das nächt liche Brodeln da draußen zu sehen. Was ist nur mit mir? In was für einer fürchterlichen Un ruhe bin ich eigentlich? fragte sie sich hilflos. Ein Gedanke kam ihr: Ich will noch einen Ritt unternehmen, dann werde ich ausgeglichener sein. Sofort machte sie sich an die Ausführung ihres. Einfalls und kleidete sich um. Dann stieg sie vorsichtig die Treppe hinab, damit sie im Wohnzimmer nicht gehört wurd:. Sie mochte sich jetzt unter keiften Umständen von diesem Ritt abhalten lassen. Sie mußte einfach hinaus. Ihr Pferd würde ihr für die un- psLL-LW vermutete Bewegung noch so spät am Abend gewiß dankbar >s.ckleines^ fein, tagelqng hatte sie es nicht bestiegen .. . Und plötzlich i tzovmer fMtc Iris, wie es ihr wieder heiß in dre Augen schoß. Wie viel Lieogewordenes.mußte sie nun für ein ganzes langes Jahr aufgeben. Wög das wirklich all das Neue in. der großen Stadt auf?..-. Iris schritt vorsichtig über den Hof. Der alte Olden kam soeben aus dein Stall, mit einer brennenden Laterne in der Hand. Er hatte pflichttreu nach dem Vieh gesehen. „Ich machte mein,Pferd, guter alter Olden/' Ein jäher. Wiübstöß führ rauh über den Hof und ließ das Licht in.dcr Laterne.unruhig flackern. Der Alte fragte entsetzt: — Jetzt, wo cs Nacht wird? Weis; denn der gnädige Herr, daß — —" . . Wortlos ging sie an ihm vorüber in dcn Stall. Im näch sten Äügenvlick .führte sie auch schon das Pferd heraus. Das edle Tier wieherte fteudig und rieb sein Maul an der Schulter seiner Herrin. Der alte Olden kam noch einmal besorgt herzu: „Jetzt? So spat? Aber Fräulein Iris, oaS geht doch nicht. Das darf ich ja nicht zulasten „Bitte/, kein Aufhebens, ich bin bald wieder zurück. Ich will nur einen kurzen Ritt machen. Gehen Sie ruhig in Ihre Stube, Vater Olden." . - > Da sagte er nichts mehr, denn der letzte Satz hatte wie ein kurzer Äeselst gelungen. Iris schwang sich auf das Pferd. Sie ritt im Herren sattel, wie immer. Das Pferd gmg in schlanken Trab über. Der alte Olden lief zum Hoftor, riß es auf und schloß es langsam, der alsbald von der Dunkelheit verschluckten jungen Reiterin nachspähcnd. Von draußen hörte er noch den galop pierenden Hufschlag des Pferdes, nun wär schon nichts mehr zu vernehmen. Ratlos ging der alte Old:n endlich wieder in den warmen Stall zu den Tieren zurück. Lange stand er dort und wußte nicht, ob er hier nun rühm warten oder es doch lieber dem gnädigen Herrn melden sollte, daß Fräulein Iris noch zu so ungewohnter Stunde ausgeritten sei. Endlich entschloß er sich doch zu letzterem. 4. Iris wählte den Weg zum Walde hinüber, dorthin, wo das Pferd das Gelände genau kannte. Sie ließ die Zügel ganz locker und fühlte mit Wohlbehagen die winddurchwehte kühle Septembernacht. Ein stetes, gleichmäßig schwellendes Rauschen war rundum in den Wipfeln. Weißschimmernde Birken stämme Vogen sich vor, es knackte im Unterholz, aber Iris fürchtete sich nicht. Sie dachte auch gar nicht daran, daß ihr hier eine Gckahr droben könne. Es war doch überall ihr: Heimat, ihre schöne, geliebte Heimat. Iris fühlt: nur den mü ßen Schmerz in sich über irgend etwas, dem sie keinen Namen geben konnte, dieses ruhelose, schmerzliche Hasten ihrer Gedan ken, die nicht ein einziges Mal etwas klar erfaßten. Sie war geflohen vor dieser schmerzlichen Unruh:, die in ihr war. Sie wußte nicht, was von ihr mit aller Macht Besitz ergriffen hatte. Völlig ratlos stand sie ihrem aufgewühlten Sein gegenüber. Plötzlich brach ein Rehbock aus dem Gebüsch. Dicht vor d:m Pferd setzte er über den Weg. Das Pferd bäumte hoch auf, dann verfiel es in einen rasenden Galopp. Iris riß die Zügel an sich, gab dem Pferde die Sporen, jede Besinnung hatte sie anscheinend verlorew, sonst hätte sie wißen müssen. Laß Las Lier die Sporen nicht duldete, daß -?s nun vollends nicht mehr zu halten war. . Iris nahm nichts mehr wahr. Wie leblos hing sie im Sat tel. Und wußte nur noch ganz zuletzt, daß sie etwas unglaub lich Törichtes getan hatte, als sie in die Nacht ritt. Es hatt: ihr doch niemand etwas zuleide getan. Sie war unruhig ge wesen, nichts weiter. Und nun Wie das Tier unter ihr keuchte und die Nachtlust an den Ohren vorbeipfiff ! Dem Mädchen wollten di: Sinne schwinden. Das Pferd hiett auf den steilen Mhang zu, wo die Sandgruben lagen, di: zum Vor werk Zürgiebel gehörten. Willenlos überließ Iris dem blind dahinstürmenden Lier den Weg . . . Auf dem Waldwege kamen geruhsamen Schrittes zwei Män ner heran. Klaus Overbeck und der alte HeÜendruschk. Chri stian Hebendruschk hatte unbedingt noch am Abend seinem jun gen Freunde den Vierzchnenoer zeigen müssen, der an Schneise 6 seinen Standplatz hatt:. Einleitend hatte er be merkt, daß er, Christian, mächtig aufpassen müsse, damit der Kapitale nicht etwa ins Wildenhagener Revier hnruberwechsel:, denn er stände ganz in der Nähe davon. Wenn auch August Hoyni sein bester Freund s:i, so wäre das noch lange kein Gründ, ihm den Bock zn gönne», bei der Jägerei höre nämlich die Freundschaft auf. „Höchstens gönne ich noch der Kleinen, der Iris, den Ab schuß- Die ist ein richtiger Meisterschütze. Das ist überhaupt ein Kerlchen, alle Hochachtung! Ich wollte sie gern für meinen Sohn. Aber st: mochte ihn nicht und schickte ihn mit einem mächtigen Korb heim. Hm. Na, und nun geht daS Kindchen fort. In die Stadt. Dort wird sie ja wohl bald genug cin-u geschniegelten Affen kcnnenlernen und sich prompt rn ihn v. .- lieben. Schade. Sm." (Fortsetzung u«ue»kii-»kmr,mwr7 ooeeu »r»r»a oioa »,,»ren.ntrnon» (13. Fortsetzung, t (Nachdruck verboten.) Iris schaut: stumm vor sich nieder. Der Onkel vertiefte sich in seine Zeitung, ünd Tante Monika, die Untätigkeit ver abscheute, nahm ihr Strickzeug zur Hand. So war es nun heute recht still. Leise klapperten die Strick nadeln, und ab und zü ließ der Onkel das Blatt kstistern. Iris hatte jetzt-, nun Gelegenheit, ihren eigenen Gedanken naMu- hängen. Sie hatte zwar ein Buch: zur -Hand genommen, ab:r sie las nicht, sie blickte über das BrÄ hinweg und bescha ' sich im Geiste mit Eva UhlemanU- Das , war ein kecker -I fröhliches Ding. Ob es .sich wohl gar in den blonden Hohmer sstffprktor verliebt hatte? .... . / Sie riß stch gewaltsam zusammen: Was geht-s mich an? Entschlossen wallte sie sich in das . Buch vertiefen: Mer immer imrder .irrten ihre Gedanken ab. Sie stand endlich auf. ' j „Ich kann nicht so lange still spüre ich heute nicht die g:rü.„^ —-v - gehe, auf mein Zimmer, habe da noch cm bstsel zu raumen und zu kraüien. Zunr Abendessen bin, ich wieder unten." , Sie nickte den beiden alten Leuten zu und verließ rasch dcn Raum: - Onkel August uahiii die Brille von der Nase und blickte seine Fjrau an. „Komisch, findest dü nicht?" fragte er.
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