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das liebt, sanfte Gesichtchen, in die treuen blauen Au gen ; wie hatte eS nur sein können, daß er gleichgül tig gegen sie war?" Endlich mahnte der Schließer zur Trennung; seufzend und lächelnd stand das junge Weib auf. Standhaft nahm Hansjörg Abschied. „ES ist gut, daß ich nicht gleich mit dir heim gehen darf," sagte er; ich muß mich erst an mein neues Glück recht ge wöhnen. Ich muß auch Zeit zur Reue haben, um als ein Anderer zu dir heimzukehren; — und so lange des Schulzen armer Sohn auf dem Krankenlager liegt, möcht ich nicht im Wohlsein zu Hause leben!" - Damit hatte cS auch nicht Eile. Hansjörgs Untersuchungshaft nahm immer noch ein paar Wo chen hin, die ihm nachher als Strafe für die Schlä gerei, deren Urheber er war, abgerechnet wurde. Schon war der Frühling in'S Land gekommen, als er seiner Haft entlassen wurde. ES war eben an einem Samstagabend. Im Felde sangen schon die Lerchen, und auf den Wiesen blüh ten Schlüsselblumen und Veilchen. Hansjörg ath- mete in gierigen Zügen frische Luft ein, aber er hielt sich unterwegs nicht auf; heimwärts trieb ihn daS ungestüme Klopfen seines Herzens. Endlich sah er den Kirchthurm, dann bas ganze Dörfchen, und bald setzte er den Tritt in's eigene Haus. Die alte Baase war allein in der Stube, am Spinnrade sitzend. Sie schlug die Hände zusammen, da sie ihn erblickte: Gott sei Lob und Preis!" rief sie aus. Doch Hansjörg ließ von ihren wohlgemeinten Freudenäußerungen sich nicht zurückhalten. Schon halte er durch's Fenster daS Annele erblickt, das im Gärtchen stand. Mit ein paar Sätzen war er bei ihr; sie hatte ihn nicht bemerkt, bis er: „Annele l" ausrief; da wandte sie sich um und hing ihm am Halse. Sie hätten fast vergessen wo sie waren, und daß schon die Nachbarn sich um's Gärtchen sammelten, wenn nicht die Baase sie in Stube zurückgerufen hätte. Da aber riß sich daS Annele los, und bestand darauf, daß sie selbst ihm daS erste Abendbrod kochen müsse; zum Sprechen sei nachher noch Zeit. Da saß denn Hansjörg in der freundlichen Stube im Altvaterstuhle; neben ihm auf dem SimS dufteten AnneleS Gelbveigelein, und sang ihr zier liches Rothbrüstchen, die alte Baase schaute ihn gar freundlich an, und ihr Spinnrad schnurrte ganz be haglich; alle Augenblicke aber kam daS Annele mit ihrem lächelnden Gesichtchen und ihren strahlenden Augen von der Küche herein, sei eS um den Tisch zu decken, oder unter irgend einem Vorwande. Wie ganz anders war's hier, als im Gefängniß! Daß er je über AnneleS wortarmes Wesen sich geärgert, schien HanSjörgjetzt unbegreiflich; die Rede floß ihr ja von den Lippen, und eS war, als sei ihr gan zes Wesen erst von den Banden der schüchternen Kindheit los geworden. Einmal aber blieb sie lange aus, und Hans jörg wollte schon die Stube verlassen, um nach ihr zu sehen. Da kam sie endlich; und mit ihr drei Männer; — der Schuldheiß, sein Sohn und der Mi- chelsbauer. Sie alle reichten Hansjörg die Hand. Er war tief bewegt: „Ihr kommt zu mir! sprach er; „heut' Abend wollt' ich noch Euch aufsuchen; ich hab' keine Ruhe, bis ihr mir vergeben habt!" „DaS ist schon geschehen, von Herzen!" sagte der Schulzensohn, ihm die Hand schüttelnd. Außer einiger Blässe sah man ihm von dem Unglück nichts mehr an; „eS wird nicht umsonst gewesen sein," fügte der Schuldheiß hinzu, „und wir heißen dich daher auf richtig willkommen daheim!" „Ich hab'S immer gesagt, eS würde sich schon machen!" schloß der MichelSbauer mit seelenfrohcm Gesichte. DaS Annele aber trug daS Essen auf, Hansjörgs LieblingSspeise, und die Männer lie ßen sich nach einigem Zuspruch bewegen, mitzuhal ten. „Es wäre, wie wenn er jetzt erst am Hochzeit tische säße," versicherte Hansjörg wiederholt. Und ein neues Leben begann von diesem Tage an in seiner Ehe; ein zufriedeneres Paar konnte mau im Dorfe nicht sehen. DaS BierhauS ward von jenem Vorfall an ge mieden, als wär' es geächtet. Kein Mensch, der noch daS geringste auf seinen Ruf hielt, wollte eS mehr betreten. Der Wirth gerielh in Gant, machte aber daS Beste seiner Habe zuvor noch zu Geld, und ent wich nach Amerika. Die Wirthin, von Noth und Schande gleich sehr belastet, zehrte ab; und ihr Schön heit schwand schnell dahin. Als Wäscherin fand sie rin dürftiges Brod, da sie immer noch nicht gern auf dem Felde arbeitete. Annele trug ihr manches Meßlein Mehl und manchen Krug Milch im Verbor- genen als Unterstützung in'S HauS. Mittheilungen über die Verhandlungen der Stadtverordneten in Dippoldiswalde. 16. Sitzung am 9. Juni 1854. Anwesend die Stadtverordneten: Müller, Vorsitzender, Cuno, Nacke, Richter, Herklotz, Jehne, Ocher- nal, Mauckisch. Nach dem Vortrage deö RathSsitzungöprotokollS vom 20. Mai d. I. trat das Collegium 1) dem beifälligen Beschlüsse des Stadtraths auf daS Ge such der Brandcalamitoseu, des Schuhmachcrmcistcr Berger und Genossen, um Erlaß der Communabgaben auf da« laufende Jahr, jedoch, waS das Richter'sche HauS betrifft, unter Be schränkung des Erlasses auf die Realabgaben, sowie 2) dem Beschlüsse desselben, daS auf dem vormals Zschor- ner'schen Hause hypothekarisch haftende Sparcassenkapital dem dermaligen Besitzer desselben als Darlchn zu belassen, bei, und faßte 3) nach Anhörung der Verordnungen der K. KreiSdiree« tion zu Dresden vom resp. 6., 12. und 15. Mai, die Anlagen zur Armen- und KriegSschuldentilgungSkaffe, die Anschaffung eines eisernen KassenschrankeS und die Ausleihung der Baar bestände der hiesigen Sparkasse, bei den hierdurch gegebenen Ent scheidungen Beruhigung. Wenn hicrnächst der Erlaß eines AostenrückstandeS von Z Thlr. 4 Ngr. 1 Pf. unter den obwaltenden Verhältnissen genehmigt wurde, so erklärte sich daS Collegium ferner 5) mit der Entschließung des StadtratheS, der Schützen gesellschaft allhier auch für dieses Jahr zu Veranstaltung del Schützenfestes eine Beihilfe von 15 Thlrn. aus der Stadtcasse zu gewähren, derselben aber, wie anderen Gesellschaften, die Lo kalitäten im Rathhause hinkünftig nur gegen Berichtigung de» gewöhnlichen Zinses zu geselligen Zwecken zu überlassen, sowie 6) damit, daß ein zeither in Rest geführter, von Seiten des StaatSfiScuö seit langer Zeit unberichtigt gelassener Betrag an Erbzinscn und Geschoß in Wegfall gebracht werde, in Be tracht, daß die aufzuwendenden Kosten zu dem Streitobjekte ln keinem Vcrhältniß stehen würden, einverstanden.